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Tochter der Nacht

Tochter der Nacht

Titel: Tochter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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bringen? Paminas Herz jubilierte bei dem Gedanken, bald wieder im vertrauten Palast ihrer Mutter zu sein.
    Sarastro wäre bestimmt enttäuscht, wenn er wirklich ihr Vater war… Monostatos hatte immer gelogen, weshalb sollte er ausgerechnet in diesem Punkt der Wahrheit die Ehre gegeben haben? Andererseits – warum sollte er sie belogen haben? Aus reiner Bosheit und Grausamkeit, nur um sie zu ver-letzen und zu ängstigen?
    Aber im Augenblick befanden sie sich nicht in Reichweite des verhaßten Monostatos… Prinz, Sohn der Großen Schlange, oder wie immer er sich jetzt nannte. Mochte er sich nennen, wie er wollte, Pamina wünschte nur das eine: Monostatos möge ihr nie mehr unter die Augen treten… Und wenn der Priesterkönig ihn zu seinem Boten erwählte, wollte sie auch nichts mehr mit Sarastro zu tun haben – Vater hin, Vater her.
    Pamina lief jetzt auf den äußeren Rand des Gartens zu und ließ jede Vorsicht außer acht, nur um rasch den Weg zu erreichen, der sich jenseits der Hecken entlangzog. Sie wußte nicht, wo sie war, aber selbst wenn sie sich draußen, in Sarastros Reich, verirrte, war das besser, als in den prächtigen Gemächern gefangengehalten zu werden, auch wenn man sie wie einen Ehrengast behandelte. Früher oder später würden sie oder Papageno den Weg in die Freiheit und in den sicheren Palast ihrer Mutter, der Sternenkönigin, schon finden.
    Der Vogel-Mann berührte sie an der Schulter.
    »Wir können nicht einfach hier so herumlaufen«, flüsterte er,
    »Prinz Tamino muß irgendwo in der Nähe sein. Als wir her-einkamen, verloren wir uns… er hätte vernünftig sein und bei mir bleiben sollen«, fügte Papageno verdrießlich hinzu,
    »ich wäre nie so dumm gewesen, mich zu verirren.«
    »Ganz bestimmt nicht«, gab ihm Pamina ernsthaft recht. Inzwischen war es so hell geworden, daß jeder, der vorüberkam, sie sehen konnte. »Doch nun hat er sich verirrt, und wir müssen Prinz Tamino finden, ehe wir von hier fliehen. Weißt du, wie wir das am besten anstellen?«
    Als Antwort setzte Papageno seine kleinen Pfeifen an die Lippen und blies einen fröhlichen Vogelruf. In der Ferne hörten sie eine Antwort.
    »Das ist der Prinz. Kommt hier entlang«, rief Papageno aufgeregt. Eilig liefen sie auf die Stimme zu und geradewegs einem Dutzend Halblinge in die Arme, die Seile und Netze trugen, als wollten sie auf die Jagd gehen. Einer von ihnen rief: »Da sind sie! Laßt sie nicht entkommen!«
    Verzweifelt versuchte Pamina davonzulaufen, doch die Halblinge hatten bereits Papageno ergriffen, und zwei von ihnen packten auch sie.
    »Laßt mich los!« schrie Pamina. »Man wird euch dafür bestrafen!« Sie konnte nicht glauben, was ihr geschah. Im Palast ihrer Mutter – an jedem Ort, an dem alles mit rechten Dingen zuging, hätte man einem Halbling, der einen Menschen gegen dessen Willen berührte, bei lebendigem Leib die Haut abgezogen. Die rauhen Pfoten der Halblinge an ihren Armen erschreckten sie. Ihr wurde schwindlig, und Pamina glaubte in Ohnmacht zu fallen, wenn nicht ihr Stolz gewesen wäre.
    »Rührt mich nicht an! Nehmt eure Hände weg! Hilf mir, Papageno!«
    »Glaubt Ihr, er kann Euch helfen? Oh, nein, Pamina«, hörte sie die vertraut-verhaßte Stimme. »Niemand außer mir kann Euch jetzt noch helfen«, fuhr Monostatos fort, »und meine Hilfe habt Ihr zurückgewiesen. Sie handeln auf meinen Befehl. Ergreift sie!« befahl er den Halblingen, die zurückgewi-chen waren. »Fesselt sie!«
    Pamina konnte es noch immer nicht glauben, als man eine ihrer Hände packte und eine Schlinge darum legte. Monostatos ergriff die andere.
    »Komm, Pamina, meine süße Kleine, zwing mich nicht da-zu«, murmelte er und beugte sich über sie. »Du weißt doch, daß du nicht entfliehen kannst. Also finde dich damit ab.
    Nichts wird dir geschehen, wenn du einsiehst, daß du für mich bestimmt bist. Du glaubst doch nicht, ich würde zulassen, daß sie meiner zukünftigen Gemahlin etwas antun?
    Komm, gib mir einen Kuß, wir wollen uns wieder versöhnen.«
    Pamina spürte seine Lippen auf ihrem Mund und wandte sich mit der Kraft der Verzweiflung ab. Mit den Fingernägeln zerkratzte sie Monostatos’ Gesicht, und er wich unter wütenden Flüchen zurück.
    Auch Papageno wehrte sich heftig, warf den Halbling zu Boden, der versuchte, ihn festzuhalten und griff in fliegender Hast nach dem Glockenspiel, das ihm die Damen der Königin gegeben hatten. Von den Boten wußte er, daß es bei Gefahr zu benutzen sei… vielleicht

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