Thekenwelt - Apéritif pour trois (German Edition)
Und so wie Tornado anderen.
Vielleicht konnte Kai gewohnheitsmäßig nicht ohne Lautstärke leben, so jedenfalls erklärte er sich , wieso jeder Fluch, jeder Redeanfall Tornados ihn glücklich machte. Und Tornado redete viel und das meiste davon war Blödsinn. Es machte ihn glücklich, einfach in seiner Nähe zu sein, auch wenn an mehr nicht zu denken war und er wollte Tornado ebenso glücklich sehen, weil er da war.
Nachdem seine Homosexualität seinen ersten wunden Punkt darstellte, so drückte ihm seine submissive Neigung nicht weniger aufs Gemüt. Schwul sein und auf Demütigung und Schmerz zu stehen - es war einfach zu viel des Guten. Aber mit Tornado zusammen begann er jeden freien Abend mit einem gestreckten Longdrink in der Hand, zwischen nächtlichen Gestalten der Schwarzen Rose zu stehen und beides als weniger unheimlich zu betrachten, als es ihm bis dahin vorkam.
Durch Tornado hatte sein Leben sich maßgeblich verändert. Er hatte einen Ort an dem er unsichtbar sein durfte, aber nicht musste.
Eine Zeit lang war er mit einem Mann zusammen gewesen, dessen Sklave er war, aber die Beziehung zerbrach. Der andere konnte die Rolle Tornados in seinem Leben nicht akzeptieren und Kai schoss ihn in den Wind. An machen Tagen fürchtete er, Tornado würde nicht dasselbe für ihn tun.
Kai wartete auf Tornado auf dem Spielplatz, auf dem nie ein Kind gespielt hatte und der zur Aufwertung ihres Wohnblocks irgendwann vor gefühlten hundert Jahren lieblos zwischen den Waschbeton gerotzt wurde. In seinem Rucksack beherbergte er ein Sixpack und seine Miene erhellte sich, als er Tornado von Weitem erkannte, Hände in den Hosentaschen, böser Gesichtsausdruck.
„Hi.“ Er küsste ihn zur Begrüßung auf den Mund. Jedes Mal zuckte Kai zusammen. Aus Erregung und Angst ein anderer könne sie sehen und ihm eine Faust in den Magen oder ins Gesicht rammen. Kai griff in die dunkle Tasche und hielt Tornado ein Bier hin. „Wie war's gestern?“
Tornado drückte die Metalllasche in das dünne Metall, leckte sich den überquellenden Schaum vom Handrücken, trank ein paar Schlucke und antwortete: „Verdammte Scheiße geil!“
Kai lächelte sein Kai-Lächeln. „Und trefft ihr euch wieder.“
„ Jepp“, Tornado rülpste. „Heute Abend.“
„ Das ist großartig.“
„ Wir werden sehen.“ Sie starrten eine Zeit lang auf das rostige Klettergerüst, bis Tornado hinzufügte: „Das geht nie gut. Schon wegen Zegna.“
Kai antwortete nicht. Er war froh, dass sein Freund den Blick für die Realität nicht verloren hatte und er nicht gezwungen war, ihn darauf hinzuweisen. Fuck Zegna.
Narbenwelt
„Heute gehen wir essen.“
„ Ich hab kein Geld für so was.“
„ Wenn ich mit meiner Jacke eine zwölfköpfige Familie aus Riginan fünf Jahre ernähren kann, dann wird’s für ein Abendessen gerade noch reichen.“
„ Hmp.“
Biscuit blieb stehen und drückte den Punkt zwischen seinem Oberlid und seiner Nase, als gelte es, einen plötzlichen Kopfschmerz zu bekämpfen. „Pass auf, ich habe Geld. Du nicht. Mach dir keinen Kopf. Geld ist … nur Geld.“
Tornado zog eine kleine Grimasse. „Ich fühl mich so strichermäßig, wenn du mich ausführst. Ich mein, denkt ja jeder, huhu, der Kleine hält seinen Knackarsch nur wegen Kohle hin.“
Biscuit blieb stehen, packte ihn zu Tornados Erstaunen hart am Arm und zwang Tornado, ihn anzusehen: „Wenn du so über dich oder mich denkst, dann solltest du tatsächlich deinen Arsch irgendwem hinhalten. Ich will kein Wort darüber hören. Und wenn du noch einmal derart über dich oder mich sprichst, dann wünschst du dir, deinen Mund gehalten zu haben.“
Tornado versuchte ihn abzuschütteln und zu ignorieren, wie die Geste ihn anmachte. „Mann!“ Er zupfte sein T-Shirt zurecht und blickte finster. Der Mistkerl sollte nur nicht denken, er wäre beeindruckt.
Sie betraten einen sehr ruhigen, auf unscheinbare Weise edlen Laden und ließen sich von dem, sie mehr als devot hofierenden Kellner in eine Kabine mit Schiebetüren führen.
In der Mitte des abgetrennten Bereichs stand ein, im Parkett versenkter, schimmernder Edelholztisch, der von ebenfalls im Boden eingelassenen Bänken gesäumt war. Sie saßen wie auf Stühlen, nur mit dem Unterschied, dass ihre Köpfe sich auf Bodenhöhe befanden.
„Cool. Ich fühl mich als wäre ich geschrumpft!“
Unaufgefordert wurden ihnen hohe Stielgläser gebracht, deren Rand eine Limettenscheibe schmückte. Tornado kostete. Alkohol.
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