Tiffany Sexy Band 73
kannst du es ruhig ausspucken.“ Jamie nahm die Zeitung und schlug sie auf, ohne Roni aus den Augen zu lassen. Kaum hatte sie das oberste Blatt glatt gestrichen, entriss Roni sie ihr und versteckte sie auf ihrem Schoß unter dem Schreibtisch.
„Honoria hat gesagt, dass sie zuerst mit dir sprechen will.“
„Worüber?“
„Keine Ahnung, ich weiß es nicht mehr.“ Nervös stand Roni auf, beugte sich über den Tresen und rief: „Honoria! Jamie ist da!“
Als hätte ihre Komplizin das nicht längst bemerkt. Jamie seufzte. „Ich kann nur hoffen, dass es sich nicht um eine vorgezogene Geburtstagsüberraschung handelt.“ Nein, dachte sie, denn dann wäre Mom mit hereingekommen.
Roni sah sie an, wobei ihre braunen Rehaugen sich weiteten. „Wenn es eine Überraschungsparty gibt, weiß ich nichts davon. Dies ist jedenfalls keine. Honoria! Beweg endlich deinen Hintern her!“
Ihr Geburtstag war erst in zwei Wochen, aber natürlich würden sie über die bedeutungsvolle Tatsache, dass sie dreißig und damit zur alten Jungfer wurde, nicht einfach hinweggehen, dessen war Jamie sich sicher.
Honoria tauchte aus dem Aktenzimmer auf und hielt die Patientenakten, die sie an diesem Vormittag benötigten, gegen ihre üppigen Brüste gepresst. Sie sah Roni wütend an, weil die nicht allein zurechtkam. Anscheinend hatten die beiden keine Zeit gehabt, ihre Geschichte aufeinander abzustimmen. Was immer sie vorhaben, es wird warten müssen, dachte Jamie, denn sie war hungrig. „Ich gehe in den Pausenraum und frühstücke. Holt mich, wenn ihr euch einig seid, wie ihr mir das beibringt, was ich eurer Meinung nach nicht wissen darf.“
Sie nahm ihren Kaffee und griff nach der Zeitung, die Roni immer noch festhielt. „Ich brauche meine Morgennachrichten, das wisst ihr genau.“
Honoria nickte mit ausdrucksloser Miene. Allmählich verlor Jamie die Geduld. „Was ist hier los, Leute?“
„Du willst heute lieber keinen Blick in die Zeitung werfen“, sagte Honoria und nahm die neueste Ausgabe des O Magazine von ihrem Aktenstapel – sie verehrte Oprah Winfrey wie eine Göttin. „Hier, lies stattdessen Oprah. Die hat lauter aufheiternde, positive Sachen zu sagen.“
Das bedeutete, es handelte sich bei dem, was in den Reeves County News stand, um schlechte Nachrichten. Jamie überlegte rasch. Ihrer Mutter ging es gut. Dr. Griñon war noch nicht da, aber falls dem Kinderarzt etwas zugestoßen wäre, würden die beiden es ihr nicht verschweigen. Mit den Familien der Kolleginnen musste auch alles in Ordnung sein, sonst wären sie nicht hier.
Familie. Ihr Vater. Er gehörte seit zehn Jahren nicht mehr zu ihrem Leben, seit ihrem neunzehnten Lebensjahr. Es war seine Entscheidung gewesen, aus ihrem Leben zu verschwinden, sie und ihre Mutter zu verlassen, die danach allein mit den Dingen, die zu bewältigen er nicht die Kraft besessen hatte, fertig werden musste. Das hieß aber nicht, dass schlechte Nachrichten ihn betreffend nicht wehtun würden.
„Geht es um meinen Dad?“ Im selben Moment wusste sie, dass das nicht der Fall war, denn ihre Mutter hätte es ihr erzählt, wenn Steven Monroe etwas zugestoßen wäre. Damit blieb nur noch … diese andere Geschichte übrig.
Jamie wartete. Diesmal würde sie kein Nein akzeptieren. Roni tauschte einen traurigen Blick mit Honoria und rückte zögernd die zerknüllte Zeitung heraus.
Wenn ihre Freundinnen es ihr vorenthalten wollten, konnte nur eines passiert sein. Sie wollten verhindern, dass sie es erfuhr, das würde sie früher oder später ohnehin, sie wollten nicht, dass alte Wunden wieder aufrissen.
Nur wussten ihre Freundinnen nicht, dass diese Wunden nie richtig verheilt waren.
Jamie hielt die Zeitung umklammert und sah von Honoria zu Roni, während sich ihre Augen mit Tränen füllten und ihre Kehle wie zugeschnürt war. „Man hat die letzte Leiche gefunden, stimmt’s?“
Die Mienen ihrer Kolleginnen verrieten Mitgefühl und Angst. Jamies Hände fingen an zu zittern, und ihr Magen zog sich zusammen, als die beiden nickten. Honoria liefen Tränen über die Wangen, Roni gab einen Schluchzer von sich.
Sie hatte keine der beiden Frauen zum Zeitpunkt der Morde gekannt, da sie und ihre Mutter erst kurz danach nach Weldon in West Texas gezogen waren. Außer ihren Eltern und den ermittelnden Polizisten kannte niemand die Einzelheiten. Nicht einmal die Familien der Opfer, die gestorben waren, oder die Familie des einen Opfers, das verschleppt worden war.
Auch sie gehörte zu den
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