Tiffany Extra Band 03
hohen runden Podeste auszupacken, die Royce mit schwarzem Samt verkleiden und dann als Ständer für seine Kreationen benutzen wollte.
„Also …“, begann Kaia, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass die Dekorateure außer Hörweite waren, „… was ist mit den Armbändern? Warum hast du sie dir nicht einfach von Casper bezahlen lassen?“
„Wir konnten uns nicht auf einen Preis einigen.“ Wie interessant, dass er auf einmal ohne eine Spur von britischem Akzent sprach.
„Ja, das habe ich vermutet. Wie geht die Geschichte?“
„Die Armbänder sind Trauerschmuck.“ Er schaute sie flüchtig an. „Schmuck, in den das Haar des Verstorbenen eingearbeitet ist.“
„Ja, ich weiß.“
„Der Wert liegt eher im Ideellen als im Material“, erklärte Royce. „Da ich in diesem Fall Silber und Türkise aus echtem Indianerschmuck verarbeitet habe, ist er auch historisch wertvoll. Hast du die Fotos gesehen?“
Sie nickte.
„Die Markierungen stellen eine Familiengeschichte dar.“ Er hörte auf zu hantieren und begegnete ihrem Blick. „Die meiner Familie.“
„Oh.“ Kaia atmete tief durch. „Wie zum Teufel ist Tina Nazario an deine Familiengeschichte bekommen? Und warum hast du überhaupt etwas mit ihr zu tun?“
„Sprich leiser!“ Royce schaute sich hektisch um, aber die Dekorateure und Floristen waren in ihre eigene Welt versunken. „Ich kann es mir nicht leisten, Tina Nazario zu verprellen.“
„Mit solchen Freunden …“
Royce seufzte. „Komm schon, Kaia. Du weißt, wie es läuft.“
„Oh ja.“
„Ich würde nicht nur Tina als Kundin verlieren, sondern auch ihr gesamtes gesellschaftliches Umfeld.“ Er machte eine ausholende Handbewegung. „Siehst du nicht, was sie für mich tut?“
„Ist das ihre Art, für die Armbänder zu bezahlen? Wobei du mir immer noch nicht erklärt hast, wie sie an sie herangekommen ist.“
„Ich habe sie an eine Ausstellung verliehen, auf der indianischer Schmuck präsentiert wurde. Dann kamen die Fotografen und wollten Bilder von Tina mit den Armbändern.“
„Da hast du sie die Fotos machen lassen, und Tina tanzte mit den Armbändern davon?“
„Ich habe aufgepasst. Ich habe sie die ganze Zeit beobachtet. Bis immer mehr Leute die Armbänder aus der Nähe sehen wollten. Da habe ich Tina in der Menge aus den Augen verloren. Plötzlich war sie fort.“
„Und was geschah, als du um die Rückgabe des Schmucks gebeten hast?“
„Ich sollte herkommen und ihn abholen. Dabei wurden mir zwei zeitgenössische Armbänder präsentiert. Sie ähnelten nicht einmal meinem Design.“ Royce machte ein verächtliches Gesicht. „Tina war inzwischen außer Landes.“
„Nett. Und weiter?“
„Sie hat sich schon öfter Schmuck geliehen, und Mr Nazario hat meine Rechnung immer bezahlt.“
Kaia nickte. „Aber diesmal ist es anders. Ich bin plötzlich hoch motiviert.“ Komisch, dass man es „leihen“ nannte, wenn Tina sich etwas nahm, was ihr nicht gehörte, bei Kaia dagegen von „stehlen“ sprach.
„Ich werde ewig in deiner Schuld stehen.“ Die Art, wie Royce das sagte, verriet, dass er es wirklich ernst meinte.
Es war eine gute Geschichte, und Royce schien zu glauben, dass das alles war. Doch Casper ließ eine hohe Summe springen und hatte sich ausgerechnet an Kaia gewandt. Wie kam er darauf, dass er ihr trauen konnte, nachdem sie durch seine Falschaussage im Gefängnis gelandet war?
Es musste noch mehr dahinterstecken.
Kaia schüttelte die Samttücher aus. „Die sind zerknittert. Hast du ein Bügeleisen?“
„Ja. Oh, bitte sprüh nicht zu viel Wasser auf.“ Royce sprach nun wieder mit britischem Akzent. „Den Stoff nur leicht aus einiger Entfernung einnebeln.“
Kaia verdrehte die Augen, schnappte sich das Bügeleisen und den Stoff und ging ans andere Ende des Saals.
Dort steckte sie den Kopf durch die Tür zum angrenzenden Raum. Laut Plan handelte es sich um ein Arbeitszimmer. Dunkles Holz, schwerer Schreibtisch. Zu maskulin für Tina, also musste es Caspers Büro sein. Auf der anderen Seite des Raums waren Flügeltüren. Es war immer gut zu wissen, wo sich die Ausgänge befanden. Mit dem Dampfbügeleisen in der einen Hand und dem Stecker in der anderen, so als ob sie nach einer Steckdose suchte, trat Kaia ein und ging rasch zu den Türen. Durch die Scheiben sah sie, dass Arbeiter eine Plane über der Einfahrt anbrachten und ein Mann vom Sicherheitsdienst eine Kamera an ein Verlängerungskabel anschloss. Prima. Blake hatte an alles gedacht.
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