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Titan 3

Titan 3

Titel: Titan 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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als ihr Blick auf ihn fiel, leuchteten sie auf, verschleierten sich aber gleich wieder.
    »Es geht schon«, versicherte sie leise.
    Harry kratzte sich in der linken Ellenbeuge, wo die Kanüle eingeführt worden war. »Ich versteh nicht – Sie und Pearce, ihr habt mich gerettet, aber wie… wie…«
    »Geben Sie sich keine Mühe, es zu verstehen«, sagte sie. »Akzeptieren Sie es einfach.«
    »Das gibt es einfach nicht«, murmelte er. »Wer sind Sie nur?«
    »Die Tochter des Gouverneurs.«
    »Ich meine, was sind Sie?«
    »Eine Cartwright«, antwortete sie bitter.
    Er konnte es kaum fassen. Eine der Unsterblichen! Kein Wunder, daß ihr Blut das Gift unschädlich gemacht hatte. Das Blut der Cartwrights war das beste Gegenmittel gegen jegliche fremde Substanzen. »Wie alt sind Sie?«
    »Siebzehn«, sagte sie. Sie blickte an ihrer schmächtigen Figur hinunter. »Wir reifen langsam, wir Cartwrights. Deshalb hat mich ja Weaver in das Medizinische Zentrum bringen lassen. Man sollte feststellen, ob ich fruchtbar bin. Fruchtbare Cartwrights müssen so früh wie möglich Nachkommen in die Welt setzen.«
    Sie haßte ihren Vater, das war offensichtlich.
    »Er… er wird Sie befruchten lassen…«, flüsterte Harry betroffen.
    »Er wird zunächst versuchen, es selbst zu tun«, sagte sie leidenschaftslos. »Er ist nicht sehr fruchtbar; deshalb sind wir nur zu dritt. Meine Großmutter, meine Mutter und ich. Außerdem haben wir eine gewisse Kontrolle über die Empfängnis, vor allem nach abgeschlossener Reife. Wir wollen seine Kinder nicht, obwohl er dann vielleicht nicht mehr so von uns abhängig wäre. Ich fürchte…« – ihre Stimme brach – »ich fürchte, ich bin nicht reif genug.«
    »Warum haben Sie mir das nicht früher gesagt?« fragte Harry.
    »Damit Sie mich wie eine Cartwright behandeln?« Ihre Augen glommen zornig auf. »Eine Cartwright ist kein Mensch. Eine Cartwright ist eine wandelnde Blutbank, eine lebende Quelle der Jugend, etwas, das man besitzt, benutzt, bewacht, aber nie leben, richtig leben läßt. Außerdem«, sie ließ den Kopf sinken, »Sie glauben mir doch nicht. Das mit Weaver.«
    »Aber er ist der Gouverneur!« rief Harry. Er sah ihre Miene und wandte sich ab. Wie sollte er ihr das erklären? Man hatte seine Arbeit, man hatte seine Pflicht – konnte er das alles so einfach vergessen? Außerdem mußte man an die Armbänder denken. Nur der Gouverneur hatte einen Schlüssel dazu. Sie konnten nicht auf die Dauer so existieren. Sie würden wieder getrennt werden, durch Zufall oder Gewalt, und dann würde er sterben.
    Er stand auf. Einen Moment lang drehte sich alles um ihn, aber es wurde ihm rasch besser. »Ich schulde Ihnen wieder Dank«, sagte er zu Pearce.
    »Sie haben schwer gekämpft, sich Ihre Überzeugungen zu erhalten«, flüsterte Pearce, »doch ein vernünftiger Kern in Ihnen kam mir zu Hilfe und sagte Ihnen, es sei besser, ein gesunder Mensch mit zerstörten Ansichten als ein zerstörter Mensch mit gesunden Ansichten zu sein – was Sie für gesunde Ansichten hielten.«
    Harry starrte den alten Mann ernst an. Entweder war er ein echter Heiler, der nicht erklären konnte, wie er seine Wunder wirkte, oder die Welt war überhaupt viel verrückter, als Harry es sich je vorgestellt hatte. »Wenn wir jetzt aufbrechen«, sagte er schließlich, »dann sollten wir bis zum Mittag die Villa erreichen.«
    Als er an dem Zwerg vorbeikam, schaute er ihn an, blieb stehen und warf einen Blick zurück zu Marna und Pearce. Dann bückte er sich, hob den mißgestalteten kleinen Körper auf und trug ihn zur Straße.
    Der Hubschrauber stand neben der Autobahn. »Wenn wir fliegen, sind wir in ein paar Minuten am Ziel«, brummte er.
    »Man erwartet uns nicht so«, wandte Marna ein. »Wir würden abgeschossen, bevor wir auch nur in die Nähe kämen.«
    Harry schnallte den Zwerg auf dem Pilotensitz fest. Der gelähmte Leichenfledderer starrte ihn aus haßerfüllten Augen an. Harry startete den Motor, drückte auf den Knopf mit der Bezeichnung ›Rückkehr‹ an der automatischen Steuerung und trat zurück. Der Helikopter stieg hoch, ging auf Horizontalflug über und drehte nach Südosten ab.
    Christopher und Pearce standen schon auf der Straße, als Harry sich umwandte.
    Christopher grinste unvermittelt und hielt ihm eine Hasenkeule hin. »Ihr Frühstück.«
    Dann marschierten sie auf der Autobahn weiter in Richtung Lawrence.
     
    Die Villa des Gouverneurs stand auf einem L-förmigen Hügel, der zwischen zwei Flußtälern

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