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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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mich sofort an ein Experiment, das ich oft zu
Unterrichtszwecken vor Knaben gezeigt hatte, um Elementarphysik im Labor zu
erläutern. Ein kleiner Magnet auf einem Korken in einer Wasserschale und ein
kleines Stahlteil, plaziert auf einem Kork in der Nachbarschaft, wurde vom
Magneten durch die magnetische Kraft angezogen. Es erinnerte mich außerdem an
meines kleinen Jungen Kinderbadewanne, in der eine große Zelluloid-Schwimmente
durch kappilare Anziehungskraft kleinere Enten, Frösche, Käfer und anderes
Getier bewegte, bis sie als Einheit schwammen, ihre natürlichen Antipathien
vergessend.
    Auf der New
York wurden Befehle gerufen, Seeleute rannten hin und her, ließen Seile
herab und warfen Fender über die Seite, an der wir scheinbar zusammenstoßen
würden. Der Schlepper, der einige Momente vorher von unserem Bug losgeworfen
hatte, rundete unser Heck und lief zur Kaiseite zum Heck der New York, machte
dort fest und versuchte, mit aller zur Verfügung stehenden Kraft seiner
Maschine, sie zurückzuziehen. Dabei sah es nicht so aus, als ob der Schlepper
einen großen Eindruck auf die New York machte. Abgesehen von der ernsten
Art des Unglücks war es ein unwiderstehlich komisches Bild, anzusehen, wie das
große Schiff das Hafenbecken mit einem schnaufenden Schlepper hinter sich
entlang trieb, so wie manchmal kleine Buben ihre miniaturisierten Spielzeuge
die Straße hinabziehen, mit dem Seil im Mund, breitbeinig, Kopf und Rumpf
schwingend, um die größte Kraft in jedes Gramm ihres Körpers zu legen. Zuerst
sah es so aus, als ob die Hecks der Schiffe zusammenstoßen würden, aber von der
hinteren Brücke der Titanic dirigierte ein Offizier Maßnahmen, die uns
stoppten, der Sog hörte auf, und die New York bewegte sich mit ihrem
Schleppernachspann gezwungenermaßen das Hafenbecken herunter, und ihr Heck
glitt nur einige Meter entfernt an der Seite der Titanic entlang. Das
gab einen außergewöhnlichen Eindruck von der Hilflosigkeit des großen Schiffes
und von den Kräften, es zu steuern. Aber die Aufregung war noch nicht vorüber:
Die New York drehte ihren Bug zur Kaiseite, ihr Heck kam gerade klar von
unserem passierenden Bug und bewegte sich langsam auf die Teutonic zu,
die an der Seite vertäut lag. Schnell wurden Fender ausgeworfen, um die Kraft
des Zusammenstoßes abzufangen. Von der Stelle, an der wir uns befanden, sah es
so aus, als wären sie nicht geeignet, eine Deformierung zu vermeiden. Ein
weiterer Schlepper erschien und nahm die New York am Bug, und beide
zogen sie sie um eine Ecke des Kais, der hier in einer Flußbiegung endete.
     
     
    Wir bewegten uns langsam voraus
und passierten die Teutonic in kriechendem Tempo, aber ungeachtet
dessen, zerrte sie so heftig an ihrer Vertäuung, daß sie um mehrere Grad in dem
Bestreben schlingerte, der Titanic zu folgen. Die Menge wurde
zurückgerufen und eine Gruppe von goldbetreßten Offiziellen, vielleicht der
Hafenkapitän und sein Stab, die an der Außenseite bei den festgemachten Trossen
standen, sprangen über sie zurück wie von einer Feder gezogen und drängten die
Leute weiter zurück. Aber wir kamen gerade klar, und als wir langsam die
Kaispitze in den Fluß rundeten, sah ich die Teutonic langsam auf ihre
normale Position zurückkehren, die Spannung in den Trossen nachlassend wie auch
die der Gemüter aller, die Augenzeuge dieser Begebenheit waren.
    So unangenehm
dieser Zwischenfall auch war, zeigte er doch allen Passagieren, die über der
Reling lehnten, daß es Mittel und Wege gab, um Zusammenstöße zu vermeiden,
indem Offiziere und Mannschaften der Schiffe zusammenarbeiteten. Sie sahen auf
der rückwärtigen Brücke der Titanic einen Offizier und einen Seemann.
Sie telephonierten und läuteten Glocken, tauschten Flaggensignale aus und
verringerten damit die Gefahr der Kollision.
    Niemand anders war mehr
interessiert als ein amerikanischer Kinematograph, der mit seiner Frau die
Szene mit ungeduldigen Augen verfolgte, seine Handkurbel mit einer Inbrunst
drehend, als bekäme er die unvermutet stärkste Einstellung auf seinen Film. Es
war unverkennbar ein Zufall für ihn, heute an Bord zu sein. Aber weder der Film
noch jener, der ihn entwickelte, erreichte das andere Ufer, und die
Aufzeichnung des Unfalls vom Deck der Titanic aus wurde nie auf eine
Leinwand gebracht.
    Als wir den
Fluß hinunterdampften war die Begebenheit, dessen Augenzeuge wir waren, auch
Mittelpunkt jeder Unterhaltung. Ein Vergleich zwischen dem Zusammenstoß der Olympic mit der Hawke

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