Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre
»Näher werden Sie Gott kaum kommen!«
Hades ging zu Hobbes, der jetzt einen schwarzen Kampfanzug trug.
Er hatte sich einen Gurt um die Hüften geschnallt, an dem allerlei Gegenstände hingen, die bei einem spontanen Raubüberfall eventuell von Nutzen sein konnten – eine große Taschenlampe, mehrere Bolzenschneider, ein Seil, Handschellen und eine Automatik.
»Sie wissen, hinter wem Sie her sind?«
»Mr. Quaverley, Sir.«
»Großartig. Das
schreit
förmlich nach einer Rede!«
Er kletterte auf einen großen Eichentisch.
»Liebe Freunde!« begann er. »Heute ist ein
großer
Tag für die Wissenschaft und ein schwarzer Tag für Charles Dickens.«
Er machte eine Kunstpause.
»Genossen, wir stehen kurz davor, uns einer kulturellen Barbarei schuldig zu machen, die so monströs ist, daß es selbst mir die Schamesröte ins Gesicht treibt. Ihr alle seid seit vielen Jahren meine treuen Gefolgsleute, und obgleich keiner von euch auch nur halb so verderbt ist wie meine Wenigkeit, und obwohl die Gesichter, die ich vor mir sehe, ebenso dumm wie unattraktiv sind, betrachte ich euch doch alle mit einem gerüttelten Maß an Zuneigung.«
Seine vier Genossen bekundeten ihren Dank mit verlegenem Murmeln.
»Ruhe! Ich glaube, ich darf mit Fug und Recht von mir behaupten, nicht nur das verkommenste Geschöpf auf diesem Erdenrund zu sein, sondern auch das begnadetste Verbrecherhirn dieses Jahrhunderts. Der Plan, den wir in die Tat umsetzen wollen, ist zweifelsohne der teuflischste, den je ein Mensch ersonnen hat, und wird euch nicht nur mit einem Schlag an die Spitze aller Fahndungslisten katapultieren, sondern euch obendrein reicher machen, als ihr euch in euren habgierigsten Träumen habt vorstellen können.« Er klatschte in die Hände. »Das Abenteuer kann beginnen! Trinken wir auf den Erfolg unseres schönsten Verbrechens!«
»Sir?«
»Was ist, Dr. Müller?«
»Das ganze Geld. Ich weiß nicht recht. Ich glaube, ein Gainsborough wäre mir lieber. Sie wissen schon – das Bild von dem Knaben im blauen Anzug.«
Acheron starrte ihn einen Augenblick ratlos an, dann erhellte ein Lächeln sein Gesicht.
»Warum nicht? Widerling
und
Kunstliebhaber! Welch göttliche Dichotomie! Sie sollen Ihren Gainsborough haben! Und nun lasset uns … Was ist denn, Hobbes?«
»Sie haben hoffentlich nicht vergessen, daß Sie die Shakespeare-Gesellschaft überreden wollten,
Schluß mit lustig!
zu spielen, meine überarbeitete Macbeth-Fassung?«
»Wie könnte ich?«
»Acht Wochen Laufzeit?«
»Ja, ja, und das
Sommernachts-Kettensägenmassaker
gleich noch dazu. Und was kann ich für
Sie
tun, Mr. Delamare?«
»Nun ja«, sagte der Mann mit dem Hirn eines Hundes und rieb sich nachdenklich den Hinterkopf, »könnte ich vielleicht eine Autobahnraststätte nach meiner Mum benennen lassen?«
»O heilige Einfalt!« rief Acheron. »Ich denke, das läßt sich machen.
Felix 7 ?«
»Ich verlange keine Belohnung«, antwortete Felix 7 stoisch. »Ich bin bloß Ihr ergebener Diener. Einem so guten und weisen Herrn zu dienen ist das größte Glück, das einem Menschen widerfahren kann.«
»Ich
liebe
diesen Mann!« sagte Hades zu den anderen. Er kicherte einen Moment in sich hinein und wandte sich dann wieder an Hobbes, der es kaum erwarten konnte.
»Ihnen ist klar, was Sie zu tun haben?«
»Hundertprozentig.«
»Dann, Mycroft, öffnen Sie nun das Portal und Ihnen, mein lieber Hobbes: Glückliche Reise!«
Mycroft drückte den grünen »Auf«-Knopf, ein greller Blitz durchzuckte den Salon, und es entstand ein so starkes elektromagnetisches Kraftfeld, daß meilenweit sämtliche Kompaßnadeln rotierten. Rasch öffnete sich das Portal, und Hobbes holte tief Luft und trat hindurch; Mycroft drückte den roten »Zu«-
Knopf, das Portal schloß sich wieder, und Stille breitete sich aus.
Acheron sah Mycroft an, der wie gebannt auf den Timer an dem großen Buch starrte. Dr. Müller verfolgte Hobbes’ Bemühungen anhand einer Taschenbuchausgabe von
Martin Chuzzlewit
, Felix 7 behielt Mycroft im Auge, und Delamare betrachtete etwas Klebriges, das er gerade aus seinem Ohr geholt hatte.
Zwei Minuten später drückte Mycroft erneut auf den grünen Knopf, und Hobbes kehrte zurück, im Schlepptau einen Mann mittleren Alters in einem schlechtsitzenden Anzug mit Krawatte und Stehkragen.
Hobbes war ziemlich außer Atem und sank keuchend in den erstbesten Sessel. Der Mann in mittleren Jahren blickte hilfesuchend um sich.
»Meine Freunde«, begann er und schaute in
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