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Timbuktu

Timbuktu

Titel: Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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deutlich und geschmeidig formulierte wie nur irgendein Zweibeiner in seinem Menschisch.
    »Na, das zum Beispiel«, sagte Willy.
    »Was denn?« fragte Mr. Bones, der kein Wort verstand.
    »Was das?«
    »Was du jetzt gerade tust.«
    »Ich tue gar nichts. Ich liege nur hier mit dir im Sand.«
    »Aber du sprichst doch mit mir, oder?«
    »Kommt mir auch so vor und hört sich auch so an, aber das heißt noch nicht, daß ich es wirklich tue.«
    »Und was, wenn ich dir sage, daß du wirklich sprichst?« »Keine Ahnung. Ich denke, ich würde aufstehen und ein Freudentänzchen hinlegen.«
    »Na, dann fang mal an zu tanzen, Mr. Bones. Und wenn die Zeit gekommen ist, brauchst du dir keine Sorgen zu machen.«
    »Welche Zeit, Willy? Wovon redest du überhaupt?«
    »Deine Zeit, nach Timbuktu zu gehen.«
    »Soll das heißen, daß Hunde dort zugelassen sind?«
    »Nicht alle. Nur manche. Jeder Fall wird einzeln behandelt.«
    »Und ich darf rein?«
    »Du darfst rein.«
    »Erlaub dir keinen Scherz mit mir, Herrchen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du jetzt Witze machst.«
    »Glaub mir, Freundchen, du darfst rein. Die Entscheidung ist bereits gefallen.«
    »Und wann komme ich dahin?«
    »Wenn es soweit ist. Du mußt Geduld haben.«
    »Ich muß erst sterben, oder?«
    »Genau. In der Zwischenzeit will ich, daß du ein braver Junge bist. Geh zurück in die Hundepension, damit sie sich um dich kümmern. Und wenn die Jones dich wieder abholen, vergiß nicht, wieviel Glück du gehabt hast. Mehr als Polly und Alice kannst du nicht verlangen. Die beiden sind Gold wert, glaub mir. Und noch was: Ärgere dich nicht wegen des Namens, den sie dir gegeben haben. Für mich wirst du immer Mr. Bones bleiben. Aber wenn er dir mal auf die Nerven geht, nimm einfach die lateinische Form von Sparky, dann wirst du dich gleich besser fühlen. Sparkatus. Klingt doch gut, oder? Sparkatus. Seht her, dort läuft Sparkatus, der edelste Schwanzwedler von ganz Rom.«
    Ja, das klang gut, sehr gut, und als Mr. Bones kurz nach Tagesanbruch aufwachte, hallte ihm der Name noch immer in den Ohren. Es hatte sich so viel verändert, seit er eingeschlafen war, so viel war zwischen dem Schließen und Öffnen der Augen mit ihm geschehen, deshalb fiel ihm zunächst gar nicht auf, daß es geschneit hatte, und er merkte auch nicht, daß das leise, durch das Wort »Sparkatus« ausgelöste Klingeln in Wirklichkeit von den eisüberzogenen Zweigen über seinem Kopf stammte, die träge im Wind knarzten. Zögernd, die Welt des Traumes zu verlassen, wurde er sich nur langsam der beißenden Kälte um sich herum bewußt, dann jedoch, als er die Kälte zu spüren begann, einer ebenso beißenden Hitze. Etwas brannte in ihm: Die Kälte kam von draußen, die Hitze von innen; sein Fell war schneebedeckt, und in seinem Körper tobte wieder das Fieber, so heftig und lähmend wie tags zuvor. Er versuchte aufzustehen und den Schnee abzuschütteln, aber seine Beine fühlten sich wie Schwämme an, und er mußte es aufgeben. Später vielleicht, sagte er sich, später, wenn die Sonne herauskam und die Luft ein bißchen wärmer wurde. Solange lag er auf dem Boden und begutachtete den Schnee. Es waren kaum drei Zentimeter gefallen, aber das reichte schon, einem das Gefühl zu geben, die Welt habe sich verwandelt. Dieses strahlende Schneeweiß hatte etwas Berückendes, fand er, etwas Berückendes und Wunderschönes, und während er zwei Spatzen- und Kohlmeisenpärchen zusah, die auf dem Boden nach Futter herumpickten, spürte er mit einem kleinen Stich das Mitgefühl in sich aufkeimen. Ja, sogar mit diesen nutzlosen Spatzenhirnen. Er konnte nicht anders. Der Schnee schien sie alle hier zusammengeführt zu haben, und zum erstenmal betrachtete er sie nicht als Belästigung, sondern als Mitgeschöpfe, als Mitglieder der geheimen Bruderschaft. Während er den Vögeln zuschaute, fiel ihm wieder ein, daß Willy gesagt hatte, er solle in die Hundepension zurück. Das war ein guter Rat, und wenn sein Körper der Aufgabe gewachsen gewesen wäre, hätte er darauf gehört. Aber das war nicht der Fall. Er war zu schwach, um so weit zu laufen, und wenn er sich nicht darauf verlassen konnte, daß seine Beine ihn bis dorthin trugen, würde er bleiben müssen, wo er war. Da er nicht wußte, was er sonst tun sollte, fraß er ein bißchen Schnee und versuchte, sich an den Traum zu erinnern.
    Nach einer Weile vernahm er das Geräusch von Autos und Lastwagen, das Rumpeln des frühmorgendlichen Verkehrs. Die Sonne ging

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