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Titan 03

Titan 03

Titel: Titan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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seiner Stellung und seinen Leistungen sicher einen Aufschub bewilligen.
    Einmal, als infolge einer Bombenexplosion im Generatorraum der Strom ausgefallen war, hatte einer der Ärzte in der anonymen Finsternis geflüstert, Mocks jugendliches Aussehen ließe sich glaubhafter erklären als durch Vererbung, aber das stimmte nicht. Harry hatte die Listen überprüft, und Mocks Name stand nicht darauf.
    Mock blickte unvermittelt auf und ertappte Harry dabei, wie er ihn anstarrte. Harry senkte den Blick, aber er hatte doch noch in Mocks Augen einen Ausdruck von – was eigentlich? – Angst? Verzweiflung?
    – erkennen können. Harry war das unverständlich. Gewiß, der Überfall war tollkühn gewesen, so nahe an den Mauern des Zentrums, aber doch nichts Neues. Es hatte immer Überfälle gegeben, es würde immer welche geben. Immer, wenn etwas besonders wertvoll ist, werden gesetzlose Menschen versuchen, es zu stehlen. Heutzutage stahl man eben Medikamente. Abrupt sagte Mock: »Sie haben den Mann also gesehen? Würden Sie ihn wiedererkennen, wenn Sie ihm noch einmal begegnen oder wenn Sie ein gutes Solidogramm vorgelegt bekämen?« »Ja, Sir«, sagte Harry. Warum machte Mock wegen dieser Angelegenheit so einen Wirbel? Schließlich hatte er doch bereits vor dem Oberarzt und dem Chef der MZ‐Polizei seine Aussage gemacht. »Kennen Sie Gouverneur Weaver?« fragte Mock. »Ein Unsterblicher!« »Nein, nein«, sagte Mock ungeduldig. »Wissen Sie, wo er wohnt?«
    »In der Gouverneursvilla. Rund sechzig Kilometer von hier, ziemlich genau im Westen.«
    »Ja, ja«, sagte Mock. »Sie werden ihm eine Nachricht überbringen. Die Lieferung wurde gestohlen. Gestohlen.« Mock hatte die nervöse Angewohnheit, Wörter zu wiederholen. »Es wird eine Woche dauern, bis die nächste Lieferung bereit ist, eine Woche. Wie wir sie zu ihm bringen werden, weiß ich nicht. Ich weiß es nicht.« Die letzten Worte murmelte er vor sich hin.
    Harry versuchte hinter den Sinn zu kommen. Dem Gouverneur eine Nachricht überbringen? »Warum rufen Sie ihn nicht an?« fragte er, ohne lange nachzudenken.
    Aber die Frage riß Mock nur aus seiner Versunkenheit. »Die unterirdischen Kabel wurden durchschnitten! Es hat keinen Sinn, sie flicken zu lassen. Die Arbeiter werden umgebracht. Und selbst wenn man die Kabel in Ordnung bringt, werden sie in der nächsten Nacht neuerlich durchgeschnitten. Funk und Fernsehen werden gestört. Gestört! Machen Sie sich fertig. Sie werden sich beeilen müssen, um vor Beginn des Ausgangsverbots das südwestliche Stadttor zu erreichen.«
    »Das Ausgangsverbot gilt doch nur für Bürger«, sagte Harry. Verlor Mock den Verstand?
    »Habe ich es Ihnen nicht gesagt?« Mock fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn, wie um Spinnweben wegzuwischen. »Sie werden zu Fuß gehen, als Bürger verkleidet. Einen Konvoi würde man vernichten. Wir haben es versucht. Wir sind seit drei Wochen ohne Verbindung zum Gouverneur. Drei Wochen! Er wird ungeduldig sein. Man darf nicht zulassen, daß er ungeduldig wird. Das ist ungesund.«
    Zum erstenmal begriff Harry wirklich, was der Direktor ihm für einen Auftrag erteilte. Der Gouverneur! Er hatte die Macht, Harrys Streben nach Unsterblichkeit um eine halbe Lebensspanne zu verkürzen. »Aber meine Arbeit als Internist…«
    Mock warf ihm einen schlauen Blick zu. »Der Gouverneur kann Ihnen mehr nützen als Ihr Pflichtbewußtsein. Mehr nützen.«
    Harry biß sich auf die Unterlippe und begann an den Fingern abzuzählen: »Ich brauche Nasenfilter, eine kleine Arzttasche, eine Waffe…«
    Mock schüttelte den Kopf. »Kommt nicht in Frage. Das würde wohl kaum zu Ihrer Verkleidung passen. Wenn Sie die Villa des Gouverneurs erreichen, dann nur, weil man Sie für einen Bürger hält, nicht, weil Sie sich verteidigen können oder weil Sie eine Arzttasche haben. Ein oder zwei Tage ohne Nasenfilter werden Ihre Lebenserwartung nicht wesentlich verringern. Nun, Doktor, werden Sie es schaffen?«
    »So wahr ich mir die Unsterblichkeit erhoffe!« sagte Harry ernst.
    »Gut, gut. Noch etwas. Sie müssen die Leute hinbringen, die im Vorraum sitzen. Der Junge heißt Christopher, der alte Mann nennt sich Pearce. Er ist eine Art Quacksalber aus der Stadt. Der Gouverneur hat nach ihm verlangt.«
    »Nach einem Quacksalber?« fragte Harry ungläubig.
    Mock zuckte die Achseln. Seine Miene verriet, daß er die Bemerkung für eine Unverschämtheit hielt, aber Harry konnte sich nicht zurückhalten. »Wenn wir nur einmal an

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