Tina und Tini und die Spuren im Schnee
Beobachtungsposten für einen Detektiv, dachte Tini gerade, als sie ein Stück weiter oben auf der Treppe eine Gestalt wahrnahm, die regungslos auf einer Stufe verharrte. Der alte Graf !, schoss es Tini durch den Kopf. Er steht da wie zur Salzsäule erstarrt und starrt von weitem auf seine Münzen, als wolle er sie hypnotisieren! Warum geht er nicht einfach hinunter und schaut sie sich aus der Nähe an? Komischer Kauz! Man könnte ihn für das Schlossgespenst halten!
Tini beeilte sich, an dem alten Mann vorbeizukommen. Sie murmelte ein hastiges „guten Tag!“ und schaute ihn dabei kaum an. Aus der Küche des Professors drang dröhnendes Gelächter. Die beiden Freunde erzählten sich Geschichten aus gemeinsamen Jugendjahren. Jeder hielt ein Glas Weihnachtspunsch in den Händen.
Über dem selbst gebackenen Christstollen und den leckeren Schinkensemmeln hatte Tini die traurige Gestalt des Grafen bald vergessen.
Alarm!
Am nächsten Tag hatte Tina nicht mehr die Spur von Lampenfieber und am dritten Tag kamen sie und Tina sich bereits vor wie abgebrühte Profis, als sie am Morgen ihren Verkaufsstand öffneten.
Waren in den ersten Tagen vor allem Besucher aus der Umgebung erschienen, so kamen jetzt mehr und mehr Touristen aus der Stadt. Kleine und große Busse hielten auf dem Parkplatz und Gretchen fügte ihrer Eintrittspreis-Liste noch eine weitere Zeile hinzu: Gruppen ab zehn Personen erhalten einen Rabatt von 25 Prozent.
Tina, Tini und Tobbi machten sich Sorgen um ihren Waren-Nachschub. Mit so großen Verkaufserfolgen hatte keiner gerechnet und Professor Willner musste in die Stadt fahren um Keramik, Poster und Kunstpostkarten in Auftrag zu geben und neue Waren einzukaufen.
Mit Peter Kellner, dem jungen Assistenten des Museumsdirektors, verband sie bald eine richtige Freundschaft. Er war gerade mit dem Studium fertig geworden und immer für einen Spaß zu haben. Wenn es recht stürmisch zuging und die Besucher gar nicht mehr aufhören wollten, dumme Fragen zu stellen, verständigten sie sich durch Blicke und Zeichen und machten sich so gegenseitig Mut.
Besonders Tina wurde es in der Nähe des blonden Assistenten eigentümlich warm ums Herz und sie freute sich, wenn er für einen kurzen Schwatz bei ihnen Station machte oder sie mittags mit seinem klapprigen Opaauto nach Hause führ.
Gleich bei der ersten Führung rollte Peter Kellner an diesem Morgen verzweifelt die Augen. Ein großer Bus mit Japanern war angekommen. Mit Fotoapparaten umringten sie Kellner und redeten in einem seltsamen Englisch auf ihn ein.
„Der Ärmste!“ Tina grinste voller Mitleid. „Die werden ihn total schaffen!“
„Und uns auch, warte nur ab“, bemerkte Tini. „Bevor ich denen unsere schönen Vasen und Teller anpreise, schaue ich lieber mal nach, ob nicht irgendwo steht ,Made in Japan’!“
„Na und? Hauptsache, es gefällt ihnen und die Kasse klingelt“, meinte Tobbi. „Wo bleibt denn heute unser Waldschrat?“
„Der Herr Graf sind für ein paar Tage verreist, habe ich gehört. Gretchen sagte es vorhin zu jemandem am Telefon“, sagte Tina. „Erstaunlich, dass der Alte sich mal von seinem Wachtposten wegbegibt. Gestern ist er ständig hier herumgelaufen. Man könnte fast glauben, er ist ein lebendiges Museumsstück und gehört zum Inventar.“
„Achtung! Da rollt die nächste Welle an!“, raunte Tini und zeigte zur Tür hinüber.
„Reinstes Amerikanisch, wenn mich nicht alles täuscht“, bemerkte Tobbi. „Der arme Kellner kommt vom Regen in die Traufe! Und das heute, wo Willner nicht da ist!“
Unter lautem Reden und Lachen drängte sich ein gutes Dutzend Amerikanerinnen um die Kasse, von denen bestimmt keine jünger als siebzig war.
„Ach, die schafft er mit links“, meinte Tini trocken. „Die dahinter scheinen schlimmer zu sein!“
Im Eingang war jetzt eine Familie aufmarschiert, die man bei flüchtigem Hinsehen auch für einen Kindergarten auf dem jährlichen Ausflug hätte halten können. Ein rotgesichtiger rundlicher Herr im Trachtenanzug und eine ebenso rundliche rothaarige Frau führten eine fast unübersehbare Schar von Kindern an, die einander schubsten, kniffen und kitzelten, sodass ständig mindestens eines laut losheulte oder empört aufkreischte. Die Mutter verteilte in regelmäßigen Abständen laute Ermahnungen in alle Richtungen, was jedoch nichts half.
„Na, die haben uns hier gerade noch gefehlt!“, stöhnte Tina. „Kinder, stellt die Vasen und Teller weg, das gibt Bruch!“
„Und
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