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Tief im Herzen: Roman (German Edition)

Tief im Herzen: Roman (German Edition)

Titel: Tief im Herzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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versuchen. Was mich beunruhigt, ist, daß Sie es nicht für Seth versuchen, nein, Sie tun es für Ihren Vater. Für Ihre Eltern. Ich denke nicht, daß dies gegen Sie spricht, Cam«, sagte sie ein wenig sanfter, »aber es spricht auch nicht für Seth.«
    Wie zum Kuckuck sollte er mit einer Frau streiten, die auf jedem I-Tüpfelchen herumritt? fragte er sich. »Also glauben Sie, daß er bei Fremden besser aufgehoben wäre?«
    »Nein, ich glaube, daß er mit Ihnen und Ihren Brüdern besser fährt.« Sie lächelte, befriedigt darüber, daß sie ihn vorerst zum Schweigen gebracht hatte. »Und das habe ich auch in meinem Bericht geschrieben. Diese Idee, Boote zu bauen, ist ein neuer Aspekt, über den man nachdenken
muß, und ich kann nur hoffen, daß Sie nichts überstürzen.«
    »Segeln Sie?«
    »Nein, das habe ich noch nie ausprobiert. Warum?«
    »Ich war noch nie auf einem Boot gewesen, bis Raymond Quinn mich mitnahm.«
    Da er wußte, wie warmherzig ihr Blick werden konnte, wenn sie Mitgefühl empfand, beschloß er, ihr davon zu erzählen. »Ich hatte Todesangst, wollte es aber um keinen Preis zugeben. Ich war erst wenige Tage bei ihnen und dachte nicht, daß ich bleiben würde. Er fuhr mit mir auf der kleinen Sunfish raus, die er damals besaß. Sagte, die Luft würde mir guttun.«
    Cam stand das Bild jenes Morgens klar vor Augen. »Mein Vater war ein kräftiger Mann. Der Große Quinn. Gebaut wie ein Stier. Ich war sicher, daß das kleine Boot kentern und ich vermutlich ertrinken würde, aber er schaffte es immer irgendwie, mich zu überzeugen.«
    Liebe, dachte Anna. Aus seiner Stimme sprach die reine, unverfälschte Liebe. Das gefiel ihr, gefiel ihr ebensosehr wie dieses auf rauhe Art anziehende Gesicht. »Konnten Sie schwimmen?«
    »Nein, aber es störte mich trotzdem, daß er mir befahl, eine Schwimmweste zu tragen. Ich fand, das sei nur etwas für Weichlinge.«
    »Sie wären lieber ertrunken?«
    »Unsinn, nein, aber ich mußte ihn zumindest in dem Glauben lassen. Wie dem auch sei, ich saß am Heck, und mir drehte sich der Magen um. Ich trug die Sonnenbrille, die meine Mutter – Stella«, verbesserte er sich, da er sie zu dem Zeitpunkt noch Stella genannte hatte, »irgendwo ausgegraben hatte, weil mein Auge ziemlich zerschlagen war und mir das helle Licht Schmerzen verursachte.«
    Man hatte ihn geschlagen, mißhandelt, vernachlässigt, erinnerte sie sich, bevor die Quinns ihn zu sich nahmen. Sie hatte tiefes Mitgefühl mit dem kleinen Jungen. »Sie müssen sehr verängstigt gewesen sein.«
    »Verängstigt bis ins Mark, aber ich hätte eher meine Zunge verschluckt, als daß ich es zugegeben hätte. Das muß er gewußt haben«, sagte Cam leise. »Er wußte immer, was in meinem Kopf vorging. Es war heiß und schwül. Er sagte, es würde kühler werden, wenn wir erst draußen auf dem Fluß wären, aber ich glaubte ihm nicht. Ich dachte, wir würden nicht vom Fleck kommen und hilflos in der Sonne brutzeln. Das Boot hatte nicht mal einen Motor. Gott, wie er lachte, als ich das sagte. Er versicherte mir, daß wir etwas viel Besseres hätten als einen Motor.«
    Er hatte seinen Kaffee vergessen, und die Pointe der Geschichte entglitt ihm, als er sich in seinen Erinnerungen verlor. »Wir fuhren aufs Wasser hinaus, zuerst langsam und mühelos, doch bald schon fing das Boot heftig zu schaukeln an, und ich dachte, das wäre das Ende. Schluß, aus. Ein Reiher stieg aus den Bäumen empor. Ich hatte ihn schon einmal gesehen. Ich möchte glauben, daß es ein und derselbe war. Er schwebte direkt über dem Boot, mit ausgebreiteten Flügeln. Und dann fingen wir den Wind ein, und das kleine Segel blähte sich. Wir flogen förmlich dahin. Er drehte sich um und lächelte mir zu. Ich merkte nicht mal, daß auch ich lächelte, bis meine Lippe wieder aufplatzte. Ich hatte mich noch nie im Leben so gefühlt. Kein einziges Mal.« Ohne nachzudenken, hob er die Hand und schob ihr das Haar hinter die Ohren. »Noch nie im Leben.«
    »Es hat Sie verändert.« Sie wußte, daß ein einziger Moment einen Menschen für immer in eine andere Richtung führen konnte.
    »Es war ein Anfang, ein Boot auf dem Wasser und Menschen, die mir eine Chance gaben. Es war nichts Außergewöhnliches. Bei uns braucht es auch nicht außergewöhnlich zu sein. Wir drücken dem Kleinen einen Hammer in die Hand, lassen ihn mitbauen, ein bißchen schwitzen und arbeiten. Wenn es ein Quinn-Unternehmen sein soll, dann ist er mit von der Partie.«
    Ihr Lächeln kam schnell,

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