Thea und Nat
hatte.
Die drei Männer schüttelten den Kopf.
Nat sah auf das Straßenschild, das auch von der Bank aus noch gut zu erkennen war.
»Danke für den Schnaps«, sagte Nat und überquerte den Platz.
Thea guckte durch die gelben Gardinen auf den Paulinenplatz. Nat gab gerade die Flasche zurück.
»Die Gardinen sind sauber. Ist nur, daß die Dame vor Ihnen viel geraucht hat.«
Thea drehte sich um und sah die kleine Frau mit den dünnen Haaren in der Tür stehen. Sie stand mit geballten Fäusten, die tief in die Taschen ihres Kittels gegraben waren. Der Kunststoff des Kittels zeichnete die Fäuste deutlich nach.
»Das Zimmer ist in Ordnung«, sagte Thea.
»Rauchen Sie?«
»Nein.«
»Ich nehme nur Damen.«
Thea nickte und guckte auf den Platz hinunter.
Nat schlug den Weg zur Wohlwillstraße ein.
»Kennen Sie sich aus in Hamburg?« fragte die Frau.
»Ja«, sagte Thea.
»Sie müssen noch aufs Amt. Ist gleich nebenan. Den Meldezettel kriegen Sie bei meinem Sohn im Laden. Da, wo der Zettel hing.«
»Ich kümmere mich drum.«
»Haben Sie kein Gepäck?«
»Meine Koffer stehen noch bei einem Freund«, sagte Thea.
Nat war nicht mehr zu sehen.
Thea zog das Geld aus der Manteltasche und gab es der Frau.
»Sie haben das Bad noch gar nicht gesehen. Die anderen Damen wollten immer das Bad sehen.«
»Ich schaue es mir an.«
Thea ging hinter ihr her in das Bad und versuchte, interessiert zu sein. Die Kacheln hatten das Braun, das Nat dünne Kacke nannte. Der Boiler war zu klein, um heißes Wasser für zwei zu geben. Das Gesicht der alten Frau im Spiegel sah aus wie schlecht auf alt geschminkt. Thea guckte gebannt auf die Haut, die in plissierten Falten lag. Dünn wie Pauspapier.
Sie brauchte nur noch eine Sekunde, bis ihr einfiel, wo sie die Alte schon einmal gesehen hatte.
Der Persianer hing im Flur auf einem Brokatbügel.
»Persianer ist jetzt ja wieder modern«, sagte die Frau, als sie Theas Blick bemerkte.
Das alles konnte nur eine Fügung sein.
»Ich ziehe morgen nachmittag ein«, sagte Thea.
»Ich bin froh, daß wieder eine Dame da ist. Auf meinen Sohn kann ich da nichts geben.«
»Kann ich einen Schlüssel haben?«
Die Frau griff nach einem Ring mit drei großen Schlüsseln, der auf einem Wandbrett lag.
»Ich bin doch völlig verkrebst. Da muß ich jemanden da haben.«
Thea atmete noch einmal tief durch, bevor sie den Ring nahm. »Danke, Frau Levka«, sagte sie.
Nat stieß die Tür auf und guckte ohne große Hoffnung in das Treppenhaus. Das oder ein anderes Haus in der Straße, Thea konnte hinter einer von hundert Türen sein.
Er hatte verloren. Nat spürte einen Schmerz, als ob ihm jemand einen Schraubenzieher in die Brust drehte.
Er schluchzte auf und erschrak, daß es so laut war. Nur nicht noch mehr auffallen. Die Leute lagen ohnehin schon in den Fenstern und schauten ihm nach.
Vier Häuser hatte er von innen gesehen. Die anderen waren verschlossen oder hatten Treppen, die hinter der Tür anfingen.
Nat verließ das Haus und steuerte den Jaguar an.
Theas Fiat stand nicht mehr an der Ecke.
Als Nat im Auto saß, dachte er, daß er sich noch mehr Schmerz zufügen mußte. Einen, den auch Thea ernst nahm.
Thea ging mit zwei Koffern und zwei Flecken am Hals.
Sie hatte die ersten Stunden der Nacht auf dem Sofa gesessen und Nats Schluchzen zugehört. Dann war sie ins Schlafzimmer gegangen und hatte getan, was er wollte. Sich zu ihm gelegt. Nat hatte nach Whisky gestunken und seine Litanei nur noch lallen können. Thea war eingeschlafen.
Als sie aufwachte, lag Nat auf ihr. Die Hände an ihrem Hals.
Sie hatte sich gegen seine Brust gestemmt und ihre Beine hochgezogen und Nat schließlich abgeschüttelt.
Thea hatte sich im Badezimmer einschließen wollen.
Nat war ihr gefolgt und schnell gewesen.
Thea hatte vor dem Spiegel gestanden und ihr Gesicht angesehen, als sähe sie es zum erstenmal. Nat hatte den Klodeckel geöffnet.
»Du kannst alles«, hatte Thea gesagt, »auch eine Frau vergewaltigen.«
»I pee and I make love«, war Nats Antwort gewesen.
Dann entdeckte Thea die Flecken am Hals.
»Hat er mir zum Geburtstag geschenkt«, sagte Frau Levka, »ein Bild von sich. Wie finden Sie so was?«
Der Kleine guckte fast kühn aus dem Foto. Nur die Nase störte.
»Als wenn er wer wäre«, sagte Frau Levka.
Thea stellte das Foto zurück auf das Buffet.
»An der Nase hat der Alte mit dem Messer herumgeschnitten. Einfach so im Suff. Ist nun auch schon vierzig Jahre her.«
Sie hob ihre Schürze
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