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Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Titel: Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Sawatzki
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Hilfe. Sie hatte Tränen in den Augen und seufzte bei jedem Schritt auf. Aber ich hatte jetzt wirklich keine Zeit, mich näher mit ihrem Zustand zu befassen.
    Im Haus war es immer noch still. Immerhin war der vorbestellte Weihnachtsbaum auf unergründlichen Wegen ins Haus gelangt. Er lag quer über dem Esstisch. Unter dem Tisch eine riesige Pfütze.
    »Gerald!« Ich musste mich sammeln. Ruhig weiteratmen, nicht hyperventilieren, an etwas Schönes denken! »Gerald – wo steckst du?« Stille. Dann ein Rums. Das kam aus dem Keller, wir hörten jemanden fluchen. Gerald. Ich lief zur Kellertür.
    »Gerald? Was machst du da unten? Der Weihnachtsbaum ist schon da und liegt auf dem Esszimmertisch.«
    »Das weiß ich selbst, ich hab die Leute ja reingelassen! Wo ist der verfluchte Ständer? Nie ist in diesem Haus etwas an seinem Platz!«
    »Ja, da müsste mal jemand aufräumen«, rief ich heiter zurück.
    »Es geht nicht ums Aufräumen, es geht darum, dass keiner die Sachen dahin zurückräumt, wo sie hingehören!«
    »Dann räum du sie doch weg, dann findest du sie leichter wieder!« Ich unterdrückte die in mir aufkeimende Wut. Gerald konnte unglaublich schwerfällig sein. »Vielleicht ist er ja in der Garage!«, schob ich aufmunternd nach.
    »Weißt du, Gundula, das ist wieder typisch für dich, dass du –«
    Klack.
    Ich hatte die Kellertür geschlossen und wandte mich wieder meinen Gästen zu.
    »Kaffee?«

7.
    Kapitel
    Zum Glück hatte irgendjemand den Ofen ausgeschaltet, sonst wäre wegen des Blaukrauts vielleicht noch das ganze Haus in Flammen aufgegangen. So war nur das Blaukraut leicht angebrannt, und wenn ich den unteren Teil im Topf kleben ließ, konnte man den Rest sogar noch essen.
    Hans-Dieter und Rose hatten sich in Matz’ Zimmer zurückgezogen, um sich etwas auszuruhen. Matz und Rolfi mussten bei Ricarda auf dem Fußboden schlafen. Ricarda hatte sich geweigert, den Gästen ihr Zimmer zur Verfügung zu stellen. Das hatte sie nun davon.
    Meine Eltern sollten in Rolfis Zimmer schlafen, Geralds Mutter musste im Wohnzimmer mit der Couch vorliebnehmen.
    Nachdem ich alle Betten bezogen und Schlafsäcke verteilt hatte, machte ich mich daran, den Christbaum zu schmücken. Gerald hatte es wundersamerweise geschafft, den Baum in den Ständer zu setzen, allerdings fehlte immer noch der Sand. Deshalb lehnte der Baum in voller Größe an der Wand.
    Dass er nicht wirklich festlich aussah, konnte nicht an den Kugeln liegen. Ich hatte den Großteil meines Vorrats an ihm befestigt. Aber er sah leider aus, als sei er eben in einen mittelschweren Tornado geraten. Außerdem wuchs er ein bisschen zur Seite, weswegen der Goldengel, der bei uns alljährlich zum Weihnachtsfest auf der Baumspitze hockt, Probleme mit dem Gleichgewicht hatte.
    Na ja, wichtig war doch, dass überhaupt ein Baum dastand, unter den wir unsere Geschenke legen konnten. Und er roch wie eine richtige Tanne. Weihnachten konnte kommen!
    Ich packte die restlichen Kugeln in die Kisten zurück und trug sie in den Keller. Während ich darüber nachdachte, dass sich meine ganze Mühe nicht lohnte, wenn niemand aus meiner Familie von Herzen mit mir Weihnachten feiern wollte, fiel mir ein, dass ich ja noch putzen wollte. Mit dem Wohnzimmer würde ich anfangen, der Teppich war voller Tannennadeln, Gerald hatte sich wohl einen erbitterten Kampf mit dem Baum geliefert, um ihn in den Ständer zu bugsieren. Ach, Gerald …
    Ich packte den Staubsauger und schleppte ihn nach oben.
    Und mit einem Mal fühlte ich mich richtig einsam. Rolfi und Ricarda waren mit Freunden ins Kino gegangen, Matz bastelte einen Parcours für Rüssel. Mein Bruder und Rose schliefen. Und mein lieber Mann Gerald saß mit geschlossenen Augen in seinem Lieblingssessel, hatte sich seine Kopfhörer übergestülpt und hörte seine Schlager. Ja, Sie lesen richtig, mein Mann hört Schlagermusik. Früher habe ich mich dafür in Grund und Boden geschämt. Ich habe lange an mir gearbeitet, um Gerald diese Geschmacksabweichung zugestehen und offen darüber sprechen zu können. Inzwischen kann ich ganz unbeschwert über Geralds Musikgeschmack reden, ohne mich für ihn zu schämen. Vielleicht finden Sie mein Problem ein bisschen übertrieben, aber manche Sachen kann ich einfach nicht übergehen. Die muss ich für mich bearbeiten. Ich habe dafür eine Art Coach, einen sehr netten Mann aus unserer Nachbarschaft, der eigentlich Heilpraktiker ist, sich aber in den letzten Jahren auf Psychologie und Psychotherapie

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