Tiffany Duo Band 0162
Türen und Fenster verschlossen waren, da sah ich draußen eine Bewegung. Ich dachte erst, es sei eine Katze oder irgendetwas, aber dann … dann sah ich einen Mann dort stehen.”
“Wo dort?”
“Vor der Veranda.” Sarah runzelte die Stirn. “Noch genauer gesagt direkt am Fuß der Treppe.”
“Konnten Sie ihn erkennen?”
“Nein. Dafür war es zu dunkel. Ich habe nur einen Schatten gesehen.”
“Kam er Ihnen groß oder klein vor? War er so groß wie ich?”
Ihr Blick huschte wieder zu ihm, dann schaute sie auf ihre Hände. “Er erschien mir riesig”, sagte sie mit leiser gepresster Stimme. “Aber ich weiß es wirklich nicht. Ich hatte so Angst, dass ich keinen klaren Gedanken fassen konnte.”
“Dann mache ich bei der Größe also ein Fragezeichen.”
“Vielleicht bilde ich mir das alles ja auch nur ein. Es tut mir so leid, dass ich Sie gerufen habe.”
Jesse dachte an die alte Mrs Lehman und ihre außerirdischen Besucher. “Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich mich gern mal kurz umsehen”, sagte er. “Denn wenn Sie sagen, dass jemand versucht hat, hier einzubrechen, glaube ich Ihnen.”
Bei seinen Worten entspannte sich Sarahs Gesicht ein bisschen, und ihre Augen wurden feucht und groß, als würde sie gleich anfangen zu weinen. “Danke”, sagte sie leise. “Aber wenn Sie nichts finden, werde ich mir trotzdem immer noch lächerlich vorkommen.”
“Machen Sie sich darum keine Sorgen. Ruhen Sie sich einfach ein bisschen aus, trinken Sie eine Tasse Kaffee oder sonst etwas, und in ein paar Minuten bin ich wieder zurück.
Sie nickte. “Aber seien Sie vorsichtig, ja?”
Ihre Besorgnis rührte ihn. Verdammt, wie sollte er einen professionellen Abstand zu ihr einhalten, wenn sie solche Sachen sagte, bei denen ihm seltsam warm ums Herz wurde?
Er konnte sich nicht erinnern, wann sich zum letzten Mal jemand Sorgen um ihn gemacht hatte. Seine Familie liebte ihn, das wusste er, aber ihr war schon vor langer Zeit klar geworden, dass er sehr gut allein auf sich aufpassen konnte.
Keineswegs so sicher, ob ihm dieses neue Gefühl behagte, ließ Jesse Sarah vor ihrem leeren Kamin sitzen und ging hinaus in die nasse Nacht.
Als er zurückkehrte, konnte Sarah ihm ansehen, dass er nichts gefunden hatte.
Hatte sie sich alles nur eingebildet? Hatte sie wieder einmal einen dieser verdammten Erinnerungen gehabt und irgendwie Albtraum und Wirklichkeit verwechselt?
Es musste so sein. Was für eine Erklärung konnte es sonst geben? Nur eine einzige: Sie hatte Gespenster gesehen.
Sarah wusste nicht, ob sie eher auf sich selbst wütend sein oder sich schrecklich schämen sollte. Nach heute Abend und dem Vorfall auf ihrer Veranda vor zwei Tagen hielt Jesse sie wahrscheinlich für total ausgeflippt und paranoid.
Und plötzlich wünschte sie sich brennend, diesem Mann von ihrem Leben davor erzählen zu können. Als sie noch unterhaltsam und abenteuerlustig und ganz gewesen war. Als sich die Menschen noch von ihr angezogen gefühlt hatten wie von einem Eisladen an einem heißen Sommertag.
Als sie noch keine Fremden im Dunkel hatte lauern sehen und auch keine Panik bekommen hatte, wenn ein Mann sie anfasste. Als sie sich noch nicht stundenlang unter die Dusche gestellt und abgeschrubbt hatte und trotzdem immer noch das Gefühl hatte, nicht richtig sauber zu sein.
“Sie haben nichts gefunden”, sagte sie, und es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
“Nur einen Fußabdruck in der Erde. Sonst nichts.”
“Es tut mir leid.” Sie verschränkte fest ihre Finger und wünschte sich, auf der Stelle im Boden zu versinken. “Sie müssen mich für völlig daneben halten.”
Er grinste. “Ganz und gar nicht, Sweetheart. Sie haben mich nicht angerufen, um mir zu berichten, dass Sie kleine grüne Männchen in Raumschiffen gesehen haben.”
“Nein. Nur Gespenster.”
“Sarah, wenn Sie denken, da draußen einen Mann gesehen zu haben, dann glaube ich Ihnen. Nur weil ich außer einem Fußabdruck nichts gefunden habe, heißt das noch lange nicht, dass niemand da war. Vielleicht war es ja ein Spanner, der gehofft hat, irgendwo einen offenen Vorhang zu finden.”
Bei der Vorstellung, dass sie jemand ohne ihr Wissen beobachtete, konnte sie es nicht verhindern, dass es ihr kalt den Rücken hinunterlief.
Jesses scharfen Polizistenaugen entging ihre Reaktion nicht. “Aber wahrscheinlich ist es nichts, worüber Sie sich Sorgen machen müssten”, versicherte er ihr. “Ich werde für eine Weile eine
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