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Titan 7

Titan 7

Titel: Titan 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne SF Classics
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Zwanzigfache zu beschleunigen. Sie fraßen zwanzigmal soviel, wuchsen zwanzigmal so schnell und – starben zwanzigmal früher als Gleichartige.
    Kidder konstruierte einen riesigen hermetisch verschlossenen Raum. Unmittelbar darüber errichtete er noch einen Raum, der denselben Grundriß aufwies, jedoch niedriger war. Das war sein Kontrollraum. Den großen Raum teilte er auf in vier voneinander abgedichtete Bereiche, von denen er jeden einzelnen mit seinen eigenen Geräten ausstattete – Miniaturkräne, bewegliche Hebearme und Greifautomaten aller Art. Zwischen dem oberen und dem unteren Raum installierte er Falltüren, die mit Luftschleusen ausgerüstet waren.
    Mittlerweile war in dem anderen Labor ein warmblütiger, schlangenhäutiger Vierbeiner entstanden, der einen erstaunlich raschen Lebenszyklus aufwies – alle acht Tage löste eine Generation die andere ab; die Lebensspanne dauerte etwa fünfzehn Tage. Das Wesen war – wie der Ameisenigel – ein eierlegendes Säugetier. Die Tragzeit betrug sechs Stunden; nach dreistündigem Brüten schlüpften die Jungen aus. Nach vier Tagen erreichten sie bereits ihre Geschlechtsreife. Jedes Weibchen legte vier Eier und lebte gerade solange, daß es die Jungen nach dem Ausschlüpfen noch kurze Zeit ernähren konnte. Das Männchen starb gewöhnlich schon zwei oder drei Stunden nach der Paarung. Die Wesen waren enorm anpassungsfähig. Sie waren klein – nicht länger als sieben Zentimeter – und vom Boden zur Schulter gemessen etwa fünf Zentimeter. Ihre Vorderpfoten bestanden aus drei Fingern, denen ein dreigliedriger Daumen gegenüberstand. Sie waren auf ein Leben in einer hochgradig ammoniakhaltigen Atmosphäre programmiert. Kidder züchtete eine Reihe der Kreaturen heran und setzte je eine Gruppe von ihnen in die vier Abteilungen des hermetisch versiegelten Raums.
    Dann war er bereit. Mit seinem Atmosphärengerät simulierte er die unterschiedlichsten Bedingungen; er variierte die Temperatur, den Sauerstoffgehalt der Luft und die Luftfeuchtigkeit. Er ließ sie sterben wie die Fliegen, indem er sie zum Beispiel wahren Überflutungen von Kohlendioxyd aussetzte. Die Überlebenden vererbten ihre dadurch erworbene physische Resistenz an die darauffolgende Generation. Um die einzelnen genetischen Stämme zu vermischen und zu variieren, tauschte er in regelmäßigen Abständen die Eier der einzelnen Abteilungen untereinander aus. Die Folge war, daß die Wesen sich unter diesen bewußt gesteuerten Bedingungen rasch weiterentwickelten.
    Dies war also die Antwort auf sein Problem. Den intellektuellen Fortschritt der menschlichen Rasse konnte er nicht derart beschleunigen, daß er imstande gewesen wäre, ihm das Wissen, nach dem sein unfaßbarer Verstand dürstete, beizubringen. Und da er auch seine eigene Entwicklung nicht beschleunigen konnte, hatte er eine neue Rasse geschaffen – eine Rasse, die ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten so schnell entwickeln würde, daß sie die menschliche Zivilisation sehr bald übertreffen würde; und von dieser Rasse würde er endlich lernen können.
    Sie waren Kidders Macht völlig unterworfen. Die normale Erdatmosphäre hätte sie vergiftet; das machte er jeder vierten Generation mit Nachdruck klar. Sie würden keinerlei Versuche unternehmen, ihm zu entkommen. Sie würden ihr Leben damit verbringen, sich weiterzuentwickeln und ihre kleinen ›Versuch-Irrtum-Experimente‹ hundertmal schneller als der Mensch zu machen. Gleichzeitig waren sie dem Menschen unterworfen, denn Kidder hatte sie in der Hand, sie zu leiten wie er wollte. Hatte der Mensch sechstausend Jahre gebraucht, die Wissenschaft wirklich zu entdecken und weitere dreihundert Jahre, sie anzuwenden, so schafften es Kidders Geschöpfe in zweihundert Tagen, dem Menschen an geistigen Fähigkeiten gleichzukommen. Von dem Tage an ließen Kidders Retortenprodukte den großen alten Thomas A. Edison wie einen armseligen Heimbastler aussehen.
    Er gab seinen Geschöpfen den Namen Neoteriker, und er brachte sie dazu, für ihn zu arbeiten. Kidder war auf eine ideologische Weise sehr erfinderisch; das heißt, vorausgesetzt, er selbst brauchte sie nicht auszuarbeiten, war er fähig, sich die unmöglichsten Sachen auszuspinnen. So brachte er zum Beispiel die Neoteriker dazu, auszutüfteln, wie sie sich Behausungen aus porösem Material bauen sollten. Das Bedürfnis nach solchen Behausungen stellte er her, indem er eine der Abteilungen einem Hochdruck-Regensturm aussetzte, der die darin

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