Tief im Herzen: Roman (German Edition)
zuschwammen.
Jeder Trottel konnte voraussehen, was sie vorhatten. Cam zog nur die Beine an und ließ sich mit einem beeindruckenden Platscher ins Wasser befördern.
Erst Stunden später fiel Seth ein, daß sowohl Anna als auch Cam ihn berührt hatten. Und er hatte überhaupt keine Angst gehabt.
Nachdem das Boot vertäut, die Segel eingeholt und das Deck geschrubbt war, krempelte Anna bildlich gesprochen die Ärmel hoch und machte sich in der Küche an die Arbeit. Sie hatte sich vorgenommen, für die Quinns eine Mahlzeit zuzubereiten, die sie so schnell nicht vergessen würden. Als Seglerin mochte sie ja ein Neuling sein, aber hier war sie Expertin.
»Riecht himmlisch«, meinte Phillip, als er hereinkam.
»Und noch besser wird es schmecken.« Mit viel Geschick bereitete sie ihr Lasagne zu. »Ein altes Familienrezept.«
»Die sind immer die besten«, lobte er. »Wir haben noch
das Waffelrezept von meinem Vater. Das muß ich Ihnen mal morgens machen.«
»Das wäre schön.« Sie lächelte ihn an und bemerkte seinen sorgenvollen Blick. »Alles in Ordnung?«
»Klar. Bloß ein paar ungelöste Fragen, die die Arbeit betreffen.« Er hatte ihr nicht die Wahrheit gesagt, denn seine Sorge galt dem neuesten Bericht des Privatdetektivs, den er engagiert hatte. Seths Mutter war in Norfolk gesehen worden – und das war viel zu nah. »Brauchen Sie Hilfe?«
»Alles unter Kontrolle.« Sie krönte ihre Lasagne mit einer dünnen Schicht Mozzarella, bevor sie sie ins Backrohr schob. »Vielleicht möchten Sie mal den Wein kosten.«
Zerstreut nahm Phillip die Flasche in die Hand. Und sogleich war sein Interesse geweckt. »Nebbiolo, der beste Rote Italiens.«
»Ich glaube schon, und ich kann versprechen, daß meine Lasagne ihm ebenbürtig sein wird.«
Phillip grinste, als er zwei Gläser eingoß. Seine Augen waren goldbraun, was Anna aus irgendeinem Grund mit Erzengeln in Verbindung brachte. »Anna, meine Liebe, warum sägen Sie Cam nicht einfach ab und brennen mit mir durch?«
»Weil ich euch beide einfangen und umbringen würde«, sagte Cam, der gerade in die Küche kam. »Laß die Finger von meiner Frau, Bruderherz, bevor ich dir wehtue.« Obwohl Phillip es in lässigem Ton gesagt hatte, war Cam nicht völlig sicher, ob es nur ein Scherz gewesen war. Und es gefiel ihm nicht, den heißen kleinen Strahl von Eifersucht zu spüren, der ihn durchfuhr.
Er war nicht der eifersüchtige Typ.
»Er kann einen Barolo nicht von einem Chianti unterscheiden«, sagte Phillip zu ihr, als er für Cam ein Glas holte. »Mit mir sind Sie besser dran.«
»Du liebe Zeit«, sagte sie in einer passablen Imitation des Südstaaten-Dialekts. »Ich liebe es, wenn starke Männer um mich kämpfen. Und da kommt noch einer«, fügte
sie hinzu, als Ethan zur Hintertür hereinkam. »Wollen Sie sich auch um mich duellieren, Ethan?«
Er blinzelte und kratzte sich am Kopf. Frauen verwirrten ihn, aber er war ziemlich sicher, daß dies ein Scherz war. »Haben Sie das, was da kocht, selbst gemacht?«
»Mit meinen eigenen kleinen Händen«, versicherte sie.
»Ich hole meinen Revolver.«
Als sie lachte, lächelte er ihr auch flüchtig zu. Dann zog er sich zurück, um zu duschen.
»Himmel, Ethan hat gerade fast mit einer Frau geflirtet.« Erstaunt hob Phillip sein Glas. »Wir müssen Sie hierbehalten, Anna.«
»Wenn jemand den Tisch deckt, während ich schnell den Salat anrichte, bleibe ich vielleicht lange genug, um Sie in den Genuß meiner Cannoli kommen zu lassen.«
Cam und Phillip sahen einander an. »Wer ist dran?« wollte Cam wissen.
»Ich nicht. Du mußt dran sein.«
»Nichts da, ich hab’s gestern gemacht.« Sie sahen einander kurz an, dann wandten sich beide zur Tür und riefen nach Seth.
Anna schüttelte nur den Kopf. Kleine Brüder bekamen wohl immer den Schwarzen Peter zugeschoben.
Sie wußte, daß das Essen gelungen war, als Seth seine dritte Portion hinunterschlang. Er war jetzt nicht mehr so mager wie ein Straßenkind, stellte sie fest, und nicht mehr so blaß. Vielleicht blickten seine Augen manchmal noch mißtrauisch, als ob er auf einen Schlag wartete, den er in viel zu jungem Alter zu erwarten gelernt hatte. Aber immer öfter blitzte Humor in ihnen auf. Er war ein cleverer Junge, der gerade entdeckte, wie es war, mit anderen Spaß zu haben.
Seine Sprache war ungehobelt, und sie glaubte nicht, daß sich daran viel ändern würde, solange er in einem Männerhaushalt lebte. Cam stupste ihn allerdings hin und wieder unter dem Tisch
Weitere Kostenlose Bücher