Tochter der Nacht
Monostatos, der seines Erfolgs so sicher war.«
Sarastro zwinkerte ihr wieder zu, und Pamina errötete. Also hatte er gesehen, wie sie Taminos Hände ergriff und ihn ver-teidigte.
»Tamino… Prinz Tamino«, verbesserte sie sich rasch, »…
ist ein ehrenhafter junger Mann. Ich… werde ihn gern erhö-
ren, wenn er um meine Hand anhält.«
»Ja, er ist wirklich edel, und er scheint auch gut und tapfer zu sein«, pflichtete Sarastro ihr bei. »Aus diesem Grund habe ich ihn rufen lassen, mein Kind, denn ich hoffte, er würde dir gefallen.«
Sarastro tätschelte ihre Hand so freundlich, daß Pamina plötzlich ausrief: »O Vater… wenn Ihr wirklich mein Vater seid… warum darf ich nicht zurück zu meiner Mutter? Ich bin nicht unglücklich hier, nachdem ich weiß, daß Monostatos mir nicht mit Eurer Billigung und Zustimmung nachstellte.
Es tut mir leid, daß ich Euch falsch beurteilte. Aber darf ich nicht nach Hause? Meine arme Mutter… sie wird vor Kummer sterben!«
Sarastro seufzte tief. Nach kurzem Schweigen erwiderte er:
»Es tut mir leid, Pamina, aber das ist unmöglich. Du kennst deine Mutter nicht so gut wie ich… Sie ist eine herzlose, grausame und herrschsüchtige Frau. Unter ihrem Einfluß würdest du ebenfalls herzlos und böse werden. Ich kann nicht erwarten, daß du das alles weißt. Ich kann dich nur bitten, mir zu vertrauen. Zum Glück hat sie ihre Kälte und Grausamkeit nicht auf dich übertragen können, aber du warst ein Kind und wußtest nichts von Gut und Böse. Nun bist du eine Frau, und ich muß dafür sorgen, daß du auf den Pfad der Wahrheit und des Lichtes geführt wirst. Deine Mutter…«
»Sie ist meine Mutter«, erklärte Pamina ruhig und würdevoll. »Ich möchte nichts Schlechtes über sie hören.«
Sarastro legte den Honigkuchen, den er sich genommen hatte, unberührt wieder zurück und erwiderte: »Ich kann es dir nicht verübeln, daß du an deine Mutter glaubst, Pamina. Ich wünschte nur, du würdest mir vertrauen, doch ich vermute, ich muß mir dein Vertrauen erst noch verdienen. Doch nun zu Monostatos und dem Prinzen.«
»Und Papageno?«
»Ihm wird nichts geschehen«, versicherte Sarastro. »Der Vogel-Mann versuchte, dir zur Flucht zu verhelfen. Aber ich mache ihn nicht dafür verantwortlich, denn er war irregelei-tet und begriff nicht, worauf er sich einließ. Ich möchte ihm ebenfalls erlauben, sich den Prüfungen zu unterziehen…
wieviel weißt du über sie, Pamina?«
»Sehr wenig.«
»Zur richtigen Zeit wirst du alles erfahren. Doch soviel will ich sagen: Erweist sich Papageno als würdig, wird er eine Frau bekommen und darf sich mit dem Segen des Tempels mit ihr vermählen. Als ich dich deiner Mutter wegnahm, ließ ich auch deine treue Dienerin Papagena hierherbringen. Die Priesterinnen, die sich der weiblichen Halblinge annehmen, haben mit ihr gesprochen und sagen, sie sei aufrichtig, gut und tugendhaft. Es gibt nur noch wenige Vogel-Halblinge, vor allem solche, die intelligent genug sind. Ich hoffte, für die gute Papagena einen würdigen Partner zu finden. Papageno erscheint mir geeignet. Du kennst ihn besser. Was hältst du von ihm?«
»Ich mag ihn, Vater, und ich bin froh, daß Papagena in Sicherheit ist.« Mit Bestürzung wurde ihr klar, daß sie unbe-wußt gefürchtet hatte, Mutter würde ihren Zorn an Papagena auslassen, weil die Vogel-Frau bei ihr gewesen war, als man sie entführte.
Doch sofort fühlte Pamina sich wieder treulos. Billigte sie etwa Sarastros Meinung über ihre Mutter? Pamina wandte den Blick ab, nahm eine Handvoll Datteln und aß sie rasch.
Ein Priester stand außer Hörweite am anderen Ende des Raums. Sarastro hob die Hand und sagte mit lauter Stimme:
»Bringt den Prinzen Tamino zu mir und auch Monostatos.«
Pamina aß die letzte Dattel, tauchte die Hände anmutig in eine Fingerschale, und augenblicklich stand ein Hunde-Halbling, der sie irgendwie an Rawa erinnerte, neben ihr und reichte Pamina ein kleines, duftendes Handtuch. Seit Jahren hatte sie kaum noch an Rawa gedacht. Mit Entsetzen wurde ihr jetzt klar, weshalb sie sich Sorgen um Papagena gemacht hatte und schämte sich plötzlich sehr, da sie sich eingestehen mußte, wie sehr sie darüber erleichtert war, daß Sarastro sich geweigert hatte, sie zu ihrer Mutter zurückzuschicken.
Pamina hatte Angst um Papagena gehabt. Aber in Wirklichkeit fürchtete sie sich vor ihrer Mutter und davor, was die Sternenkönigin zu ihr sagen würde.
Bald darauf betraten viele Priester,
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