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Titan 3

Titan 3

Titel: Titan 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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die unterirdischen Straßen des Medizinischen Zentrums befahren.
    Sein Arm schmerzte, aber es war nicht mehr so schlimm wie vorhin, wo er nichts dagegen hatte tun können. Jetzt war der Schmerz für ihn ein Leitstrahl. Als er eine Weile gefahren war, spürte er, wie das furchtbare Brennen nachließ. Das bedeutete, daß er Marna näher kam.
     
    Es war Nacht, bevor er sie gefunden hatte. Die anderen Motorräder hatten einen zu großen Vorsprung gehabt, so daß er mehrere Kilometer über die Stelle hinausgefahren war, wo sie abgebogen waren. Erst die zunehmenden Schmerzen warnten ihn. Er fuhr hin und her, bis er endlich an dem Autobahnknoten sechzehn Kilometer östlich von Lawrence die richtige Ausfahrt fand.
    Von dort führte eine verfallene Asphaltstraße nach Osten. Der brennende Schmerz in Harrys Arm milderte sich zu einem Stechen. Die Straße endete in einem undurchdringlichen Dickicht. Harry konnte gerade noch davor anhalten. Er blieb reglos im Sattel sitzen und dachte nach.
    Er hatte sich nicht überlegt, was er tun sollte, wenn er Marna aufgespürt hatte; er war einfach losgerast, einesteils getrieben von dem quälenden Armreif, andernteils von seinen etwas zwiespältigen Gefühlen für das Mädchen.
    Irgendwie – er konnte kaum die verwickelte Kette von Zufällen bis an den Beginn zurückverfolgen – war er dazu gebracht worden, diese elende Expedition vom Medizinischen Zentrum zur Gouverneursvilla zu führen.
    Von Anfang an war sein Leben bedroht gewesen, und das hieß, wenn nicht alle seine Hoffnungen umsonst waren, nicht nur ein paar Jahre, sondern die Ewigkeit. Wollte er das alles riskieren, nur um ein Mädchen aus der Mitte eines Rudels grausamer junger Wölfe zu retten?
    Aber was sollte er sonst tun, mit dem Reif am Handgelenk? Was würde der Gouverneur sagen? Und was aus Marna werden?
    »Ralph?« fragte jemand aus dem Dunkel. Damit war ihm die Entscheidung abgenommen.
    »Ja«, murmelte er undeutlich. »Wo sind alle?«
    »Üblicher Platz – an der Böschung.«
    Harry ging hinkend auf die Stimme zu. »Ich kann nichts sehen. «
    »Wart, ich komm mit der Lampe.«
    Es wurde hell zwischen den Bäumen, und eine schwarze Gestalt tauchte vor Harry auf. Harry blinzelte, kniff die Augen zusammen und schlug mit der Handkante gegen den vierten Nackenwirbel des Mannes. Als der Edling umkippte, fing Harry den Körper auf und ließ ihn ins Gras sinken. Dann hob er die Lampe auf und betastete das Genick des Bewußtlosen. Es war tatsächlich gebrochen, doch der Mann atmete noch. Harry richtete den Hals gerade, damit auf das Nervengewebe kein Druck ausgeübt wurde, und blickte auf.
    Weiter vorne konnte er einen flackernden Lichtschein erkennen. Nichts rührte sich jedoch, niemand rief – man hatte ihn also nicht gehört. Er knipste das Licht an, fand den Pfad und ging tiefer in den Wald hinein.
    Das Lagerfeuer war in der Nische eines Lehmhangs angelegt worden, so daß man es von oben her nicht sehen konnte. Einer der Edlinge drehte einen Spieß, an dem ein ganzes Reh briet. Harry begriff nun auch, was die schmerzende Leere in seinem Innern bedeutete: Hunger.
    Die übrigen Edlinge saßen in einem Halbkreis um das Feuer. Marna kauerte auf der anderen Seite, die Hände auf den Rücken gefesselt. Sie hob den Kopf und spähte suchend ins Dunkel. Wonach hielt sie Ausschau? Natürlich. Nach ihm – der Reif an ihrem Handgelenk sagte ihr ja, daß er in der Nähe sein mußte.
    Er hätte ihr gern irgendein Zeichen gegeben, aber es war einfach nicht möglich. Er musterte die Edlinge: einer war ein Albino, ein zweiter hatte einen Wasserkopf, ein dritter war Spastiker. Die anderen mochten körperliche Defekte haben, die Harry nicht sehen konnte. Einer war eine Ausnahme – er schien älter als die anderen zu sein und lehnte sich gegen die lehmige Böschung. Er war blind, aber man hatte ihm elektrisch gesteuerte Teleskoplinsen in die Augenhöhlen eingesetzt. Er trug eine Batterie auf dem Rücken, von der Kabel zu den Linsen und zu einer Antenne in seiner Jacke führten.
    Harry schlich sich vorsichtig außerhalb des Feuerscheins am Waldrand entlang zu Marna hinüber.
    »Zuerst das Festessen«, grinste der Albino, »dann das Vergnügen.«
    Der Mann, der den Spieß drehte, wandte ein: »Ich finde, wir sollten uns zuerst das Vergnügen leisten – dann sind wir erst so richtig hungrig.«
    Sie debattierten hin und her, zuerst gutmütig, dann, als sich die anderen einmischten, mit größerer Hitze. Schließlich wandte sich der Albino an

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