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Titan 6

Titan 6

Titel: Titan 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne SF Classics
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mit seiner fantastischen Orgelstimme. ›Ich bin Ares Sen Kenlin. Und Sie?‹
    ›James Waters Bendell.‹
    ›Waters – was bedeutet das? Diese Klassifizierung ist mir nicht vertraut.‹
    ›Wieso – das ist natürlich ein Name. Warum sollte er Ihnen bekannt sein?‹
    ›Ich verstehe – Sie haben also keine Klassifizierungen. Sen steht für Wissenschaft.‹
    ›Woher kommen Sie, Mr. Kenlin?‹
    ›Woher ich komme?‹ Er lächelte, und seine Antwort war leise und nachdenklich. ›Ich komme über sieben Millionen Jahre oder mehr hinweg durch den Raum. Sie hatten keine Zeitrechnung mehr – die Menschen jener Ära. Die Maschinen hatten diese unnötige Dienstleistung längst aufgegeben. Man wußte nicht mehr, welches Jahr es war. Davor jedoch – nun ich bin in Neva’th City im Jahre 3059 zu Hause.‹
    Daraufhin begann ich zu glauben, er sei ein Verrückter.
    ›Ich war Experimentator‹, fuhr er fort. ›Ich sagte ja schon, Klasse Wissenschaft. Mein Vater war auch ein Wissenschaftler, aber er befaßte sich mit Humangenetik. Ich selbst bin ein Experiment. Er hatte damit Erfolg, und die ganze Welt folgte seinem Beispiel. Ich war der erste der neuen Rasse.
    Aber diese neue Rasse – was ist, was wird ihr Geschick sein? Ich habe das Ende gesehen – fast das Ende. Ich sah diese kleinen Menschen, verwirrt, verloren – hilflos. Und die Maschinen. Muß es so kommen – kann nichts ein solches Ende verhindern?
    Passen Sie auf – ich hörte dieses Lied.‹
    Und er sang es. Nun brauchte er mir nichts mehr über jene Menschen zu erzählen. Ich kannte sie. Ich konnte ihre Stimmen hören, die seltsame, abgehackte, fremdartige Sprache. Ich konnte ihre wirren Sehnsüchte nachempfinden. Die Melodie war in irgendeiner Moll-Tonart, glaube ich. Die Töne riefen und flehten und suchten, hoffnungslos. Und über allem lag das gleichförmige Rumpeln und Surren der fremdgewordenen, vergessenen Maschinen.
    Die Maschinen, die nie mehr zum Stillstand kamen, weil sie einmal in Gang gebracht worden waren, und die kleinen Menschen vergessen hatten, wie man sie abstellte, ja wozu sie dienten, und sie nur anschauten und ihnen lauschten und sich ihre Gedanken machten. Sie konnten nicht mehr lesen oder schreiben, und die Sprache hatte sich so verändert, daß die Tonaufzeichnungen ihrer Vorfahren ihnen nichts sagten.
    Dieses Lied jedoch ging unter, und verwundert dachten sie nach, wie alles gewesen sein mochte. Sie blickten in den Weltraum hinaus und sahen warme, freundliche Sterne – viel zu weit weg. Neun Planeten kannten sie und hatten sie besiedelt. Und in ihrem Gefängnis der endlosen Weite konnten sie keine andere Rasse, kein neues Leben entdecken.
    Nur zwei Dinge gab es für sie. Die Maschinen. Und Vergessen. Und vielleicht noch etwas. Aber warum?
    Das alles sagte mir dieses Lied, und es machte mich frösteln. Kein Mensch unserer Tage sollte es hören müssen. Fast tötete es etwas. Hoffnung… Nach diesem Lied – ich – nun, jetzt glaubte ich ihm.
    Als er das Lied beendet hatte, schwieg er lange Zeit. Dann schüttelte er sich ein wenig und nahm den Faden seines Berichts wieder auf.«
     
    *
     
    Sie werden das nicht verstehen. Noch nicht – aber ich habe sie gesehen. Diese Menschen, sie stehen herum, wie Mißgeburten mit ihren übergroßen Köpfen. Aber diese Köpfe enthalten nichts als stumpfe Gehirnmasse. Sie hatten einmal Maschinen, die denken konnten – aber irgend jemand muß sie vor langer Zeit abgeschaltet haben, und niemand wußte mehr, wie man sie in Gang brachte. Das war das Problem mit diesen Leuten. Sie hatten wunderbare Gehirne, viel weiter entwickelt als Ihres oder meins. Nur waren sie anscheinend seit Millionen Jahren ebenfalls abgeschaltet, und seitdem haben diese Menschen nicht mehr wirklich gedacht. Freundliche, kleine Leute, ahnungslos wie Kinder.
    Als ich in dieses Feld geriet, riß es mich mit wie ein Schwerefeld, das ein Raumschiff auf einen Planeten hinunterzieht. Es saugte mich ein und spie mich wieder aus. Nur lag sein anderes Ende eben sieben Millionen Jahre in der Zukunft. Ich geriet wahrscheinlich genau an die gleiche Stelle der Erdoberfläche, als ich auftauchte, aber ich habe keine Ahnung, weshalb.
    Es war gerade Nacht, und ich konnte die Stadt in einiger Entfernung deutlich sehen. Der Mond goß sein Licht über sie aus, aber das ganze Bild wirkte irgendwie falsch. Wissen Sie, in sieben Millionen Jahren müssen die Menschen einiges an den Stellungen der Himmelskörper herumgebastelt haben – die

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