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Tijuana Blues

Tijuana Blues

Titel: Tijuana Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Trujillo Muñoz
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Navejas?«
    »Das war 1961 während der Kubakrise. Der Typ hat sich mitten auf den Grenzübergang mit einem Schild gestellt, auf dem stand: Cuba libre. Yanquis, go home. Wie man es kennt, oder?«
    »Und deswegen haben sie ihn verschwinden lassen?«
    »Nein. Am Tag darauf ist er über den Zaun des amerikanischen Konsulats in Mexicali geklettert. Das war in der Colonia Nueva, damals das exklusivste Gebiet in diesem Kaff, wie du weißt. Dann hat er einen Molotowcocktail geworfen, der aber nicht explodiert ist. Ich weiß nicht, wie der Zwischenfall genau verlaufen ist, aber das erwies den Behörden zufolge Navejas Wahnsinn. Sie schickten ihn nach Hermosillo in eine psychiatrische Klinik. Nach drei Monaten gelang ihm die Flucht. Er kehrte nach Mexicali zurück, und als die judiciales ihn aufgespürt hatten, stürzten sie sich auf ihn. Es gab Zeugen, aber die Polizei von Baja California hat immer abgestritten, ihn verhaftet zu haben. Man hat nie mehr etwas von ihm gehört.«
    »Also noch einer, der nicht in Frage kommt. Und Edmundo Burruel?«
    Morgado ging die Papiere durch. »Das ist der älteste Fall mit den wenigsten Informationen. Es geschah im Dezember 1955. Es gab einen Schusswechsel in der Nähe der Grenze, als ein Tagelöhner versuchte, sie zu überqueren. Und das Seltsame ist: Die Zeugen behaupten, er sei aus den Vereinigten Staaten geflohen. Die mexikanische Polizei behauptete das Gegenteil. Der Tagelöhner wurde auf mexikanischem Gebiet verwundet und schaffte es, ein Taxi zu nehmen, das ihn bei einer Privatklinik absetzte. Der Taxifahrer meldete das bei der Polizei. Die Polizisten nahmen die Klinik hoch und holten den Verwundeten aus der Notaufnahme. Das ist das Letzte, was man von ihm weiß. Ein Arzt gab seinen Angehörigen Bescheid. Der Verhaftete war Edmundo Burruel, aus dem ›Rat für Untergrundaktivitäten und ideologische Förderung der Kommunistischen Partek«
    »Der auch nicht, oder?«
    Morgado schüttelte den Kopf. »Diese Zeitungen sind wie Gemeindeblättchen. Sie schreiben nur über das, was Gott ihnen befohlen hat.«
    »Und Gott war der Herr Gouverneur.«
    »Nicht mehr und nicht weniger.«
    »Und diese drei Namen sind dir bei deinen Recherchen nirgendwo begegnet?«
    »Nein. Dir?«
    »Auch nicht … na ja … warte … Der Name Burruel ist mir irgendwo untergekommen, aber nicht auf der Seite mit den allgemeinen Nachrichten.«
    »Vielleicht bei den Polizeinachrichten?«
    »Ich weiß nicht. In irgendeiner anderen Rubrik. Aber wo? Wo?«
    Morgado lächelte, als er den Biker mit dem mehrfachen Bruch so hochkonzentriert sah.
    »Hier«, sagte Jimmy triumphierend.
    Es war der Gesellschaftsteil vom 19. Januar 1956. Es handelte sich um eine Danksagung der Familie Burruel Castellanos ›Für die Anteilnahme zum schmerzlichen Hinscheiden unseres geliebten Mannes und Vaters‹.
    »Fällt dir nichts auf?«, fragte Morgado.
    »Wie?«
    »Kein Kreuz. Kein mitleidender Christus. Keine Anspielung auf Gott, die Jungfrau von Guadalupe oder die Heiligen.«
    »Er war also doch Kommunist.«
    Morgado nickte und sah sich die Seite neugierig an. Die Danksagung nahm ein Rechteck ganz oben rechts auf der Seite ein. Ganz links oben war eine Anzeige der Klinik Auxilio Perpetuo. Ihr Direktor, der angehende plastische Chirurg Servando Islas, gab den kürzlichen Erwerb eines neuen Röntgenapparates bekannt, den er der Gemeinschaft von Baja California zur Verfugung stellte. Die Anzeige der Klinik war eigenartig. Großbuchstaben standen dort, wo sie nicht hingehörten.
    »Stell dir vor, das könnte eine Chiffre sein«, sagte Morgado.
    »Eine geheime Botschaft. Willst du das damit sagen?«
    »Ja. Ein Hinweis für bestimmte Augen.«
    Der Anführer der Cuervos lachte auf. »Wer hält sich hier für James Bond?«
    »Und wenn es so ist«, fuhr Morgado ungerührt fort, »dann steht da wirklich in der Anzeige: ›Paket in Sicherheit‹«
    »Sicher, dass es das heißt?«
    »Lies selbst.«
    Und Jimmy kam zu demselben Ergebnis.
    »Dann war es ein Spionagefall. Und? Das heißt noch lange nicht, dass diese Botschaft mit unserem Schädel zu tun hat.«
    Morgado war sich sicher, aber er schaute erst den Montblanc-Füller an, bevor er antwortete. »Aber das ändert die Sachlage. Und umso mehr, wenn du berücksichtigst, dass Burruel 1955 verschwunden ist, aber die Nachricht über seinen Tod erst 1956 bekannt wurde.«
    »1956. Dein Jahr.«

15
     
    Am Nachmittag schrieb der Rechtsanwalt seinen Bericht zur Lage der Migranten bei der Durchquerung des

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