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Tiffany Duo Band 0162

Tiffany Duo Band 0162

Titel: Tiffany Duo Band 0162 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raeanne Thayne
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weit genug hochzuschieben, dass sie etwas sehen konnte.
    Das fröhliche Kindergeschrei, von dem sie umgeben waren, schien sich schlagartig zu entfernen.
    Alles, was sie hörte, war ihr entsetztes Keuchen.
    Auf Coreys Rücken sah sie, eingebettet in rote nässende Pusteln, eine scheußlich entzündete, sechs bis sieben Zentimeter lange Brandwunde, die sie an die Brandzeichen erinnerte, mit denen die Rancher in Wyoming ihre Rinder kennzeichneten.
    Sarah drehte sich fast der Magen um. Du großer Gott! Wie konnte man einem Kind so etwas antun?
    “Wer hat das gemacht?”, fragte sie, nachdem sie endlich ihre Stimme wiedergefunden hatte.
    Der Junge presste die Lippen aufeinander und wich ihrem Blick aus. Obwohl ihre Hand zitterte, legte sie sie ihm fest auf die Schulter. Als sie sprach, klang ihre Stimme vor Zorn hart und angespannt. “Antworte mir, Corey. Wer hat dir das angetan?”
    Doch sobald sie die Worte ausgesprochen hatte, wurde ihr klar, dass sie einen ganz und gar falschen Ton angeschlagen hatte. Deshalb nahm sie jetzt ihre Hand weg, schob sie in ihre Jackentasche und fuhr wesentlich sanfter fort: “Sweetheart, du musst es mir sagen. Wer war das?”
    “Niemand”, sagte er schließlich. Seine Stimme klang dünn und heiser, doch sie wusste nicht, ob es von seiner Krankheit oder von seiner Angst kam. “Ich … ich hab es selber gemacht.”
    Sie starrte ihn fassungslos an. “Was?”
    “Na ja … zusammen mit einem Freund.”
    War es möglich, dass er die Wahrheit sagte? Sie hatte von Kindern mit ernsten psychischen Störungen gelesen, die selbstzerstörerisch waren. Die ihren Kopf gegen die Wand rammten, sich büschelweise die Haare herausrissen oder sich Schnittwunden zufügten. Sie wusste, dass körperlicher Schmerz manchmal eine Erleichterung sein konnte für Kinder, die nicht wussten, wie sie mit ihrem seelischen Schmerz umgehen sollten.
    Vielleicht war Corey ja viel gestörter, als sie alle angenommen hatten.
    Gütiger Himmel! Nichts in ihrer Ausbildung hatte sie auf so etwas vorbereitet. Sie hätte ihn am liebsten in den Arm genommen und festgehalten, aber sie hatte Angst, etwas falsch zu machen. Vielleicht sollte sie das lieber einem erfahrenen Psychologen überlassen.
    “Warum solltest du dir so etwas antun?”, fragte sie leise.
    “War gar nicht so schlimm.”
    Er log. Sie konnte es in seinen Augen sehen. Es musste schrecklich wehgetan haben – die Narbe war immer noch rot und entzündet.
    “Warum, Corey?”
    Er zuckte die Schultern, schaute ins Gras. “Na ja … weil meine Mom mir verboten hat, dass ich mir ein Tattoo machen lasse.”
    “Ein … ein Tattoo?”
    “Ja, eins mit meinem Namen, aber sie hat es nicht erlaubt, deshalb hab ich ein
S
für Sylvester genommen.”
    “Wie?” Ihre Stimme klang genauso heiser wie seine. “Wie hast du es gemacht?”
    Corey schaute immer noch ins Gras. “Das machen doch viele, und wir fanden es cool. Wir haben eine große Büroklammer zu einem S verbogen und über eine Flamme gehalten und so. Aber Sie erzählen es doch nicht meiner Mom weiter, oder?”
    Wieder schwappte eine Welle von Übelkeit über sie hinweg. Der Junge war erst zehn und verstümmelte sich selbst, damit er ‘cool’ wirkte. Und dann machte er sich Sorgen, dass sie es seiner Mutter weitererzählen könnte. Vorausgesetzt, dass es tatsächlich so und nicht ganz anders war!
    Die Pausenglocke schellte. Sarah bemerkte aus den Augenwinkeln, dass sich ihre Schüler vor der Schultür anstellten. Sie würden eine Weile ohne sie zurechtkommen müssen, zumindest bis sie Ginny Garrett angerufen hatte.
    “Du musst zu einem Arzt, Corey.”
    “Wegen den Windpocken?”
    “Und wegen … wegen dem, was du getan hast. Es sieht aus, als ob es sich entzündet hätte.”
    “Dann erfährt es meine Mutter. Und Seth auch.”
    “Ich kann das nicht geheim halten, Corey. Wirklich nicht. Es wäre nicht richtig. Ich muss es ihnen erzählen.”

7. KAPITEL
    Corey war das erste von sechs Kindern, die sich in Sarahs Klasse mit Windpocken ansteckten.
    Gestern Abend hatte Sarah beschlossen, heute – am Samstag – ihre erkrankten Schüler zu besuchen, um ihnen ein paar Bücher und Spiele vorbeizubringen, damit ihnen die Zeit im Bett nicht allzu lang wurde.
    Bei Corey, den sie ebenso besuchen wollte, ging es ihr hingegen nicht so sehr darum, seine Langeweile zu vertreiben, sondern zunächst überhaupt wieder etwas Land bei dem Jungen zu gewinnen – immerhin hatte sie seiner Mutter und auch Jesse von dem

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