Theo Boone - Unter Verdacht: Band 3 (Heyne fliegt) (German Edition)
beschäftigt, um es auch nur zu versuchen. Woods Boone war ein miserabler Koch, aß aber gern gut. Seit Theo klein war, wurde daher auswärts gegessen– in den ausgezeichneten internationalen Restaurants, von denen es in Strattenburg eine reiche Auswahl gab. Montags wurde im Robilio italienisch gespeist. Dienstags gab es Suppe und belegte Brote in einer Obdachlosenunterkunft, nicht gerade die feinste Küche. Mittwochs ging es wieder aufwärts, da holten sie sich etwas von ihrem chinesischen Lieblingsrestaurant. Donnerstags besorgte Mrs. Boone bei einem türkischen Imbiss das Tagesgericht. Freitags gab es Fisch im Malouf, einem gut besuchten libanesischen Restaurant. Samstags durfte jeder der drei Boones abwechselnd bestimmen, was und wo gegessen wurde. Sonntags übernahm Mrs. Boone in ihrer Küche das Kommando und probierte neue Brathähnchenrezepte aus– mit wechselndem Erfolg.
Punkt sieben Uhr betrat Familie Boone das Robilio und ließ sich zu ihrem Stammplatz führen.
Fünf
Dienstagmorgen. Kein gewöhnlicher Dienstag, sondern der erste Dienstag im Monat, was bedeutete, dass Theo und etwa fünfzig andere Pfadfinder vom Trupp 1440 des Regionalverbands » Old Bluff« mit ihren offiziellen Pfadfinderhemden und bunten Halstüchern zur Schule gingen. Das Schulamt hatte das Tragen der vollen Pfadfinderkluft auf dem Schulgelände untersagt. Die Kleidungsvorschriften waren vage, was immer wieder Probleme verursachte, und wurden kaum durchgesetzt. Die Pfadfinderkluft verstieß nicht dagegen, aber das Schulamt wollte keinen Präzedenzfall schaffen, damit nicht plötzlich Sporttrikots, Karateanzüge, Theaterkostüme oder religiöse Gewänder wie buddhistische Mönchskutten oder Burkas auftauchten. Die ganze Geschichte war schließlich so kompliziert geworden, dass Theo und die anderen Pfadfinder höchst zufrieden waren, dass sie einmal im Monat zumindest einen Teil ihrer Kluft tragen durften.
Er duschte kurz und putzte sich die Zähne, die von der dicken Spange fast völlig verdeckt wurden. Dann schlüpfte er in das kurzärmelige Khakihemd mit der Schulterklappe des Verbands, der blau-weißen Truppnummer und dem Sippenabzeichen. Als das in die Jeans gesteckte Hemd perfekt saß, legte er sorgfältig das orangefarbene Halstuch um und zog es durch den offiziellen Halstuchring der Pfadfinder. Zur kompletten Kluft hätte auch die Schärpe mit den Verdienstabzeichen gehört, auf die Theo sehr stolz war, weil er gerade sein zweiundzwanzigstes und dreiundzwanzigstes Abzeichen erhalten hatte, für Astronomie und Golf. Wenn alles nach Plan lief, wurde er im Sommer, bevor er in die neunte Klasse kam, Eagle Scout. Das war der höchste Rang, den ein Pfadfinder in den Vereinigten Staaten erreichen konnte. Sein zweites Ziel war es, mindestens fünfunddreißig der farbenfrohen Verdienstabzeichen präsentieren zu können, die seine Mutter immer ordentlich auf die Schärpe nähte.
Judge, der unter Theos Bett schlief, war seit einer halben Stunde wach und hatte die Warterei satt. Er winselte, weil er nach draußen wollte. Theo zupfte sein Halstuch noch einmal zurecht und war endlich zufrieden. Er schnappte sich seinen Rucksack und rannte die Treppe hinunter.
Für den Augenblick hatte er Pete Duffys Verschwinden vergessen.
Seine Mutter, die eher ein Morgenmuffel war, trank am Küchentisch ihren Kaffee und las die Zeitung. » Guten Morgen, Theo. Du siehst aber nett aus!«
» Guten Morgen.« Theo, der auf gar keinen Fall » nett« aussehen wollte, küsste seine Mutter auf die Stirn. Er öffnete die Tür, und Judge verschwand nach draußen. Sein Platz war wie üblich gedeckt: Frühstücksflocken, Milchkarton, Müslischale, Löffel und ein Glas Orangensaft.
» Keine Spur von Pete Duffy«, sagte seine Mutter, ohne den Blick von der Zeitung zu heben.
» Den finden sie nie«, behauptete Theo, wie schon mehrfach während des Abendessens.
» Da wäre ich mir nicht so sicher. Dem FBI entwischt heute so leicht keiner mehr, bei der ganzen Technik, die die haben.«
Auch das war beim Abendessen wiederholt gesagt worden.
Theo füllte seine Müslischale und öffnete die Tür, um den Hund hereinzulassen. Wenn es Frühstück gab, war Judge nicht zu halten. Theo füllte den Napf mit Milch und Flocken, und der Hund stürzte sich darauf.
» Heute Nachmittag bist du also bei den Pfadfindern?«, fragte Mrs. Boone, ohne aufzusehen.
Nein, Mom, es ist Halloween.
Nein, Mom, alle meine anderen Hemden sind in der Wäsche.
Nein, Mom, ich tue nur so, als
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