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Thorn - Die letzte Rose

Thorn - Die letzte Rose

Titel: Thorn - Die letzte Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kastenholz
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Essen“, fuhr sie fort. „Oder das, was er Essen nannte.“ Erneut dieses verbitterte Lachen, das geradewegs von ihrer verstauchten Seele kam. „Aber wer oder was dieser rotäugige Bastard wirklich war, das wusste natürlich keiner von uns. Wir waren ja damals so verflucht naiv. - Scheiße! Keine zehn Minuten hat’s gedauert, da hat er unsere Eltern angefallen. Wie ein Raubtier. Bloß viel, viel schneller als ein Raubtier. Eine Bestie! Bevor sie reagieren konnten, noch bevor sie überhaupt kapierten, was mit ihnen geschah, hatte er beiden schon den Hals umgedreht. Wie nebenbei. Im Vorbeigehen, wenn Sie so wollen. Haben Sie schon mal gehört, wie einem Menschen der Hals umgedreht wird?“
    „Zum Glück ist das mir bislang erspart geblieben.“
    „Es begleitet Sie bis an Ihr Lebensende. Sie kriegen dieses Geräusch einfach nicht aus Ihrem Schädel! Klar, es klingt nicht viel anders, als wenn man sich das Bein bricht. Aber man weiß eben, es ist kein Bein.“ Ungläubig schüttelte sie den Kopf, ohne die Straße vor ihr aus den Augen zu lassen. „Andrea Glausnitz war meine beste Freundin, sie war an jenem Abend bei mir zum Übernachten. Wie Kinder nun mal sind ... Wie im Schock ist Andrea erstarrt, als sie das sah. Wie paralysiert. Sie konnte weder schreien noch weinen. Und was hab ich blöde Kuh getan? Hab selbst nicht gecheckt, was passiert. Doch kurzentschlossen hab ich sie bei der Hand gepackt und wollte mit ihr wegrennen. Keine Chance! Heiko war offenbar schon vor mehr als 24 Stunden von dem rotäugigen Bastard gebissen und infiziert worden. Er war jetzt einer von ihnen! Ein Vampir! Willenlos seinem Meister ergeben. Wie eine Marionette. Nur viel, viel gefährlicher. Heiko hat uns beide aufgehalten und gezwungen, zuzusehen, wie dieser Rotauge meine Eltern ausgetrunken hat.“
    „Oh, mein Gott!“
    „Er hat ihnen mit den Fingernägeln die Halsschlagadern aufgeschlitzt und direkt aus ihren klaffenden Wunden getrunken. Als würde man die Milch direkt aus dem Kuheuter nuckeln.“
    „Sie müssen ja ...“
    „Das war längst noch nicht alles“, schnitt sie ihm das Wort ab, während die Autobahn in eine Bundesstraße überging, ohne dass Thorn langsamer wurde. Die Häuser von Eltville huschten im morgendlichen Nebel wie schlaflose Geister vorüber, die Fenster blickten ihnen aus gesichtslosen Augen nach.
    Die Straße war fast leer; nur einige wenige Berufspendler, die bereits zu dieser frühen Uhrzeit unterwegs waren, die meisten zog es in die andere Richtung, aus dem Rheingau hinaus nach Wiesbaden, Mainz und Frankfurt an ihre Schreibtische und Maschinen.
    „Wissen Sie, wie sich Vampire fortpflanzen?“, fragte sie. „Nicht durch Sex. Sie beißen Menschen! Wenn sie sich die Schlagader vornehmen, verblutet ihr Opfer, und der Vampir leckt schmatzend alles auf. Oder sie beißen es woanders hin: In den Arm, ins Bein ... Sie sind da flexibel. Ihr Speichel, der dann in den menschlichen Blutkreislauf gerät, sorgt für den Rest. Darin befindet sich eine Art ... Virus. Ich weiß nicht genau, ob es wirklich ein Virus ist. Jedenfalls schreibt es die DNS um, und binnen eines Tages wird man selbst zum Sucker. Doch auch diejenigen, die scheinbar überleben, sind tot. Der neue Vampir, wie Heiko einer war, ist seinem Meister treu ergeben. Wie Herrchen und Hund. Er würde mit Freuden sterben, wenn es ihm dient oder er es befiehlt. Individualität - die existiert nicht mehr. Nur noch der Wille des Meisters zählt.“
    „Was hat man mit Ihnen getan?“
    „Rotauge, wie ich ihn seitdem nenne, war erst mal satt, Andrea und ich wurden festgehalten. Er fragte sich, was er mit uns Mädchen anfangen sollte. Gebissen sollten wir beide werden, klar. So sichere Beute lässt man sich nicht entgehen, auch wenn kleine Mädchen nicht viel hergeben. Eine von uns sollte schließlich Heikos erste Mahlzeit werden, die andere den Clan vergrößern. Es sei Heikos Wahl, meinte Rotauge, doch mein stinkendes Vampir-Bruderherz konnte sich nicht entscheiden. Also hat er eine Münze geworfen.“
    „Und Sie haben gewonnen?“
    Heiseres Krächzen war ihre Antwort. „Wenn Sie das ‚gewinnen’ nennen - meinetwegen. Andrea wurde Heikos erstes Opfer. Und gleichzeitig sein letztes.“ Thorns Gesicht war zu einer fahlen Maske geworden. Sie schluckte. „Später in der Nacht ist Rotauge weggegangen, wahrscheinlich um sich weitere Anhänger zu holen. Heiko sollte mich beißen und morgen, wenn ich mich ebenfalls verwandelt hatte, in ihr Nest bringen: eine

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