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TITLE

Titel: TITLE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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erwachte, war es heller Tag. Ich hatte zwar unruhig, aber doch drei Stunden lang geschlafen. Ich sprang aus dem Bett und öffnete die Tür von Sir Harrys Zimmer. Dieses Zimmer war leer. Ich warf ein Negligé über, klingelte dem Diener und befragte ihn. Sein Herr hatte am Abend vorher befohlen, daß der Wagen früh dreiviertel auf Sieben angespannt sein solle. Schlag sieben Uhr hatten Sir Harrys Sekundanten ihn abgeholt und alle drei waren dann zusammen fortgefahren. Es stand nicht zu bezweifeln – Sir Harry war fort, um sich zu schlagen.
    Über zwei Stunden lang war ich eine Beute der furchtbarsten Angst und Unruhe. Gegen elf Uhr hörte ich endlich das Geräusch eines in den Hof hereinrollenden Wagens. Ich eilte an das Fenster und sah Sir Harry mit seinen Freunden aussteigen. Ich stieß einen Freudenschrei aus und eilte nach der Treppe. Sir Harry hatte sich auf Pistolen geschlagen, sein Gegner hatte eine Kugel in den Schenkel bekommen; er selbst war unversehrt geblieben. Dieses Duell machte in der eleganten Welt von London großes Aufsehen. Natürlich stellte man die Sache in dem Lichte dar, welches mir am ungünstigsten war. Man behauptete, ich hätte Sir Harry erst aufgefordert, dem Wagen, der sich von uns entfernt, nachzufahren, während ich doch im Gegenteil in der Überzeugung, daß ich abermals beleidigt werden würde, alles mögliche getan, um Sir Harry abzuhalten, unsern ersten Platz zu verlassen. Während der ganzenZeit, welche Lord Camberwells Wiederherstellung in Anspruch nahm, schickte Sir Harry jeden Tag zu ihm, und ließ sich nach seinem Befinden erkundigen.
    Der Sommer nahte heran. Sir Harry besaß ein prächtiges Landgut in Up-Park in der Grafschaft Sussex. Dorthin fühlte er mich nun und gewährte mir alle Rechte einer Frau vom Hause. Der usurpierte Titel Mylady, welchen mir Sir Harrys Freunde, die Tischgenossen seines Schlosses und die Schmarotzer seines Reichtums gaben, genügte meiner Eigenliebe, so lange wir unter uns blieben. Sobald wir aber einmal die Mauern der prachtvollen Villa im Rücken hatten, war Mylady Featherson weiter nichts als die Abenteurerin Emma Lyonna, das heißt eine »Unterhaltene«, die vielleicht ein wenig schöner war als die andern, keinesfalls aber achtbarer als diese. Die Folge hiervon war von seiten unserer in gesetzlichen Verhältnissen lebenden Nachbarn eine Kundgebung von Verachtung, welche bei jeder Gelegenheit zu Tage trat und mich im tiefsten Herzen verwundete. Allerdings, über den kleinen Hof, welchen Sir Harry mir bereitet, herrschte ich als Königin, ich war Königin der Wettrennen, der Feste und der Jagden. Während der drei oder vier Monate, welche wir in Up-Park verbrachten, lernte ich reiten und erlangte hierin einen hohen Grad von Eleganz und Sicherheit. Abends fuhr ich fort Szenen aus Dramen vorzuführen und durch plastische Attitüden die berühmtesten Frauen des Altertums nachzuahmen. Mit Hilfe der außerordentlichen Beweglichkeit meiner Züge und der prachtvollen Kostüms, die ich nach den besten Zeichnungen, welche man von jenen berühmten Persönlichkeiten auftreiben konnte, fertigen ließ, gelang es mir, eine genaue Vorstellung von denselben zu geben, und oft hatte ich nicht einmal nötig zu sagen, wer die Heldin aus der griechischen, jüdischen oder römischen Geschichte, die ich vorstellen wollte, war, denn die Zuschauer errieten es sofort von selbst.
    Es möchte schwierig sein, zu sagen, auf welche Summe sich die täglichen Ausgaben für diese königliche Villegiatur beliefen. Zwei- oder dreimal reiste Sir Harry selbst nach London, um das zur Fortführung dieses Luxus notwendige Geld zu holen. Der Intendant, welcher für die ersten Bedürfnisse gesorgt, hatte endlich geschrieben, daß, da Sir Harrys Einkünfte schon auf zwei Jahre im voraus erschöpft wären, es schwierig sein würde, eher wieder Geld aufzutreiben, als bis Sir Harry, nachdem er sein fünfundzwanzigstes Jahr zurückgelegt, die Verwaltung seines Vermögensselbst in die Hände bekäme, welches dann allerdings ein ungeheures sein würde. Gegen Ende des Monats Juli sah er sich in großer Geldverlegenheit, daß er, um nach London reisen und eines seiner gewohnten Anlehen dort aufnehmen zu können, sich wegen Bestreitung der Reisekosten an mich wendete. Seine Freunde, welche diesen unvermeidlichen Ruin schon von weitem kommen gesehen, waren einer nach dem andern verschwunden. Die beiden letzten reisten mit ihm zugleich nach London ab und versprachen mit ihm wiederzukommen. Ich

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