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Tiere essen

Tiere essen

Titel: Tiere essen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
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Füße abschneiden. »Wenn da noch welche zum Leben erwachen«, sagt ein Schlachtbahnarbeiter, »dann sieht das aus, als ob sie die Wände hochlaufen wollten … wenn sie zu den Fußschneidern kommen, na ja, die wollen natürlich nicht warten, bis irgendwer herkommt und das Rind noch mal schießt. Also schneiden sie mit ihren Zangen einfach die Unterbeine ab. Und wenn sie das tun, dann werden die Rinder richtig wild und treten in alle Richtungen.«
    Danach wird das Tier komplett enthäutet, ausgenommen und »gespalten«, also in zwei Hälften zerteilt. Jetzt endlich sieht es aus, wie man sich ein geschlachtetes Rind vorstellt – Rinder-hälften, die gespenstisch reglos in Kühlräumen hängen.

6.
Vorschläge
    IN DER GAR NICHT SO FERNEN VERGANGENHEIT der amerikanischen Tierschutzorganisationen standen sich die wenigen, aber gut organisierten, die für Vegetarismus eintraten, und jene Mehrheit, die eine sorgfältige Lebensmittelwahl propagierte, eher unversöhnlich gegenüber. Die Allgegenwart von Massentierhaltung und Industrieschlachtung hat die einstmals breite Kluft zwischen Gruppen wie PETA, die für eine vegane Lebensweise eintritt, und der HSUS, die zwar nett von Veganern redet, aber vor allem an der Verbesserung des Tierschutzes arbeitet, deutlich schmaler werden lassen.
    Unter all den Viehzüchtern, die ich im Lauf meiner Recherchen kennengelernt habe, hat Frank Reese eine ganz besondere Stellung. Und das aus zwei Gründen: Zunächst mal ist er der einzige von ihnen, der auf seinem Hof tatsächlich nichts offensichtlich Grausames tut. Er kastriert keine Tiere wie Paul, brandmarkt nicht wie Bill. Wo andere Landwirte sagen: »Das müssen wir tun, um überleben zu können«, oder: »Die Verbraucher verlangen das von uns«, ist Frank große Risiken eingegangen (würde sein Betrieb Bankrott machen, hätte er kein Zuhause mehr). Seine Kunden hat er dazu erzogen, Essgewohnheiten zu ändern (seine Vögel müssen länger gebraten werden, sonst schmecken sie nicht richtig, sie haben auch mehr Aroma, weshalb man sie in Suppen und zahlreichen anderen Gerichtensparsamer einsetzen kann. Er hält auch Rezepte bereit und gelegentlich kocht er sogar für seine Kunden, um sie wieder mit alten Zubereitungsmethoden vertraut zu machen). Seine Arbeit erfordert enorme Empathie und enorme Geduld. Und sie ist nicht nur von moralischem Wert, sondern auch von ökonomischem: Die neue Generation von Allesessern verlangt von ihren Produzenten echten Tierschutz.
    Frank ist außerdem einer der ganz wenigen Farmer, die ich kenne, dem es gelungen ist, das Erbgut gefährdeter Geflügelras sen zu bewahren (er ist der erste und einzige Geflügelzüchter in den USA , dem das USDA erlaubt hat, seine Vögel als »alte Nutztierrasse« zu bezeichnen). Diese Arbeit ist unglaublich wichtig, denn das mit Abstand größte Hindernis auf dem Weg zu tolerierbaren Hühner- und Putenmastbetrieben ist die Tat sache, dass alle Geflügelfarmen ihren Nachwuchs von industriellen Brütereien beziehen müssen – andere gibt es im Grunde nicht. Fast alle im Handel erhältlichen Vögel sind unfähig zur Fortpflanzung, und man hat ihnen ernstliche Gesundheitsprobleme ins Erbgut manipuliert (die Hühner, die wir essen, sind genau wie die Puten »Sackgassentiere« – sie sind so konstruiert, dass sie nicht lange genug leben, um sich fortzupflanzen). Weil ein Durchschnittshof keine eigene Kükenzucht betreiben kann, sorgt die konzentrierte Industriekontrolle über das genetische Material dafür, dass kein Farmer, kein Tier aus dem industriellen Agrarsystem ausbrechen kann. Abgesehen von Frank müssen sich eigentlich alle kleineren Geflügelzüchter – sogar die wenigen guten, die sich das Erbgut alter Rassen etwas kosten lassen – die Vögel, die sie jedes Jahr großziehen, mit der Post von Brutfabriken schicken lassen. Man kann sich leicht vorstellen, dass der Kükenversand per Post aus Tierschutzsicht höchst problematisch ist, doch das ist bei den Haltungsbedingungen der Eltern und Großeltern dieser Küken noch viel mehr der Fall. Auf solche Brütereien zurückgreifen zu müssen, wo das Tier-wohl ebenso mit Füßen getreten wird wie in den schlimmsten Mastfabriken, das ist die Achillesferse vieler ansonsten hervor ragender Geflügelproduzenten. Darum sind Franks alte Rassen und sein Können als Züchter so wichtig, denn kaum ein anderer ist in der Lage, eine Alternative zur industriellen Geflügelhaltung zu schaffen.
    Doch wie so viele Farmer, die lebende

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