Tina und Tini 06 - Das Geheimnis des Gaertners
und nieder, als stieße er die richtige Antwort in unsichtbaren Sprechblasen aus dem Mund. Adelheid schaute verzweifelt auf Herrn Hechts Lippengymnastik und versuchte vergeblich, das Partizip Perfekt von „ seek “ daraus abzulesen.
„Ich bin enttäuscht. Ich bin zutiefst enttäuscht“, sagte Herr Hecht schließlich. „Setz dich! Tina?“
„ Seek — sought — sought .“
„Richtig. Bezwingen, überwältigen — Claudius?“
„ Overcome — overcame — overcome .“
„Gut.“
Herr Hecht wandte sich wieder der Tafel zu. Tina unterdrückte ein Gähnen und verfolgte den taumelnden Flug einer zu früh geborenen Fliege. Tini sah verstohlen auf ihre Uhr. Noch eine Viertelstunde!
Da wurde an die Tür geklopft.
„Ja, bitte?“ Herr Hecht schaute über seine randlose Brille hinweg auf den pummeligen Jungen, der sich durch den Türspalt schob.
„’ tschuldigen Sie die Störung“, brabbelte der Junge und sah sich neugierig in der Klasse um.
„Ja — was ist denn? Was willst du?“ fragte Herr Hecht ungeduldig.
„Ich soll sagen — ich soll vom Herrn Direktor sagen, nach dem Essen versammeln sich sämtliche Klassen in der Aula. Es soll etwas bekanntgegeben werden. Um vierzehn Uhr in der Aula!“ posaunte er, damit man es bis in die letzte Ecke hören konnte.
„Habt ihr es alle verstanden?“ Herr Hecht blickte in die Runde.
„Ja, Herr Hecht“, kam die Antwort aus allen Ecken.
„Was mag das sein?“ flüsterte Tina. „Wir haben doch nichts ausgefressen?“
„Nicht daß ich wüßte...“
„Bist du ganz sicher? Manchmal vergißt man was.“
„Ganz sicher. Wenn, war es eine andere Klasse.“
„Vielleicht ist die Schule pleite, dann werden wir alle nach Hause geschickt!“ flüsterte Kai von hinten.
„Da mach dir bloß keine Hoffnungen. Ferien außer der Reihe gibt es nicht. In so einem Fall wirst du sofort auf die nächste Penne verfrachtet“, sagte Tini grinsend.
Monika wandte sich zu Tina um.
„Was meinst du, vielleicht bekommen wir hohen Besuch? Den Schulrat oder einen Minister — oder wir kriegen einen ganz berühmten Schüler, einen Prinzen oder einen Kinderstar oder so!“
„Das war so dein Wunschtraum, was? Einen jungen Popmusiker, den du dann anhimmeln kannst.“
„Ruhe!“ brüllte Herr Hecht. „Der Unterricht ist noch nicht beendet!“
Wie um ihn Lügen zu strafen, schrillte die Glocke. Herr Hecht hatte Mühe, sich soweit Gehör zu verschaffen, daß wenigstens die in den ersten Reihen verstanden, was es für den nächsten Tag als Hausaufgabe gab. Alle übrigen diskutierten wild durcheinander, was es mit dieser außerordentlichen Versammlung wohl auf sich hätte.
Tina und Tini hofften, im Speisesaal von Tobbi Näheres zu erfahren, aber auch er hatte keine Ahnung, worum es ging.
„Ein neuer Lehrer soll vorgestellt werden“, rieten ein paar Jungen aus seiner Klasse.
„Unsinn. Wahrscheinlich hat einer der Eltern, der früher selbst in Bergheim war, ein Denkmal gestiftet — oder irgend so was Blödes“, rief ein Mädchen dazwischen.
„Dann schon lieber einen Wanderpokal — der jedes Jahr von der erfolgreichsten Klasse gewonnen werden kann“, sagte eine andere.
„Damit wir noch mehr schuften müssen? Das könnte dir so passen!“
„Wozu die Aufregung“, meinte Tini kopfschüttelnd. „In einer Stunde werden wir es wissen. Was mich betrifft — ich hab jetzt Hunger. Habt ihr schon gesehen? Gulasch gibt’s heute — mit Nudeln. Und Salat.“
Das lenkte auch die erhitztesten Gemüter für eine Weile ab. Essen gehörte im Internat nun einmal zu den wichtigsten Ereignissen.
Die Aula befand sich im früheren Ballsaal des Schlosses. Als Direktor Möller das Podium betrat, waren die Stuhlreihen bis auf den letzten Platz besetzt. Allgemein hatte sich die Meinung verbreitet, irgendwer müsse etwas ausgefressen haben, und in Erwartung eines gewaltigen Donnerwetters herrschte angstvolle Stille.
Herr Direktor Möller schaute über die Köpfe hinweg und räusperte sich.
„Meine lieben jungen Freunde“, begann er, „ich habe euch heute hier zusammengerufen, um euch mit einer Neuerung im Unterrichtsangebot unserer Schule bekannt zu machen. Ich bin schon öfter von Eltern und Kollegen gefragt worden, warum wir, die wir über einen so herrlichen Park verfügen, nicht einen Schulgarten anlegen...“
Ein verhaltenes Stöhnen ging durch die Reihen. Schulgarten! Ausgerechnet! Die Gesichter wurden lang und länger.
„Nun hat ein glücklicher Zufall gefügt, daß wir
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