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Titan 5

Titan 5

Titel: Titan 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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eines Majors beugte sich aus dem Wagen und nickte den Leuten vor dem Kircheneingang zu.
    »Stehen Sie nicht herum! Sehen Sie zu, daß Sie in Sicherheit kommen! Gehen Sie nach Haus und schalten Sie Ihre Radios ein, bevor die Tiefflieger kommen und zum Spaß eine Hasenjagd mit Ihnen veranstalten. Wenn sie sich Topeka als nächstes Ziel ausgesucht haben, wofür einiges spricht, dann werden sie diese Ortschaft überfliegen.« Er verschwand wieder unter der Plane und begann einen der drei Mitfahrer mit Flüchen zu überschütten. Der Wagen fuhr mit einem Ruck an und jagte der Kolonne nach, die sich in Richtung auf Clyde entfernte.
    Seit dem Beginn der Invasion hatte es an Nachrichten über Tieffliegerangriffe nicht gemangelt, und die Menschen gingen rasch auseinander. Amos versuchte die restlichen Gemeindemitglieder zu einem kurzen gemeinsamen Gebet zurückzuhalten und ihnen Gelegenheit zu geben, ihre Gedanken zu sammeln, aber inzwischen strebte alles dem Ausgang zu. Eine Minute später war er allein mit Doktor Miller.
    »Geh lieber heim, Amos«, schlug Miller vor. »Mein Wagen steht einen halben Block von hier. Soll ich dich mitnehmen?«
    Amos nickte resigniert. Seine Knochen fühlten sich trocken und spröde an, und in seinem Mund war Staub, dichter als der in der Luft. Er kam sich alt und zum erstenmal in seinem Leben beinahe nutzlos vor. Er folgte dem Arzt schweigend, erleichtert, daß er in diesem Zustand nicht die sechs Blocks zu dem kleinen Haus gehen mußte, das die Gemeinde ihm zur Verfügung gestellt hatte.
    Ein uralter Wagen in überaus schlechtem Zustand überholte sie ratternd, als sie sich Docs Auto näherten. Es hielt an, und ein Mann in einem schmutzigen Overall beugte sich heraus. In seinem Gesicht arbeitete es, als ob er Krämpfe hätte. »Seid ihr bereit, Brüder? Seid ihr erlöst? Harmagedon ist gekommen, wie das Buch prophezeite. Macht euren Frieden mit Gott, Brüder! Das Ende der Welt ist nahe, wie es geweissagt wurde, Amen!«
    »Wo hat die Bibel prophezeit, daß fremde Rassen über die Erde herfallen?« rief Doc Miller ihm zu.
    Der Mann zwinkerte, runzelte die Stirn und schrie etwas über Sünder, die für immer und ewig in der Hölle würden Qualen erdulden müssen, bevor er sein altersschwaches Fahrzeug wieder in Gang setzte. Amos seufzte. Mit zunehmender Not würden überall Fanatiker aufstehen und den Weltuntergang predigen und zum Schaden aller ehrlichen Religion falsche Prophezeiungen und Botschaften verkünden. Er hatte sich nie darüber klarwerden können, ob diese Leute in irgendeiner Weise Gott nützlich waren, oder ob sie der bösen Macht dienten.
    »In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen«, bemerkte er zu Doc Miller, als sie einstiegen. »Es ist durchaus möglich, darin eine allegorische Anspielung auf andere Welten in den Himmeln zu sehen.«
    Doc Miller zog ein säuerliches Gesicht und zuckte die Achseln. Dann seufzte er, nahm eine Hand vom Lenkrad und umfaßte Amos’ Knie. »Ich hörte die Nachricht über Dick, Amos. Sie hat mich sehr traurig gemacht. Das erste Baby, das ich in meiner Laufbahn zur Welt brachte – und das schönste!« Er seufzte wieder und starrte in die Richtung, in der Clyde liegen mußte, als Amos keine Worte fand. »Ich verstehe es nicht«, murmelte er. »Warum können wir ihre Brückenköpfe nicht mit Atombomben belegen? Was ist mit den Raketen, die überall eingebunkert sind?«
    Amos stieg vor dem ungestrichenen Holzhaus aus, ergriff des Doktors Hand, drückte sie schweigend und nickte. Er mußte den Nachmittag benutzen, um seine Gedanken zu ordnen. Wenn der Abend käme und die Leute sich im Freien bewegen konnten, ohne Tieffliegerangriffe fürchten zu müssen, würde er sie mit der Kirchenglocke zusammenrufen, denn sie brauchten geistlichen Beistand. Wenn er ihnen helfen konnte, Gottes Ratschluß mit Ergebenheit hinzunehmen und von dem fruchtlosen Bemühen abzulassen, Ihn verstehen zu wollen…
    Er dachte an jenen Augenblick in der Kirche, als Gott ihn und die Gemeinde mit Seiner Wärme zu umfangen schien, und daß es beinah wie das alte Gefühl wahrer Erfüllung gewesen war. Vielleicht war jetzt, in der Stunde der höchsten Not, ein gewisses Maß von göttlicher Inspiration über ihn gekommen.
    Ruth deckte gerade den Tisch. Ihre kleine, stille Gestalt bewegte sich rasch und geschäftig wie immer, aber ihr Gesicht wirkte gedunsen, und ihre Augen waren gerötet.
    »Es tut mir leid, daß ich noch nicht fertig bin, Amos. Aber gleich nach dem Telegramm kam Anne

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