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Titan 3

Titan 3

Titel: Titan 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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könnte sie unmittelbar am Tor stehen und ihn aus nächster Nähe sehen, wenn er vorbeiging.
    Es war noch früh, fast eine Stunde bis zum Morgengrauen, aber vermutlich war sie nicht als einzige auf die Idee gekommen. Eilig ging sie hinaus, vorbei an der Kantine, wo schon wieder Licht brannte und Leute im Stehen Kaffee tranken und frühstückten.
    Es war noch nicht zu spät. Sie fand einen Platz unter den übrigen Frühaufstehern, und jedesmal, wenn sie eine Öffnung sah, schob sie sich vorwärts. Als die Musikkapelle erschien und mit dem Stimmen der Instrumente begann, stand sie neben dem Tor. Bald darauf fing die Musik an, und sie hatte Mühe, aufkommende Hysterie zu unterdrücken. Alle anderen begannen zu singen, also sang sie mit:
    »O sag, kannst du sehn, in des Tages frühem Licht…«
    Bloß war es noch nicht Tag. Bei Sonnenaufgang würde das monströse Ungeheuer dort draußen längst fort sein, den Bauch voller Menschen, und Will einer von ihnen. Teil eines Menschenopfers, das den Durst des Drachen löschen und ihn zum Fortgehen bewegen sollte…
    Nun kamen auch die Priester, die die Opfertiere zum Altar führten, um das Opfer darzubringen. Priester in Straßenanzügen: Minister und Staatssekretäre und Professoren und ein Schwarm von Berichterstattern.
    Ihnen folgten die Opfer, alle einheitlich gekleidet, im Gleichschritt schwingende Arme, Dreierreihen und Marschmusik. So marschierten sie ohne Fesseln und freiwillig in ihr Verderben.
    Sie marschierten zum Greifen nahe an ihr vorüber, und einige von ihnen lächelten. Manche weinten, aber das meiste Mitleid empfand sie für diejenigen, die starr und unbewegt geradeaus blickten.
    Einige blickten sie an oder durch sie hindurch, als suchten sie ein anderes Gesicht in der Menge, die sich hinter ihr drängte. Einer von ihnen öffnete im Vorbeimarschieren den Mund und schien etwas zu sagen. Sein Name war Will. Er hatte sie gesehen; er hatte etwas gesagt. Er…
    Er weiß es nicht! dachte sie verzweifelt. Er haßt mich! Er denkt…
    Sie mochte sich nicht vorstellen, was er dachte. Es konnte nichts Gutes sein. Sie mußte ihm erklären, wie sich alles verhielt, um die Sache in Ordnung zu bringen. Der Gedanke, daß er sie für den Rest seiner Tage hassen würde, hassen über den Abgrund von Millionen Kilometern hinweg, weil er glaubte, sie sei ihm untreu gewesen, war ihr unerträglich.
    Aber die Kolonne war schon bei den Aufzügen der Abschußrampe angelangt, und die Musikkapelle war verstummt. Einer der Opferpriester intonierte sein Gebet.
    Dann ging alles sehr schnell. Während sie eingekeilt in der Menge der rufenden und winkenden Zurückbleibenden stand und verzweifelt überlegte, wie sie sich ihm verständlich machen könnte, wurden die Auswanderer von den Aufzügen geschluckt und verschwanden weiter oben im Bauch des metallisch schimmernden Ungeheuers. Die Offiziellen bestiegen unterdessen bereitstehende Wagen und rollten zum Tor hinaus. Sirenen heulten, und die Betonfläche wurde geräumt. Eine heisere Lautsprecherstimme begann mit dem Countdown.
    »Halt! Bleiben Sie, wo Sie sind!«
    »Kommen Sie, was machen Sie da? Bleiben Sie hinter der Absperrung!«
    »… eins… null… Halt, zurück!«
    Jemand erwischte sie am Arm und versuchte sie zurückzuziehen, konnte sie aber nicht halten. Sie war frei und rannte, was sie konnte, um den Polizisten der Absperrung zu entkommen, die sie einfangen wollten.
    Nach fünfzig Metern folgte ihr keiner mehr. Donner erfüllte die Luft, die Erde erzitterte unter ihren Füßen.
    Sie hatten Angst, dachte Sue. Die armen Dummköpfe fürchteten sich. Sie glaubten, es sei besser, zurückzubleiben und zu leben. Sie wußten es nicht anders. Vielleicht war es besser für sie, die armen Dummköpfe, sollten sie leben.
    Sie rannte weiter, getrieben von der Notwendigkeit, ihn die Wahrheit wissen zu lassen. Ihre Lippen flüsterten Worte, die nur sie verstand, als das anschwellende Brüllen die Luft zerriß und der Beton unter der entfesselten Wildheit des auffliegenden Drachens erbebte. Feuer und Rauch hüllten sie ein, und sie fiel und lag still, blickte auf zu Will, der sie durch die Flammen, auf denen er stand, sicherlich sehen konnte.
    Ihr letzter Gedanke war von beglückender Gewißheit: Sie werden es ihm sagen. Er wird es erfahren.
     
    Aus dem Amerikanischen übersetzt von Walter Brumm
     

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