The Walking Dead 2: Roman
schließlich und schüttelt den Kopf.
Sie kommen zur Lücke in der Barrikade. Der Eingang, ein breites Loch zwischen zwei unfertigen Mauerteilen, ist nichts weiter als ein hölzernes Tor, das an einer Seite mit etwas Seil gesichert ist. In etwa fünfzig Metern Entfernung sitzt eine Wache auf dem Dach eines Bauwagens und starrt in die entgegengesetzte Richtung, das Maschinengewehr an der Hüfte.
Josh marschiert zum Tor und zerrt wütend am Seil, ehe er das Tor aufreißt. Bei dem Geräusch zuckt Lilly zusammen, kriegt Gänsehaut vor Panik. »Josh, sei vorsichtig, die werden uns noch hören«, flüstert sie.
»Mir doch scheißegal«, entgegnet er und hält ihr das Tor auf. »Ist das denn ein Gefängnis hier? Die können uns nicht davon abhalten, rein- und rauszuspazieren, wie und wann wir es für richtig halten.«
Sie folgt ihm durch das Tor und entlang einer Seitenstraße Richtung Hauptstraße.
Zu dieser Zeit ist kaum noch jemand unterwegs. Die meisten Bewohner Woodburys sind jetzt in den eigenen vier Wänden und essen zu Abend oder knallen sich die Birne mit irgendeinem Schnaps voll. Hinter der Rennstrecke ertönt das unheimliche Surren der Generatoren. Einige der Flutlichter beginnen zu flimmern. Der Wind pfeift durch die nackten Bäume auf dem Marktplatz, fegt die toten Blätter auf dem Bürgersteig vor sich her.
»Aber du sollst es genau so kriegen, wie du es haben willst«, meint Josh schließlich, als sie rechts in die Hauptstraße abbiegen und auf ihre Wohnung zusteuern. »Wir sind einfach nur Fickfreunde. Ab und zu poppen, zur Entspannung. Bloß keinen Stress …«
»Josh, das will ich …«
»Dasselbe könntest du dir natürlich mit einer Flasche Schnaps und einem Vibrator besorgen … Aber was soll’s? So ein warmer Körper hat doch auch was, oder?«
»Josh, was soll das? Warum müssen wir uns jetzt so benehmen? Ich will doch nur …«
»Ich will nicht mehr darüber reden«, unterbricht er sie und beißt die Zähne zusammen. Er meint es ernst.
Als sie zum Lebensmittellager kommen, steht eine Gruppe Männer davor und wärmt sich die Hände über einem Feuer in einer alten Tonne. Sam der Metzger ist unter ihnen, trägt seine mit Blut verdreckte Schürze, darüber einen abgewrackten Mantel. Sein hageres Gesicht zieht sich vor Abneigung zusammen. Er kneift seine diamantblauen Augen zusammen, als er die beiden von Westen her näher kommen sieht.
»Okay, Josh, wie du willst.« Lilly steckt die Hände noch tiefer in die Taschen und stapft neben dem großen Mann her. Kopfschüttelnd sagt sie: »Was immer du auch sagst.«
Sie passieren die Gruppe.
»Hey! Green Mile!« Das war Sam der Metzger, die Stimme so kratzig, hart, unnachgiebig wie ein Messer, das auf einem Wetzstein geschliffen wird. »Komm mal kurz her, Großer.«
Lilly hält inne, die Haare sträuben sich ihr im Nacken.
Josh geht zu ihm. »Ich habe auch einen Namen«, ermahnt er ihn ohne Emotion in der Stimme.
»Oha! Tja, da werde ich wohl auf Knien um Vergebung bitten müssen«, gibt der Metzger zum Besten. »Wie lautet der gleich noch mal? Hamilburg? Hammington?«
»Hamilton.«
Der Metzger lächelt ihn kalt an. »Gut, sehr gut. Mr. Hamilton, Sir. Dürfte ich Sie ganz kurz stören, wenn Sie gerade einen Moment Zeit für mich hätten?«
»Was wollen Sie?«
Das kalte Lächeln des Metzgers verharrt in seinem Gesicht. »Nur so aus Neugier – was haben Sie denn da in Ihrem Rucksack?«
Josh starrt ihn an. »Nichts … Nur dieses und jenes.«
»Dieses und jenes? Wie soll ich mir das vorstellen, dieses und jenes?«
»Nur Sachen, die wir gefunden haben. Nichts, das für irgendjemanden von Interesse sein könnte.«
»Sie sind sich schon der Tatsache bewusst, dass Sie noch immer Schulden bei mir haben – für all ›dieses und jenes‹, das ich Ihnen während der letzten Tage überlassen habe.«
»Von was reden Sie?« Josh starrt ihn weiterhin an. »Ich habe jeden Tag hart dafür gearbeitet.«
»Aber nicht genug, Junge. Das Heizöl wächst nicht auf Bäumen, nur dass Sie wissen, woher der Wind weht.«
»Sie haben gesagt, vierzig Stunden würden reichen.«
Der Metzger zuckt die Achseln. »Sie haben mich wohl missverstanden. Soll vorkommen.«
»Wie bitte?«
»Ich habe gesagt, vierzig Stunden plus . Also vierzig Stunden außer dem, was Sie schon gearbeitet haben. Jetzt verstanden?«
Die beiden starren sich noch eine Weile an, und jegliche Unterhaltung bei der Tonne verstummt. Sämtliche Augen haben sich jetzt auf die beiden
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