Tief im Herzen: Roman (German Edition)
Umstände es erlaubten, machten ihn zu einem glücklichen Menschen.
Mann, der Junge hatte in letzter Zeit sogar seine Hausaufgaben gemacht – meistens jedenfalls. Er hatte den verhaßten Aufsatz eingereicht und hatte ohne Zwischenfall die Hälfte seiner Probezeit hinter sich gebracht.
Cam fand, daß ihn sein Glück in den letzten beiden Wochen verwöhnt hatte.
Was Phillip betraf, so waren dies die schlimmsten zwei Wochen seines Lebens gewesen. Er hatte sich kaum in seiner Wohnung aufgehalten, hatte sein liebstes Paar Schuhe von Magli eingebüßt, weil Foolish sich ihrer angenommen hatte, hatte kein einziges Vier-Sterne-Restaurant
von innen gesehen und nicht mal von fern den Duft einer Frau gerochen. Es sei denn, er zählte Mrs. Wilson aus dem Supermarkt dazu, doch das fiel ihm nicht im Traum ein.
Statt dessen regelte er Angelegenheiten, an die sonst keiner dachte, schwang den Hammer, bis er Blasen an den Händen bekam, und verbrachte seine Abende mit Nachdenken darüber, was aus seinem Leben geworden war. Und die Tatsache, daß Cam ein aufregendes Sexleben hatte, brachte ihn zusätzlich auf die Palme.
Als ihn das Dielenbrett, das er gerade hochhob, mit einem dicken Splitter im Daumen beglückte, stieß er einen deftigen Fluch aus. »Wieso haben wir bloß keine Zimmerleute angeheuert?«
»Weil du, als Hüter unserer Geldmittel, darauf hingewiesen hast, daß es so billiger würde. Und Claremont hat uns die erste Monatsmiete erlassen, wenn wir es selbst machen.« Cam nahm ihm das Brett ab, legte es auf den Boden und schlug den nächsten Nagel ein. »Du sagtest selbst, es sei ein gutes Geschäft.«
Mit zusammengebissenen Zähnen zog Phillip den Splitter heraus und lutschte an seinem schmerzenden Daumen. »Ich muß damals wahnsinnig gewesen sein.«
Er trat zurück, stemmte die Hände in die Hüften und schaute sich um. Er sah Schmutz, Dreck, Sägespäne, Abfallhaufen, Holzstapel und Plastikhüllen. Dies war nicht sein Leben, dachte Phillip erneut, als Cams Hammerschläge in den Takt des erdigen Rockbeat von Pete Seger einfielen, dessen Musik aus dem Radio dröhnte.
»Ich muß ja wahnsinnig gewesen sein. Dieser Bau ist eine Müllkippe.«
»Ja.«
»Dieses idiotische Geschäft wird unser gesamtes Kapital verschlingen.«
»Zweifellos.«
»In spätestens sechs Monaten sind wir pleite.«
»Schon möglich.«
Phillip griff mit finsterer Miene nach dem Krug mit dem Eistee. »Dir macht das überhaupt nichts aus.«
»Was kommt, das kommt.« Cam steckte seinen Hammer wieder an den Gürtel und holte sein Maßband heraus. »Dann stehen wir auch nicht schlechter da. Aber wenn wir es schaffen, wenn es nur eine Zeitlang gut läuft, haben wir, was wir brauchen.«
»Und das wäre?«
Cam nahm das nächste Brett, musterte die Länge und legte es auf den Holzbock. »Ein Geschäft, das Ethan leiten kann. Er heuert ein paar Teilzeitkräfte an – Fischer im Ruhestand – und baut drei oder vier Boote im Jahr.«
Cam hielt inne, um das Brett zu markieren und die Säge in Gang zu setzen. Späne flogen, und es herrschte fürchterlicher Lärm. Danach verfrachtete er das Brett an seinen Platz. »Ich helfe ihm von Zeit zu Zeit, und du regelst die geschäftliche Seite. Ich könnte pro Jahr ein paar Rennen einschieben und du die Verbraucher wieder mit flotten Spots an der Nase herumführen.« Er griff zu seinem Hammer. »Eitel Glück und Sonnenschein.«
Phillip kratzte sich am Kinn. »Du hast nachgedacht.«
»Richtig.«
»Und wann wird diese Rückkehr ins normale Leben deiner Meinung nach stattfinden?«
Cam wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. »Je schneller wir die Scheune in Schuß gebracht und hergerichtet haben, um so schneller kriegen wir das erste Boot fertig.«
»Was erklärt, warum du uns so angetrieben hast. Und was dann?«
»Ich habe genug Kontakte, um einen zweiten Auftrag an Land zu ziehen, und danach einen dritten.« Cam dachte an Tod Bardette – den Mistkerl –, der jetzt gerade eine Crew für den Eintonner-Cup zusammenstellte. Ja, Bardette konnte er ein Quinn-Boot aufschwatzen. Und es gab andere, viele andere, die bezahlen würden, gut bezahlen. »Mein Hauptbeitrag zu diesem Unternehmen werden
wohl Kontakte sein. Sechs Monate«, meinte er, »in sechs Monaten können wir es schaffen.«
»Montag fange ich wieder an zu arbeiten«, sagte Phillip, der auf einen Kampf gefaßt war. »Es geht nicht anders. Ich werde eine Verabredung treffen, daß ich nur von Montag bis Donnerstag in
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