Theo Boone - Unter Verdacht: Band 3 (Heyne fliegt) (German Edition)
wäre heute der erste Dienstag im Monat, damit du verwirrt bist und zur falschen Verhandlung gehst.
Theo hätte die verschiedensten Antworten parat gehabt, aber als guter Pfadfinder hatte er keine Probleme mit Autorität. Da er auch ein guter Sohn war und seine Mutter nicht mit einer vorlauten Bemerkung verärgern wollte, hielt er sich zurück.
» Genau.«
» Wann ist der nächste Campingausflug?«, fragte sie und blätterte bedächtig um.
» Freitag in einer Woche, zum Lake Marlo.« Trupp 1440 verbrachte mindestens ein Wochenende im Monat in den Wäldern, und Campingausflüge liebte Theo besonders.
Da die Boones eine gut organisierte Familie waren, hing in jedem Zimmer mindestens eine Uhr. Die in der Küche zeigte nun 7.55 Uhr. Wie jeden Tag beendete Theo sein Frühstück pünktlich um acht. Nachdem Judge den letzten Rest geschlabbert hatte, spülte Theo Müslischale und Napf aus, stellte Milch und Orangensaft wieder in den Kühlschrank, lief die Treppe hinauf und stapfte lautstark in seinem Zimmer herum. Ohne sich die Zähne ein zweites Mal zu putzen, sprintete er wieder in die Küche.
» Ich muss los«, sagte er und gab seiner Mutter einen Kuss auf die Wange.
» Hast du Geld fürs Mittagessen?«, fragte sie.
» Wie immer.«
» Und die Hausaufgaben?«
» Alles unter Kontrolle, Mom. Ich komme nach der Schule in die Kanzlei.«
» Pass auf dich auf. Und vergiss nicht: Immer lächeln.«
» Ich lächle doch, Mom.«
» Hab dich lieb, Teddy.«
» Ich dich auch, Mom«, sagte er im Gehen.
Draußen kraulte er Judge zum Abschied den Kopf.
» Teddy«, murmelte er vor sich hin, als er davonradelte. Er hasste diesen Kosenamen. » Der nette kleine Teddy.« Er winkte Mr. Nunnery zu, einem Nachbarn, der den ganzen Tag auf seiner Veranda saß.
Die gestrige Begegnung mit Buck Bolognese war ihm noch lebhaft in Erinnerung, und er beschloss, sich diesmal lieber an die Verkehrsregeln zu halten. Dann dachte er an den Duffy-Prozess, der ohne den Angeklagten ins Wasser fallen würde. Eine schöne Enttäuschung!
Auf seinem Weg durch die verschlafenen Straßen von Strattenburg überschlugen sich Theos Gedanken. Ob sich wieder jemand an seinem Spind zu schaffen gemacht hatte? Waren seine Fahrradreifen sicher? Hatten Omar Cheepe und Paco noch ein Auge auf ihn?
Im Klassenzimmer waren die wildesten Gerüchte über Pete Duffy im Umlauf. Von den sechzehn Jungen hatte jeder seine Theorie und wollte unbedingt erzählen, was zu Hause beim Essen dazu gesagt worden war. Einer behauptete, Pete Duffy sei irgendwo auf dem Land von einem Postboten gesichtet worden, ein anderer war überzeugt, dass ihn Drogenbarone auf dem Gewissen hatten, und ein dritter meinte, er hätte sich in Argentinien in Sicherheit gebracht. Theo hörte sich das Geschnatter an, hielt sich aber zurück. Er war nur froh, seinen Spind unversehrt vorgefunden zu haben.
Die Glocke schrillte, und die Jungen trotteten aus dem Raum. Ein weiterer öder Unterrichtstag lag vor ihnen.
Trupp 1440 traf sich im Keller eines Gebäudes, das einer Organisation für Kriegsveteranen gehörte. Während oben die ehemaligen Soldaten jeden Nachmittag Karten spielten und Bier tranken, fanden unten an jedem ersten und dritten Dienstag im Monat die Pfadfindertreffen statt.
Der Truppleiter war ein früherer Marine, der die Anrede » Major Ludwig« oder auch nur » Major« bevorzugte. (Hinter seinem Rücken wurde er gelegentlich » Wiggie« genannt, aber nur wenn er ganz bestimmt außer Hörweite war.) Major Ludwig war um die sechzig und führte Trupp 1440 wie ein Marine-Kommando, das sich auf eine Invasion vorbereitet. Er war ein ausgezeichneter Läufer, absolvierte angeblich schon vor dem Frühstück fünfhundert Sit-ups und Liegestütze und trieb seine Pfadfinder zu immer neuen Höchstleistungen an. Weiter schwimmen, schneller rudern, länger wandern– ständige Verbesserung war sein Ziel. Er überprüfte ihre Berichtskarten und erwartete, dass es alle Mitglieder seines Trupps bis zum Eagle Scout brachten. Schlechte Angewohnheiten duldete er nicht, und wenn ein Pfadfinder nicht mithalten konnte, informierte er umgehend die Eltern. Aber obwohl er brüllen konnte wie ein Ausbilder beim Militär, verstand sich der Major hervorragend auf die richtige Mischung aus Spaß und Disziplin. Bei aller Strenge lachte er gern. Die Jungen liebten ihn.
Wenn er nicht davon träumte, ein erfolgreicher Anwalt oder weiser Richter zu werden, dachte Theo gelegentlich daran, sich wie der Major bei den
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