Thekenwelt - Apéritif pour trois (German Edition)
kochen“, schlug er vor und brachte die blauen Augen damit zum Glänzen.
Ein paar Stunden später hielt Moody Tornados Handy gedankenverloren zwischen den Fingern, als er aus dem Fenster schaute und seinem neuen Liebhaber beim lautstarken Schlafen zuhörte. Er wälzte sich, sabberte und schnarchte friedlich vor sich hin.
Biscuit, der es nicht gewohnt war sein Bett zu teilen, stand auf und dachte nach.
Dieser Kai schien eine wichtige Instanz im Leben Tornados zu sein. Auch wenn er sich dessen vielleicht nicht bewusst war, liebte Tornado ihn. Und vermutlich ohne es zu begreifen, mehr als nur platonisch. Er klappte das Handy auf und fand Kai unter den Kontakten. Er lernte die Nummer auswendig. Vielleicht würde er eines Tages mit ihm reden müssen.
Biscuit öffnete den Gesendet-Ordner. Tornado hatte seiner Fast-Ehefrau, kurz bevor er einschlief eine Nachricht hinterlassen, wo und bei wem er sich aufhielt und dass sie sich morgen sehen würden.
Sein Blick fiel auf den schlafenden Jungen und er wusste nicht, was er mit ihm anfangen sollte. In der Küche rauchte er eine Zigarette und versuchte, in den bläulich aufsteigenden Kringeln aus Nichts Antworten zu finden.
'Hi! Bin heute naxht bei dem netten. Ruf an wenn wasistTbismorgen.'
Kai sah auf die Nachricht und steckte sein Handy wieder in die Hosentasche.
Er stand in der Küche der Rose, alle Gäste waren gegangen und half Huna beim Abschluss des Abends.
„Was los?“
„ Mh.“
Sie kniff ihm in die Wange und lächelte breit, als er empört „Lass das!“, pampte.
„Ist es wegen Blondie?“
Kai zwang sich zu lächeln. „Ich bin einfach müde.“
„Irgendwann“, bemerkte Huna, die nur noch einen Knopf im Ohr hatte, was erhöhte Teilnahme bedeutete, „erstickst du noch an deiner grenzenlosen Liebe zu ihm.“
Überrascht sah Kai sie an.
„Komm schon, hältst du das für ein Geheimnis? Jeder Versuchsaffe für Gehirnchirurgie sieht was los ist.“
„ Ist es so offensichtlich?“, seufzte Kai und ließ sich auf einen Klappstuhl fallen. Huna grummelte vor sich hin, während sie den Putzeimer mit heißem Wasser füllte.
„ Aber was soll ich machen?“ Er hob verzweifelt die Arme. „Wenn es nicht unsere Freundschaft kaputt machen würde, wenn wir nicht einfach auf Dauer unbefriedigt blieben, weil es einfach nicht geht. Zwei Bottoms … es ist nicht möglich. Und ich bin so froh, dass er mal eine Nacht bei jemandem bleibt, nach der Sache mit dieser Made von Banjo.“
Huna legte ihm eine putzwassernasse Hand auf die Schulter. „Mir fällt nichts dazu ein, Kai. Aber wenn's dringend ist, dann dreh ich jederzeit das Volumen für dich runter.“
Kai lächelte. Huna zog die Nase geräuschvoll hoch und begann den Mopp über den dreckigen Boden gleiten zu lassen.
Kai Safran war immer still gewesen. Vielleicht, weil alle anderen um ihn herum laut waren. Wenn er das Wort Familie mit einem Wort beschreiben sollte, dann würde dieses Wort „Geschrei“ lauten. Seine älteren Zwillingsbrüder Nikky und Delarge schlugen sich, sobald sich ihnen die Möglichkeit bot und seine Eltern fügten sich in alkoholgeschwängerten Nächten schwere Verletzungen zu, bis seine Brüder dazwischen gingen, was meist in einer Art Gruppenprügelei endete.
Kai hatte gelernt unsichtbar zu werden und niemals auch nur das kleinste bisschen Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Seine interfamiliäre Überlebensstrategie hatte sich so lange bewährt, bis sein Vater herausfand, dass sein Sohn nicht seinem Bild eines Safrans entsprach. Vielleicht handelte er in bester Absicht aus seinem Kind einen echten Mann formen zu wollen, wenn er ihn betrunken nachts aus dem Bett zerrte, um ihm das Mannsein einzuprügeln.
Vielleicht war er auch einfach ein Arschloch.
Aus dem stillen Jungen wurde ein Opfer. Er kannte den Boden unter seinen Füßen besser, als den Himmel, weil er stets mit gesenktem Kopf ging, die Umgebung, die Mitschüler und Nachbarskinder ausblendete, für die es einen gedankenlosen grausamen Spaß bedeutete ihn zu ärgern und sich an seine Fersen zu heften, um ihn zu quälen.
Der Einzige, der auch immer allein schien, war der Junge, der zwei Etagen unter ihm wohnte und den, im Gegensatz zu Kai, niemand zu ärgern wagte, weil sein aggressives Potenzial groß genug war, um auch dann nachzutreten, wenn sein Gegner bereits zu Boden gegangen war.
In der Nacht, in der er Tornado zum ersten Mal traf, hatte er damit gerechnet, Tornado würde ihm wehtun. So wie die anderen.
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