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Titan 20

Titan 20

Titel: Titan 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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mächtigen Armaturenbrett stand. Er sah seinen Offizieren dabei zu, wie sie die komplizierte Landeprozedur vorbereiteten. Deralan spürte in sich grenzenlose Bitterkeit. Sie waren wie Affen, die ein Gewehr abfeuerten. Der Affe betätigte den Abzug, und das Gewehr machte peng. Aber frage einmal einer den Affen nach dem Prinzip der Ausdehnung von Gasen. Die Offiziere legten Schalter in der Reihenfolge um, wie es in den Anleitungsbüchern für den Weltraumflug stand. Das Schiff landete. So einfach war das. Wenn ein Schalter umgelegt wurde und irgendwo im Leib des Schiffes eine Spule ausfiel, dann war das schlimm und sehr, sehr fatal.
    Routinereparaturen konnten durchgeführt werden. Neue Röhren, Sauerstoffanlagen – Dinge auf dieser Ebene. Aber das, was bewirkte, daß das Schiff startete, auf zehn Licht beschleunigte, abbremste und landete – das, was bei jeder Beschleunigung normale Schwerkraftverhältnisse erzeugte – die Kraft, die die Bildschirme an die Beschleunigung anpaßte – all diese Dinge waren Geheimnisse, die in der antiken Vergangenheit verlorengegangen waren, als die Menschen weiser und stärker waren.
    Deralan dachte mürrisch, daß Andro nicht sehr weitsichtig gewesen war. Er hätte doch bloß zu warten brauchen. Er hätte in dem Wissen sterben können, daß es binnen tausend Jahre keine Schiffe mehr geben würde, die funktionierten. Und ohne Schiffe würde das Haus Galvan einen Planeten beherrschen, nicht eine ganze Galaxis. Jeder bewohnte Planet würde isoliert sein, sich selbst überlassen. Er würde seinen eigenen Weg gehen müssen, seine eigenen Antworten finden, und vielleicht eines Tages wieder den Weg zurück in den Weltraum finden. Die Schiffe würden sterben, und mit ihnen würde das Reich sterben.
    Jetzt war das Antlitz von Rael so nahe, daß es den ganzen Bildschirm ausfüllte; die winzigen Wolken davor wirkten flach. Deralans Gedanken kehrten immer wieder zu dem Bericht zurück, den die drei Männer ihm erstattet hatten. Er konnte ein unheimliches Gefühl der Besorgnis und der Angst nicht unterdrücken. »Ich habe ihn gesehen. Er schien verletzt zu sein. Er hatte eine Waffe. Während ich zielte, verschwand er plötzlich vor meinen Augen. Wir sind hingegangen. Es gab keinen Ort, an den er hätte fliehen können, keinen Ausweg, kein Loch, in das er hätte fallen können. Er war einfach ... verschwunden.«
    Shain würde dieser Bericht nicht amüsieren. Drei von ihnen hatten es gesehen. Deralan hatte die drei Zeugen des Geschehens isoliert. Nachdem er die Frage von allen Seiten betrachtet hatte, hatte er sie getötet. Er besaß die Gewalt über Leben und Tod, soweit es seine Männer betraf; niemand hatte das Recht, ihm dazu Fragen zu stellen. Ihr Augenzeugenbericht war ein peinlicher Faktor, ein unnötiger Faktor in der Gleichung. Deralan empfand kein Bedauern, aber auch keine Befriedigung darüber.
    Er wußte, daß er es nicht wagen würde, Shain zu belügen, und doch wünschte er weiterzuleben. Er befand sich in einer Sackgasse.
    Die Flotte landete, eine weit kleinere Flotte als die, die ausgezogen war, um Andro zu verfolgen. Eine Ehrenwache erwartete Deralan, als er sich ausschiffte. Sie bildeten ein Karree um ihn. Deralan lächelte. Shain hatte nicht an Ehre gedacht, als er die Wache geschickt hatte; Shain hatte an Flucht gedacht.
    Metallbeschlagene Absätze trommelten in harter Kadenz auf das Pflaster, als die zwölf Wachen Deralan über die Avenue der Könige eskortierten. Die einstmals stolze Straße war zu einem Ort der Bazare geworden. Rael war ein weiser, aber säuerlich gewordener alter Planet. Der Abschaum von tausend Planeten hatte ihn aufgesucht, die Sykophanten, die Betrüger mit ihrem Hauch der Verworfenheit, ihrer geckenhaften Unverschämtheit. Man ging in Rael nachts nicht alleine.
    Die Menge öffnete sich, um die Wache durchzulassen. Einige von den Leuten verspotteten die Soldaten und verstummten plötzlich, als sie Deralan erkannten, der fast ebenso wie Shain selbst und seine älteren Söhne gefürchtet wurde.
    Ein Betrunkener taumelte und geriet dabei zu nahe an die Wachen heran. Der Mann an der vorderen linken Ecke des Karrees drehte sein zeremonielles Kurzschwert mit einer geübten Bewegung herum und schlug dem Mann mit dem schweren Heft über den Schädel.
    Sie marschierten durch den Gestank der Bazare, vorbei an den alten Vetteln, die Heilmittel gegen jedes Gebrechen verkauften, vorbei an den Straßenmädchen in ihren Lumpen, vorbei an Männern, die sich ruckartig

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