Theo Boone - Unter Verdacht: Band 3 (Heyne fliegt) (German Edition)
und warum? Das waren die Gedanken, denen Theo nachhing, als seine Welt buchstäblich zu Bruch ging.
Die obere Hälfte der Tür, die von seinem Büro zum Parkplatz hinter der Kanzlei führte, bestand aus vier Glasscheiben, die plötzlich mit einem lauten Knall zerbarsten. Ein Stein flog durch das Fenster, und ein Scherbenregen prasselte auf Regale, Schreibtisch und Boden nieder. Judge sprang laut bellend auf. Instinktiv schlug Theo schützend die Arme über den Kopf– für den Fall, dass noch ein zweiter Stein folgte. Er brauchte ein paar Sekunden, um wieder zu Atem zu kommen. Dann sprang er auf und riss die Tür auf, aber draußen war niemand zu sehen. Judge knurrte und bellte, lief die Treppe hinunter und rannte auf dem kleinen Parkplatz herum, doch selbst er fand nichts.
Der Stein war so groß wie ein Softball und ganz in der Nähe von Judges Körbchen gelandet.
Elsa stürzte herein. » Was ist denn hier los, Theo?« Dann sah sie die zerschmetterten Scheiben. » Alles in Ordnung?«
» Ich glaube schon.« Theo stand noch unter Schock.
» Was ist passiert?«
» Jemand hat mit einem Stein die Scheiben eingeworfen.« Theo hob das Geschoss auf, damit sie es genauer untersuchen konnten.
» Was geht denn hier vor?« Das war Mrs. Boone, und dann kam auch Mr. Boone herein und stellte dieselbe Frage.
Einige Minuten lang inspizierten sie den Schaden und überlegten. Elsa fand eine Glasscherbe in Theos Haar, aber zumindest war er unverletzt.
» Ich rufe die Polizei«, sagte Mr. Boone.
» Gute Idee«, stimmte Mrs. Boone zu.
» Hast du eine Ahnung, wer das getan haben könnte?«, fragte Elsa.
» Nein«, erwiderte Theo.
Sechs
Es sollte ein ereignisreicher Nachmittag werden. Da Mrs. Boone überwiegend als Scheidungsanwältin tätig war und dabei immer die Frau vertrat, kam es in der Kanzlei gelegentlich zu hässlichen Familiendramen. Der Staub in Theos Büro hatte sich gerade gelegt, und Mr. Boone war auf dem Weg zum Besprechungszimmer, um die Polizei anzurufen, als es am Eingang laut wurde. Ein wütender Mann und eine kreischende Frau trugen eine Meinungsverschiedenheit aus, die zunehmend eskalierte. Die Frau war Mrs. Treen, eine neue Mandantin der Kanzlei, der Mann Mr. Treen. Die beiden hatten einen Stall voll Kinder und jede Menge Probleme. Mrs. Boone hatte ihnen nahegelegt, eine Eheberatung aufzusuchen, statt sich gleich scheiden zu lassen. Laut Aussage seiner Ehefrau war Mr. Treen jedoch gewalttätig, beschimpfte sie ständig und machte ihr das Leben zur Hölle.
Tatsächlich wirkte er sehr bedrohlich, als er sich vor Elsas Schreibtisch aufbaute und seine Frau anfuhr. » Du lässt dich nicht scheiden! Nur über meine Leiche!«
Mr. Treen war ein dicker, untersetzter Mann mit Bart, und seine Augen funkelten, wenn er sprach.
Mrs. Boone, Elsa und Theo, die soeben den Empfangsbereich betreten hatten, blieben stehen und beobachteten die Szene.
Mr. Boone trat einen Schritt vor. » Jetzt atmen Sie erst einmal tief durch. Wir sind doch alle zivilisierte Menschen.«
Mrs. Treen wich unauffällig zurück, bis sie neben Mrs. Boone stand. Elsa und Theo hielten sich im Hintergrund, ließen sich aber nichts entgehen.
» Ich halte es mit dir nicht mehr aus«, sagte Mrs. Treen. » Ich habe es satt, mich von dir verprügeln und drangsalieren zu lassen. Ich nehme die Kinder und gehe, Roger. Dagegen kannst du gar nichts tun.«
» Ich habe dich nie geschlagen«, behauptete er. Das nahm ihm allerdings niemand ab. Mr. Treen sah wirklich aus, als wäre mit ihm nicht gut Kirschen essen.
» Hör auf zu lügen, Roger«, sagte sie.
» Gehen wir doch in mein Büro«, schlug Mrs. Boone in aller Ruhe vor.
» Er hat eine Waffe«, verkündete Mrs. Treen zum Entsetzen aller. » In seiner Tasche.«
Die Blicke wanderten zu Mr. Treens Hosentasche, die tatsächlich eine verdächtige Ausbeulung aufwies.
» Steig ins Auto, Karen«, befahl Mr. Treen mit finsterem Blick und zusammengebissenen Zähnen. Das fiel seiner Frau natürlich nicht im Traum ein.
» Nein. Von dir lasse ich mir gar nichts mehr sagen.«
» Bitte gehen Sie«, sagte Mr. Boone bestimmt.
Mr. Treen lächelte und legte die Hand auf die rechte Tasche. » Und wenn nicht?«
» Dann rufe ich die Polizei«, erwiderte Mr. Boone.
Eine lange Pause folgte. Niemand rührte sich.
» Ich habe einen Vorschlag«, sagte Mrs. Boone schließlich. » Warum gehen wir vier nicht ins Besprechungszimmer, trinken einen Kaffee und unterhalten uns in aller Ruhe.«
Mrs. Boone handelte
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