Tina Turner - Die Biografie
Anna zu einer Art Ersatzmutter. Sie redete mit ihrer jungen Cousine über das Leben, sprach mit ihr über Gott und die Welt. Margaret klärte Anna über Liebe und Sex auf. Margaret sprach mit ihr über Jungs und das Küssen und erzählte ihr, wer mit wem schlief. Anna war von Margarets Geschichten über ihre Verwandten und vom ganzen örtlichen Tratsch begeistert.
Im gleichen Jahr wurde dann auch Margaret von einem Jungen aus der Gegend schwanger. Darüber war sie sehr bestürzt und tat alles, was sie konnte, um ihren Körper dazu zu bringen, das in ihr wachsende Kind abzustoßen.
Anna war der einzige Mensch, dem Margaret von ihrem Dilemma erzählte. Noch heute erinnert sie sich an den letzten Tag, an dem sie Margaret lebend sah. Es war der Besuch, bei dem ihr Margaret auch von ihrer Schwangerschaft verriet. Margaret hatte gehört, dass, wenn man schwarzen Pfeffer mit heißem Wasser vermischt trank, dies eine Fehlgeburt auslöste, weshalb sie dieses fürchterliche Gebräu zu sich nahm und damit verzweifelt versuchte, dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen.
Nach diesem Besuch ereignete sich ein sehr tragischer Vorfall. Margaret und Evelyn wurden, gemeinsam mit einer anderen Cousine namens Vela Evans, von einem Mann mit dem Auto zu einem Basketballspiel im Ort mitgenommen. Leider hatte der Mann sehr viel getrunken und seine Fahrtüchtigkeit war stark eingeschränkt. Als er die Spur wechselte, um ein langsames Fahrzeug zu überholen, fuhr er direkt in einen entgegenkommenden Diesellaster. Sowohl Margaret als auch Evelyn verstarben noch an jenem Abend.
Anna war bei den Hendersons, als das Telefon klingelte und sie die schreckliche Nachricht erhielt. Als sie es gesagt bekam, fiel sie in Ohnmacht. Bis dahin hatte sie immer angenommen, dass nur Weiße es fertigbrächten, ohnmächtig zu werden, wenn man ihnen eine furchtbare Neuigkeit überbrachte. Sie dachte, Schwarze nähmen Tragödien einfach als gegeben hin und kämpften sich tapfer durch alle Härten, die ihnen das Leben auferlegt. An jenem Abend entdeckte sie, dass der Körper eines jeden Menschen unter Schock kollabieren konnte. Als Anna von Margarets Tod erfuhr, spürte sie förmlich, wie ihr die Beine ihren Dienst versagten.
Anna war bei der Beerdigung von Opa Alex gewesen. Sie hatte gesehen, wie friedlich er in seinem Sarg lag – er hatte so ausgesehen, als wäre er in einen tiefen und wohlverdienten Schlaf gefallen. Doch Margarets und Evelyns Beerdigung zeigten eine andere, kältere und furchtbarere Seite des Todes. Da lag ihre geliebte Cousine Margaret in ihrem Sarg, ihr Kopf war durch den Unfall plattgedrückt worden und über ihr Gesicht verlief eine riesige Schnittwunde. Man hatte sich kaum bemüht, die Auswirkungen des Unfalls kosmetisch zu kaschieren – es war ein schrecklicher und herzzerreißender Anblick.
Anna sah sich ihre jungen und leblosen Körper an und schrie: „Margaret! Evelyn!“ Doch die beiden sollten für immer schweigen. Ein weiteres Mal hatte Anna eine wertvolle Lektion über das Leben gelernt und wie schnell es für manch einen zu Ende sein kann. Nun war ihre Halbschwester nicht mehr da und ihre Kusine Margaret hatte sie ebenfalls verlassen. Sie hatte das Geheimnis ihrer Schwangerschaft mit ins Grab genommen – nur Anna wusste davon.
Anna empfand die Ereignisse als sehr schmerzvoll und spürte eine innere Leere. Sie dachte, dass der Schmerz, den sie gefühlt hatte, als zuerst ihre Mutter und dann ihr Vater sie verließ, schon furchtbar gewesen sei. Doch das hier war noch viel schlimmer und wesentlich schmerzhafter – ein tiefer und bohrender Schmerz, der einfach nicht nachlassen wollte.
Das Jahr 1954 erwies sich als ein Jahr voller Veränderungen in Annas noch jungem Leben. Einige dieser Veränderungen gelangten über das Radio zu ihr. Zuhause gab es immer ein Radio und Anna sah sich auf der anderen Seite des Äthers mit einer völlig anderen Welt konfrontiert. Sie und Alline hörten sich immer die Hörspielreihen an, die gesendet wurden. Sie weiß noch, dass sie sich die Gruselserie Inner Sanctum und die Krimireihe The Fat Man anhörten. Alline und sie kochten sich dann auf dem Herd immer eine Süßkartoffel (ohne etwas dazu) oder machten sich in einer Bratpfanne Popcorn und setzten sich danach hin und hörten sich die Sendungen an. Es gab keine Softdrinks oder Kekse, lediglich ein Glas Wasser, eine Süßkartoffel und etwas Popcorn. Beim Radiohören hielt ihre Fantasie sie stundenlang beschäftigt. Ihre Großeltern hörten
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