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Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Titel: Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Schatz. Ich bin deine Großmutter. Erinnerst du dich an mich?«
    »Omi?« Ich fing an zu schluchzen. »Tut mir leid, dass ich dich
Karo-Dame
genannt habe.«
    »Schon gut. Vielleicht ist es gar nicht so schlimm, dass du beschwipst bist. Du wirst jetzt schlafen und träumen - und in diesem Traum wirst du um deine Erinnerungen kämpfen. Verstehst du?«
    »Nein.«
    Sie seufzte und wischte mir mit ihrer kleinen rosa Hand über die Stirn. Ich fühlte mich getröstet und hörte auf zu weinen.
    »Du musst aber wachsam bleiben, mein Schatz. Du musst stärker als je zuvor sein. Wir sehen uns dann am anderen Ende der Nacht, wenn der Morgen kommt, ja?«
    Meine Lider sanken, ihre Stimme wurde leiser und leiser, als mich der Schlaf überwältigte und in die Tiefen des Unbewussten hinabtrug.

27. Der Leuchtturm am Rande meines Bewusstseins
    Als ich sie kennen lernte, bestand die Familie Hades aus sechs Geschwistern: Acheron, Styx, Phlegeton, Cocytus, Lethe und Aornis. Der Vater war schon vor vielen Jahren gestorben, so dass die Mutter die teuflische Brut alleine großziehen musste. Von Vlad Tepes dem »Pfähler« wurde die Familie als »unsagbar scheußlich« bezeichnet. Ihre Stärke bezog sie aus der Skrupellosigkeit, mit der sie jede Form von Verbrechen und Perversion übte. Manchmal steckte echte Leidenschaft dahinter, manchmal nur Nonchalance, aber Bedenken hatten sie niemals. Lethe, das »weiße Schaf« der Familie, war fast nie grausam - aber die anderen glichen das mühelos aus. Im Lauf der Zeit sollte ich drei von ihnen besiegen.
    Thursday Next Die höllische Familie
    Eine Welle schlug hinter mir auf die Felsen und besprühte mich mit kalter Gischt. Ich zitterte und fror. Es war eine stockdunkle, stürmische Nacht. Ich stand auf einem Felsvorsprung, und vor mir erhob sich ein Leuchtturm. Der Wind pfiff und wimmerte um das hoch aufragende Gebäude, und in diesem Augenblick schlug der Blitz ein. Er zischte funkensprühend den Blitzableiter hinunter und hinterließ einen stechenden Schwefelgestank.
    Der Turm war schwarz wie Obsidian, und als ich hinaufsah, schien die von zahlreichen Linsen verstärkte Bogenlampe in der Dunkelheit zu schweben wie eine Lichtwolke. Der Lichtstrahl schwenkte über eine schwarze See und beleuchtete nichts als wütende, tobende Wellen. Ich blickte nach innen, fand aber nichts. Wie es schien, hatte ich keine Vergangenheit und kein Gedächtnis. Es war der letzte Außenposten meines Bewusstseins, ein erinnerungsloses Eiland, wo nichts existierte außer dem, was ich in diesem Augenblick gerade spürte, roch oder sah. Aber ich ahnte trotzdem, dass ich in Gefahr war. Ich begriff, dass ich an dieser Stelle stand, um zu siegen oder um besiegt zu werden.
    Die nächste Welle schlug hinter mir an die Felsen. Mit Herzklopfen fasste ich nach dem Riegel, der die schwere Stahltür des Leuchtturms versperrte.
    Bald darauf war ich im Inneren und zog die Tür hinter mir zu. Es war gut, dem Sturm entronnen zu sein. Ich verriegelte die Tür und sah mich um. Aber außer der Wendeltreppe, die nach oben führte, gab es nicht viel zu sehen: kein Möbelstück, kein Buch, keine Kiste, kein gar nichts.
    Erneut lief mir ein Schauder über den Rücken. Ich zog meine Automatik heraus und ging langsam die Stufen hinauf.
    Der erste Stock war ebenso leer wie das Erdgeschoss, und auch der zweite wies keinerlei Zeichen auf, dass er jemals bewohnt gewesen sein könnte. Vorsichtig, die Waffe im Anschlag ging ich weiter hinauf, immer im Gefühl eines bevorstehenden Verlustes, den ich weder verstehen noch aufhalten konnte.
    Dann kam ich ans Ende der Steinstufen, ins oberste Stockwerk. Von hier aus führte nur noch eine eiserne Leiter zu der großen rotierenden Lampe hinauf. Ich hörte den Elektromotor leise jaulen und sah das weiße Licht durch die offene Luke, als der mächtige Strahl daran vorbeihuschte.
    Aber dieser Raum war nicht leer, in einem Sessel saß eine junge Frau und puderte sich mit Hilfe eines kleinen Spiegels die Nase.
    »Wer sind Sie?« fragte ich und zielte mit meiner Pistole auf sie.
    Sie senkte den Spiegel, lächelte und betrachtete die Automatik. »Ach, herrje!« sagte sie. »Du bist so eine richtige Action-Heldin, nicht wahr?«
    »Was soll ich hier eigentlich?«
    »Das weißt du wirklich nicht, oder?«
    »Nein.« Ich senkte die Automatik. Ich konnte mich an überhaupt nichts erinnern, ich spürte nur Liebe, Verlust, Enttäuschung und Angst. Die junge Frau hatte mit einem dieser Gefühle zu tun, aber ich wusste

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