Tief im Herzen: Roman (German Edition)
ausgesucht, falls er es einmal brauchen sollte.
Es war der Corvette. Seth wußte, daß er den Wagen erkannt hätte, wenn er nicht im Halbschlaf gewesen wäre. Er sah Cam aussteigen und hörte sein leises, fröhliches Pfeifen.
Er war weggefahren, um an eine Frau ranzukommen, dachte Seth und lächelte höhnisch. Erwachsene waren ja so leicht zu durchschauen. Ihm fiel ein, daß Cam eine Verabredung zum Essen mit der Sozialarbeiterin gehabt hatte. Mannomann, dachte er. Cam trieb es mit Ms. Spinelli. Das war so … abartig. So abartig, erkannte er, daß er nicht wußte, was er davon halten sollte. Eines stand jedenfalls fest, dachte Seth, als Cam pfeifend zur Tür ging – er war allerbester Laune.
Als er die Haustür ins Schloß fallen hörte, schlich er zur Tür. Er wollte nur einen kurzen Blick in den Flur werfen, doch als er Schritte auf der Treppe hörte, sprang er schleunigst wieder ins Bett. Vorsichtshalber.
Der Welpe wimmerte und regte sich, und Seth kniff schnell die Augen zu, als die Tür geöffnet wurde. Sein Herz klopfte zum Zerspringen, als die Schritte sich langsam und leise dem Bett näherten. Was sollte er tun? dachte er von Panik erfüllt. Gott, was konnte er tun? Foolishs Schwanz schlug aufs Bett, während Seth sich verkrampfte und auf das Schlimmste gefaßt machte.
»Du denkst wohl, das es eine ziemlich gute Sache ist, den halben Tag zu faulenzen, sich den Bauch vollzuschlagen und nachts in einem weichen Bett zu schlafen«, murmelte Cam.
Seine Stimme war ein wenig undeutlich, doch Seth brachte das sofort mit Drogen oder Alkohol in Verbindung. Er gab sich alle Mühe, langsam und gleichmäßig zu
atmen, während sein Herz wie ein Preßlufthammer gegen seine Rippen schlug.
»Ja, du bist in einem Rosengarten gelandet, wie? Und du brauchtest gar nichts zu tun, um es dir zu verdienen. Alberner Hund, du.« Seth erkannte, daß Cam mit Foolish sprach und nicht mit ihm. »Er wird ein Problem kriegen, wenn du ausgewachsen bist und mehr Platz im Bett beanspruchst.«
Neugierig öffnete Seth die Augen nur so weit, daß er etwas sehen konnte. Er sah, wie Cam die Hand ausstreckte, um Foolish kurz über den Kopf zu streicheln. Dann wurde die Bettdecke hochgezogen und über Seths Schultern glattgestrichen. Dieselbe Hand streichelte auch ihm kurz über den Kopf.
Als die Tür sich wieder schloß, wartete Seth etwas, ehe er die Augen zu öffnen wagte. Er blickte Foolish an, der zu grinsen schien, so als wären sie gerade mit einem Streich durchgekommen. Seth grinste ebenfalls und schlang seinen Arm um den molligen Körper des Welpen.
»Ich finde, daß es ein ganz gutes Geschäft ist, oder Junge?« flüsterte er.
Zustimmend leckte Foolish ihm übers Gesicht, dann gähnte er herzhaft und legte sich wieder schlafen.
Als Seth einschlief, quälten ihn keine schweißtreibenden Träume mehr.
13. Kapitel
»Du bist neuerdings aber glänzender Laune.«
Cam reagierte mit einem Achselzucken auf Phillips Bemerkung und arbeitete pfeifend weiter. Sie machten große Fortschritte mit ihrer – wie Cam es scherzhaft getauft hatte – Schiffswerkstatt. Und jedesmal, wenn Cam diese Arbeit mit der großen Wäsche verglich, dankte er dem Himmel.
Obgleich alle intakten Fenster weit offenstanden, lag immer noch der schwache Geruch von Chemikalien in der Luft. Auf Phillips Drängen hin hatten sie den Raum desinfiziert und danach gesäubert.
Die bestellten Ersatzfenster sollten heute geliefert werden. Claremont hatte sich bitter über die Kosten beschwert, obwohl er sie von seinem Schwager, der eine Holzhandlung in Cambridge leitete, zum Selbstkostenpreis bezogen hatte. Es hatte ihn nur wenig besänftigt, daß die Brüder die Fenster selbst einsetzen wollten, so daß er die Kosten für die Handwerker sparen konnte.
Falls ihm der Umstand Vergnügen bereitete, daß der Wert des Gebäudes durch die Reparaturen stieg, so behielt er dies für sich.
Die Brüder hatten die verfaulten Dielenbretter herausgerissen und sie draußen auf den anwachsenden Schutthaufen gelegt. Das Metallgeländer der Stufen, die nach oben zum Heuboden führten, war durchgerostet und mußte ebenfalls erneuert werden. Es mußten Wände hochgezogen werden, z. B. für die Toilette, und Claremont hatte die nötigen Baugenehmigungen bekommen.
Die Tatsache, daß Cam diese Arbeit Spaß bereitete, daß er abends zumeist in ein sauberes Haus zurückkehrte, daß er eine hübsche Frau hatte, die bereit war, einen Tango mit ihm zu tanzen, wann immer die Zeit und die
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