Tiffany Extra Band 03
gekommen waren, um sie aufzusuchen.
„Wie kannst du so leben?“ Ihr Vater schaute sich in dem engen Raum um.
„Sie kann es nicht. Das ist der Grund, weshalb sie drei Tage lang nicht hier gewesen ist“, warf ihre Mutter ein.
Kaia richtete sich mit einem Sport-BH in der Hand auf; es war das einzige saubere Wäschestück, das sie in der Schublade gefunden hatte. „Habt ihr mir nachspioniert?“
„Nein“, leugnete ihr Vater, während ihre Mutter zur selben Zeit Ja sagte.
„Louisa, es ist kein Spionieren, wenn man um das Wohl seiner Tochter besorgt ist.“
Ihre Mutter ignorierte ihn. „Du warst nicht bei Roy Dean, um nach Nachrichten für dich zu fragen.“
„Er nennt sich jetzt Royce“, erinnerte Kaia sie, wenngleich sie wusste, dass er für ihre Eltern immer Roy Dean bleiben würde.
Sie stopfte den BH zusammen mit ihrer letzten sauberen Jeans in ihren Rucksack. Die meisten ihrer Sachen befanden sich im Wäschesack. Kaia schnürte ihn zu und nahm sich vor, ihn später mitzunehmen. Sie konnte in Blakes Waschsalon waschen. „Die meisten Eltern rufen einfach an oder schicken eine E-Mail, wenn sie mit ihren Kindern in Kontakt treten wollen. Sie geben keine Nachrichten über einen Mittelsmann weiter.“
Die meisten Kinder hatten allerdings auch keine Juwelendiebe als Eltern.
„Wir ziehen es vor, möglichst nicht im Netz aktiv zu sein.“
Erzählt mir etwas Neues. Offen begegnete Kaia dem finsteren Blick ihres Vaters. „Ich habe keinen Grund, nicht ins Netz zu gehen.“ Das war sowieso unvermeidlich, da sie sich am Brooklyn College eingeschrieben hatte. „Und so wird es auch bleiben.“ Letzteres fügte sie für den Fall hinzu, dass die beiden hier waren, um sie zu einem gemeinsamen Coup zu überreden.
Sie wurden älter, auch wenn das Haar ihrer Mutter immer noch so schwarz war wie Kaias, ohne dass sie es färben musste. Aber seit dem Sturz ihrer Mutter vor einigen Jahren war Kaia diejenige gewesen, die an Fassaden hochgeklettert und durch Lüftungsschächte gerutscht war.
Bis sie alt genug gewesen war, Nein zu sagen und von zu Hause auszuziehen.
Während sie ihren Laptop und Unterrichtsmaterial im Rucksack verstaute, merkte sie, wie ihre Eltern einen langen Blick austauschten.
„Kommst du finanziell zurecht?“, fragte ihr Vater.
„Ja, gut.“ Mehr als gut.
„Wir haben von dem Job gehört“, sagte ihre Mutter und schaute rasch nach links und rechts in den Flur.
„Ja. Anscheinend habe ich Talent zur Schmuckverkäuferin. Wer hätte das gedacht?“
„Wir reden nicht über deinen Studentenjob im Einkaufszentrum.“ Ihr Vater langte übers Bett und tippte an den kleinen Stein unter ihrem T-Shirt.
Mist, dachte Kaia. Sie hatte gehofft, dass ihre Eltern die Kette nicht bemerken würden.
„Roy Dean erwähnte einen Diamanten“, fügte ihr Vater hinzu.
„Royce“, betonte Kaia, „redet zu viel.“ Ohne Aufforderung zog sie die Goldkette unter dem T-Shirt hervor.
Ihr Vater nahm den Anhänger in die Hand. Kaia wusste, dass er mit einem einzigen Blick Reinheit, Gewicht und Farbe abschätzte.
„Interessanter Riss, betont durch den Navetteschliff. Wie ein Katzenauge. Ein Katzenauge für eine Juwelendiebin, die wie eine Katze klettern kann. Wie passend.“ Er ließ den Anhänger fallen und wurde durch ihre Mutter abgelöst, die herüberhumpelte, um selbst einen Blick auf den Stein zu werfen.
Kaia verdrehte die Augen, zum einen wegen des Verfolgungswahns der beiden und zum anderen, weil ihre Mutter so übertrieben hinkte.
„Ich hab das gesehen“, sagte ihr Vater, ohne sie anzuschauen.
Ihre Mutter starrte auf den Anhänger und dann in Kaias Gesicht. „Den hast du nicht aus deinem lausigen kleinen Schmuckladen.“
„Ich habe ihn geschenkt bekommen.“
„Nicht von deinem Freund“, stellte ihre Mutter unmissverständlich fest.
Kaia war nicht überrascht, dass sie von Blake wussten. „Nein.“
„Von Casper Nazario?“, fragte ihr Vater.
Sie schnappte nach Luft. Jetzt hatten sie sie doch überrascht. „Ich …“
„Weiß er, dass du ihn hast?“, unterbrach ihre Mutter sie.
„Natürlich. Er hat ihn mir gegeben.“
Ihre Eltern tauschten wieder die Plätze.
„Als Bezahlung? Für einen Job?“ Ihr Vater wirkte jetzt ehrlich besorgt.
Was glaubte er? „Ja! Ich meine, nein, für den Job hat er mich mit Geld bezahlt. Dies war etwas anderes. Ein Bonus, weil er froh darüber war, dass alles geklappt hatte.“
Der Mann mit dem silbrigen Haar war fast außer sich vor Freude gewesen.
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