Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titan 3

Titan 3

Titel: Titan 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
Vom Netzwerk:
kleiner Triumph für Harry, der ihn jedoch ein wenig aufmunterte, wenn er an das tödliche Ding an seinem Handgelenk denken mußte, oder an die seltsame Situation, daß das Medizinische Zentrum schon seit drei Wochen keine Verbindung mehr mit der Gouverneursvilla hatte, daß ein Konvoi nicht durchkommen konnte, daß eine Nachricht durch einen Boten, zu Fuß, überbracht werden mußte.
    Unter anderen Umständen wäre Marna Harry recht anziehend erschienen. Sie war schlank und graziös, hatte eine feine, helle Haut und regelmäßige Züge, und der Kontrast zwischen ihrem dunklen Haar und ihren blauen Augen war sehr apart. Sie war jedoch zu jung, störrisch und außerdem durch widrige Umstände an ihn gebunden. Er war für sie nur ein hassenswerter Gefangenenaufseher – und sie war schließlich noch ein Kind.
    Sie erreichten das Tor eine Minute vor Beginn der Ausgangssperre.
    Nach beiden Seiten hin, so weit Harry sehen konnte, erstreckte sich der doppelte Metalldrahtzaun, der die gesamte Stadt umgab. Nachts wurde er unter Strom gesetzt, und scharfe Hunde liefen zwischen den Zäunen frei herum.
    Trotzdem gelang es immer wieder Bürgern, zu entkommen. Sie bildeten Banden von Gesetzlosen, die hilflose Reisende überfielen. Das war eine der Gefahren, mit denen sie zu rechnen hatten.
    Der Wachtposten am Tor war ein dunkelhäutiger Edling in mittlerem Alter. Mit sechzig Jahren hatte er jede Hoffnung aufgegeben, noch der Unsterblichkeit für würdig befunden zu werden. Nun wollte er sich nur mehr ein möglichst angenehmes Leben machen. Dazu gehörte unter anderem, daß er alle schikanierte, die unter ihm standen.
    Er besah sich den blauen, nur für Tageslicht gültigen Paß, dann musterte er Harry. »Topeka? Und zu Fuß.« Er lachte, daß sein fetter Bauch zitterte, und er husten mußte. »Wenn die Leichenfledderer euch nicht erwischen, dann die Kopfjäger. Pro Kopf werden jetzt zwanzig Dollar bezahlt. Nur für die Köpfe von Verbrechern, versteht sich, aber Köpfe reden ja nicht. Jedenfalls nicht ohne den dazugehörigen Körper. Das habt ihr natürlich vor – euch einer Bande anzuschließen.« Er spuckte dicht neben Harrys Fuß auf den Gehsteig.
    Harry zuckte angewidert zurück. Die Augen des Postens leuchteten höhnisch auf.
    »Lassen Sie uns nun durch oder nicht?« fragte Harry.
    »Euch durchlassen?« Der Wachtposten schaute bedächtig auf die Uhr. »Das geht nicht. Die Ausgangssperre hat begonnen. Klar?«
    Harry beugte sich automatisch vor, um selbst einen Blick auf die Uhr zu werfen. »Aber wir sind doch vorher…«, begann er. Die Faust des Postens traf ihn knapp über dem linken Ohr und schleuderte ihn zurück.
    »Rein da und hiergeblieben, ihr dreckigen Bürger!« schrie der Wachtposten.
    Harrys Hand zuckte zu der Tasche, wo er immer den Hypospray verwahrte, aber sie war leer. Worte, die diesen Mann aus seiner Stellung in das Dasein eines Vergessenen schleudern würden, drängten sich auf Harrys Lippen, aber er wagte es nicht, sie auszusprechen. Er war nicht mehr Doktor Elliott, nicht, bis er die Gouverneursvilla erreichte. Er war Harry Elliott, Bürger, leichtes Opfer für die Faust jedes Mannes, und er durfte sich glücklich schätzen, wenn es nur eine Faust war.
    »Nun«, sagte der Wächter anzüglich, »wenn ihr das Mädchen… äh… als Bürgen zurücklassen würdet…« Er mußte wieder husten.
    Marna wich zurück. Ungewollt berührte sie Harry. Es war der erste körperliche Kontakt zwischen ihnen, und obwohl sie durch den Zwang des Schmerzes viel intimer verbunden waren, ging etwas Seltsames in Harry vor. Sein Körper zuckte vor der Berührung zurück wie vor einem kochend heißen Sterilisator. Marna erstarrte, als sie seine Reaktion bemerkte.
    Harry sah beunruhigt, daß Pearce auf den Wachhabenden zuhumpelte, geleitet von seiner Stimme. Pearce streckte tastend die Hand aus, fand den Arm und tastete sich bis zur Hand weiter. Harry ballte die Fäuste und wartete reglos darauf, daß der Posten den alten Mann niederschlug. Aber der zollte ihm instinktiv den Respekt, der dem hohen Alter gebührt, und schaute ihn nur neugierig an.
    »Schwache Lunge«, flüsterte Pearce. »Vorsichtig sein. Eine Lungenentzündung kann Sie umbringen, bevor die Antibiotika wirken. Und im linken unteren Lappen eine Andeutung von Krebs…«
    »Ach was!« Der Wachtposten riß seine Hand weg, aber seine Stimme klang verängstigt.
    »Röntgen lassen«, flüsterte Pearce. »Nicht warten.«
    »Mit… mit mir ist alles in Ordnung«, stammelte

Weitere Kostenlose Bücher