Titan 3
Möglichkeiten waren erschöpft. Ich war verzweifelt.«
Die Logik leuchtete mir nicht ganz ein, aber ich antwortete nicht, weil ich plötzlich an die Vorstellung denken mußte. Ich blickte auf die Uhr und sagte: »Paß auf, Mary Ann, wenn wir uns beeilen, schaffen wir es noch zum zweiten Akt.«
»Wer will denn ins Theater?« sagte sie.
Also küßte ich sie noch ein bißchen mehr, und aus dem Theaterbesuch wurde nie mehr etwas.
Es gibt nur eine Sache, die mir noch Kopfzerbrechen bereitet. Mary Ann und ich sind glücklich verheiratet. Ich wurde vor kurzem befördert und bin jetzt außerordentlicher Professor. Cliff arbeitet weiterhin an Plänen zum Bau eines kontrollierbaren Junior, und er macht Fortschritte.
Nichts davon ist es.
Sehen Sie, am nächsten Abend sprach ich mit Cliff, um ihm zu sagen, daß Mary Ann und ich heiraten würden, und um ihm zu danken, daß er sozusagen den Anstoß gegeben hatte. Und nachdem er mich eine Weile verständnislos angestarrt hatte, schwor er, daß er es nicht gesagt habe; er habe mir nicht zugerufen, daß ich Mary Ann einen Antrag machen sollte.
Natürlich war noch jemand mit Cliffs Stimme im Raum!
Ich mache mir Sorgen, daß Mary Ann davon erfahren könnte. Sie ist das sanfteste, liebenswürdigste Mädchen, das ich kenne, aber sie hat nun einmal rotes Haar. Und sie kann nicht umhin, dieser Rolle zu entsprechen, aber das habe ich wohl schon gesagt.
Was wird sie sagen, wenn sie jemals herausbringt, daß ich nicht den Verstand hatte, ihr einen Heiratsantrag zu machen, bis eine Maschine mich dazu aufforderte?
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Walter Brumm
A RTHUR C. C LARKE
Die neun Milliarden Namen Gottes
»Dies ist ein ziemlich ungewöhnlicher Auftrag«, sagte Dr. Wagner und fand, daß er sich damit noch zurückhaltend ausdrückte. »Soweit ich weiß, ist dies das erste Mal, daß ein tibetanisches Kloster einen automatischen Sequenzrechner bestellt. Ich möchte nicht neugierig erscheinen, aber ich kann mir nicht denken, daß Ihr… äh… Ihre Institution mit einem solchen Computer viel anfangen könnte. Wäre es zuviel verlangt, wenn ich Sie bitte, mir zu erklären, was Sie nun eigentlich damit vorhaben?«
»Gewiß nicht«, erwiderte der Lama, streifte seine weite Seidenrobe zurecht und verstaute bedächtig den Rechenschieber, mit dem er eben einige Währungsumrechnungen angestellt hatte. »Ihr Mark-V-Rechner kann alle üblichen mathematischen Operationen mit bis zu zehn Elementen ausführen. Bei unserem Vorhaben geht es jedoch um Buchstaben, nicht um Zahlen. Es wird nötig sein, den Ausdruckmechanismus zu modifizieren, aber dann wird die Maschine Wörter und nicht Zahlenkolonnen ausdrucken.«
»Ich verstehe Sie nicht ganz…«
»Es handelt sich um ein Projekt, an dem wir seit gut dreihundert Jahren arbeiten – genauer gesagt, seit der Begründung unseres Klosters. Für Ihre Anschauungen mag das alles recht fremdartig klingen, aber ich hoffe, Sie sind bereit, mich unvoreingenommen anzuhören.«
»Selbstverständlich.«
»Eigentlich ist es ganz einfach. Wir haben uns vorgenommen, eine Liste aller möglichen Namen Gottes zusammenzustellen.«
»Wie bitte?«
»Wir sind zu der Ansicht gelangt«, fuhr der Lama seelenruhig fort, »daß alle diese Namen mit nicht mehr als neun Buchstaben eines eigens von uns entworfenen Alphabets darzustellen sind.«
»Und daran arbeiten Sie seit drei Jahrhunderten?«
»Ja. Wir erwarten, fünfzehntausend Jahre zu brauchen, um unser Vorhaben zu Ende zu bringen.«
»Oh.« Dr. Wagner wirkte etwas betroffen. »Jetzt verstehe ich, warum Sie einen unserer Rechner mieten wollen. Aber worin liegt der Sinn dieses Projekts?«
Der Lama zögerte einen Sekundenbruchteil, und Wagner fragte sich schon, ob er ihn womöglich beleidigt hatte. Der Antwort des Lamas war indes nicht die Spur einer Verärgerung anzumerken.
»Für Sie mag das als sinnloses Ritual erscheinen, aber uns gilt es als eine Grundlage unseres Glaubens. Die vielen verschiedenen Namen für das höchste Wesen – Gott, Jehova, Allah und so weiter – sind nur vom Menschen erfundene Bezeichnungen. Ich möchte nicht auf die recht komplizierten philosophischen Probleme eingehen, die dieser Anschauung zugrunde liegen, aber wir glauben, daß unter allen möglichen Kombinationen jener neun Buchstaben auch die sein müssen, die wir die wahren Namen Gottes nennen können. Wir haben versucht, durch systematische Permutation der Buchstaben eine komplette Liste anzulegen.«
»Ich
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