Titan 19
Einfluß im Bett Ivanes erworben, und Kieron war durchaus bereit, das zu glauben. Draußen in der endlosen Leere der galaktischen Peripherie lebten die Männer nach anderen Wertmaßstäben.
Dort draußen war eine Frau eine Frau – etwas, das man liebte oder schlug, verehrte oder genoß, und von sich stieß – aber nicht der Schlüssel zu Wohlstand und Macht. Kieron hatte Landor auf den ersten Blick verabscheut, und es gab Gründe genug für die Annahme, daß der Erste Lord diese Empfindung uneingeschränkt erwiderte. Es war nicht klug, selbst wenn man Kriegsfürst war, die Günstlinge der Kaiseringemahlin offen mit Verachtung zu strafen – aber Zurückhaltung gehörte nicht zu den Tugenden des Lords von Walkür, obwohl selbst Nevitta ihn zur Vorsicht mahnte. Meuchelmord war in der kaiserlichen Stadt sozusagen zum Rang einer Kunstform aufgestiegen, eine Kunstform, die vom Ersten Raumlord reichlich unterstützt wurde.
»Nun, Landor?« fragte Kieron und verschmähte es, Landors Titel zu gebrauchen.
Landors glatte, gut aussehende Züge verrieten keinen Ausdruck. Seine blassen Augen waren verschleiert wie die einer Schlange.
»Ich bedauere«, sagte der Erste Raumlord leichthin. »Seine Kaiserliche Majestät hat sich zur Nachtruhe zurückgezogen, Walkürer. Unter diesen Umständen…« Er spreizte die schlanken Hände in einer Geste der Hilflosigkeit.
Die Lüge war offensichtlich. Durch die offene Tür der kaiserlichen Gemächer war Gelächter zu hören, Murmeln und die Flötenklänge eines Minnesängers, der die uralte Ballade Lady Greensleeves spielte. Kieron konnte Torans unsichere Stimme singen hören:
Greensleeves was all my joy,
Greensleeves was all my joy,
And who but Lady Greensleeves?
Kieron konnte sich den Knaben vorstellen – wie er sich tölpelhaft vor der glitzernden Ivane räkelte und mit Versen zu gewinnen versuchte, was jeder Mann um den Gegenwert eines Treueeids für die Kaiseringemahlin haben konnte.
Der Walkürer funkelte Landor an. »Ich soll also nicht empfangen werden, ist es das? Bei den sieben Höllen, weshalb sagt Ihr nicht, was Ihr meint?«
Landors Lächeln drückte seine ganze Geringschätzung aus. »Ihr Außenweltler! Ihr solltet wirklich lernen, euch zu benehmen. Vielleicht später…«
»Später, verdammt!« brauste Kieron auf. »Mein Volk verhungert jetzt! Eure habgierigen Steuereinnehmer pressen uns aus! Wie lange, glaubt Ihr, werden sie sich das noch gefallen lassen? Wie lange, stellt Ihr Euch vor, werde ich mir das gefallen lassen?«
»Drohungen, Walkürer?« fragte der Erste Lord, und seine Augen blickten plötzlich giftig. »Drohungen gegen Euren Kaiser? Männer sind für viel weniger als das zu Tode gepeitscht worden.«
»Nicht Männer von Walkür«, erwiderte Kieron.
»Die Männer von Walkür nehmen nicht länger die Favoritenposition ein, die sie einmal besaßen, Kieron. Ich rate Euch, das zu bedenken!«
»Das ist wohl wahr«, erwiderte Kieron geringschätzig. »Unter Gilmer waren Männer, die zu kämpfen verstanden, die Macht des Imperiums. Jetzt regiert Toran mit den Händen von Frauen… und Tanzmeistern.«
Das Gesicht des Ersten Lords verdunkelte sich, als er die Beleidigung hörte. Er legte die Hand auf das Heft seines Ehrendegens, aber die Augen des Walkürers wichen den seinen nicht aus. Der hünenhafte Nevitta regte sich und musterte die Pleyjaden-Janitscharen an der Tür, bereit, dem Herrn zu Hilfe zu eilen.
Aber Landor war nicht nach einem Schwertkampf zumute – ganz besonders nicht mit einem so jungen, gelenkigen Kämpfer wie dem Kriegsfürsten von Walkür. Seine spitze Zunge war eine viel bessere Waffe als Stahl. Mit einiger Mühe zwang er sich zu einem Lächeln. Es war ein kaltes Lächeln, geschwängert mit Gefahr.
»Harte Worte, Walkürer. Und unkluge Worte. Ich werde sie nicht vergessen. Ich bezweifle, daß Ihr Seine Majestät sprechen könnt, da ich nicht glaube, daß ihn die Klagen eines Planeten voller Wilder interessieren. Ihr vergeudet hier Eure Zeit. Wenn Ihr andere Geschäfte habt, solltet Ihr ihnen besser nachgehen.«
Jetzt verspürte Kieron den heißen Hauch des Zorns. »Sind das Torans Worte oder die von Ivanes Tanzmeister?«
»Die Kaiseringemahlin Ivane ist natürlich meiner Meinung. Wenn Euer Volk seine Steuern nicht bezahlen kann, dann soll es ein paar seiner Bälger in den Dienst verkaufen«, sagte Landor glatt.
Die Würfel waren also gefallen, dachte Kieron wütend. Alle Hoffnung auf ein Eingreifen Torans war dahin, und ihm
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