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Titan 3

Titan 3

Titel: Titan 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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anders aussehen. Aber ich konnte sie nicht bitten, darauf zu warten. Ein halbes Jahr später vielleicht, wenn die Versuchsreihe, die wir gerade aufbauen wollten, abgeschlossen wäre…
    Jedenfalls stand ich an jenem Abend am Telefon und hatte den Hörer schon in der Hand, als sie ins Wohnzimmer kam.
    »Ich bin fertig, Bill«, sagte Mary Ann. »Laß uns gehen.«
    »Nur noch einen Augenblick. Ich muß Cliff anrufen.«
    Sie runzelte ein wenig die Stirn. »Kann das nicht warten?«
    »Ich sollte ihn schon vor zwei Stunden anrufen«, sagte ich.
    Es dauerte bloß zwei Minuten. Ich rief unsere gemeinsame Werkstatt an. Cliff wollte den Abend arbeiten und meldete sich auch gleich. Ich fragte etwas, und er sagte etwas. Ich fragte weiter, und er erklärte. Die Einzelheiten sind unwichtig, aber wie ich schon sagte, ist er der Mathematiker von uns beiden. Wenn ich Schaltkreise einrichte und die unmöglichsten Funktionen austüftele, rechnet er alles nach und sagt mir, ob sie wirklich unmöglich sind. Dann, gerade als ich fertig war und auflegte, läutete es an der Tür.
    Im ersten Moment dachte ich, Mary Ann hätte einen weiteren Besucher, und machte so was wie einen steifen Rücken, als ich sie zur Tür gehen sah. Während ich sie beobachtete, nahm ich Notizblock und Bleistift, um etwas von dem aufzuschreiben, was Cliff mir gerade gesagt hatte. Aber dann öffnete sie die Tür, und es war nur Cliff Anderson.
    »Ich dachte mir, daß ich dich hier antreffen würde«, sagte er. »Hallo, Mary Ann. Sag mal, wolltest du mich nicht um sechs anrufen? Du bist genauso zuverlässig wie ein Stuhl aus Pappe.« Cliff ist untersetzt und stämmig und immer bereit, Streit anzufangen, aber ich kenne ihn und kümmere mich nicht darum.
    »Es kam was dazwischen, aber ich habe gerade angerufen, und die Sache ist erledigt«, sagte ich.
    »Du hast angerufen? Mich? Wann?«
    Ich zeigte auf das Telefon, dann starrte ich ihn an und rang nach Atem. Ich hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Fünf Sekunden bevor die Türglocke geläutet hatte, hatte ich mit Cliff in der Werkstatt telefoniert, und die Werkstatt war neun Kilometer von Mary Anns Haus entfernt.
    »Ich… ich habe gerade mit dir gesprochen«, stammelte ich.
    Ich stieg nicht durch. »Mit mir?« sagte Cliff wieder und blickte mich stirnrunzelnd an.
    Ich zeigte jetzt mit beiden Händen auf das Telefon. »Am Telefon. Ich rief die Werkstatt an. Von diesem Apparat aus! Mary Ann hörte mich. Mary Ann, sprach ich nicht gerade mit…«
    »Ich weiß nicht, mit wem du telefoniertest«, sagte Mary Ann ungeduldig. »Wollen wir jetzt nicht endlich gehen?«
    Ich setzte mich. Nachdem ich versucht hatte, meine Gedanken zu ordnen, sagte ich so ruhig und klar, wie es mir in diesem Augenblick möglich war: »Cliff, ich wählte die Nummer der Werkstatt, du meldetest dich, ich fragte dich, ob du die Einzelheiten ausgearbeitet hättest, du sagtest ja und gabst mir die Zahlen durch. Ich habe sie am Telefon notiert. Sind sie richtig oder nicht?«
    Ich reichte ihm den Notizblock mit den hingekritzelten Gleichungen.
    Cliff warf einen Blick darauf und sagte: »Sie sind richtig. Aber woher hast du sie? Du wirst sie doch nicht etwa selbst ausgerechnet haben, oder?«
    »Ich sagte es doch gerade. Du gabst sie mir telefonisch durch.«
    Cliff schüttelte den Kopf. »Bill, ich habe die Werkstatt um Viertel nach sieben verlassen. Dort ist jetzt niemand.«
    »Ich sage dir doch, ich habe mit jemand telefoniert!«
    Mary Ann spielte mit ihren Handschuhen. »Es wird spät«, sagte sie und blickte resigniert zur Decke.
    Ich wedelte beschwörend mit den Händen, daß sie sich noch ein wenig gedulde, und sagte zu Cliff: »Paß auf, bist du ganz sicher…«
    »In der Werkstatt ist niemand, es sei denn, du willst Junior mitzählen.« Junior war unsere kybernetische Maschine.
    Wir standen da und schauten einander an. Mary Anns rechter Schuh klopfte unüberhörbar auf den Parkettboden.
    Plötzlich lachte Cliff auf. »Ich muß an eine Karikatur denken, die ich mal irgendwo sah«, sagte er. »Sie zeigte einen Roboter am Telefon, der gerade sagte: ›Ehrlich, Chef, hier ist niemand außer uns Denkmaschinen.‹«
    Ich fand das nicht lustig. »Fahren wir in die Werkstatt!« schlug ich vor.
    »He!« begehrte Mary Ann auf. »Wir werden die Vorstellung nicht mehr schaffen.«
    »Sieh mal, Mary Ann, dies ist sehr wichtig«, sagte ich. »Es dauert bloß ein paar Minuten. Komm mit uns, und wir fahren von dort aus in die

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