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Tochter der Nacht

Tochter der Nacht

Titel: Tochter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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freundlich. »Du wirfst dich auf jeden neuen jungen Mann, sei er Mensch oder Halbling.
    Ich glaube nicht, daß er für dich bestimmt ist, nicht einmal für mich, Zeshi. Mußt du immer gleich an dein Vergnügen denken? Vergiß es ein einziges Mal und widme dich der Aufgabe, die die Sternenkönigin uns zugewiesen hat.«
    »Du hältst dich wohl für etwas Besseres, Disa. Ich könnte Geschichten aus dem Tempel des Stiers erzählen…«
    »Seid still, ihr beiden«, unterbrach Kamala sie streng. »Die Sternenkönigin hat mich beauftragt, meinen Platz bei den Wachen zu verlassen und hierher in die Wildnis zu gehen, um diesen Jüngling zu beschützen. Nachdem wir das getan haben, ist es unsere Pflicht, ihr zu berichten, daß wir ihren Befehl ausgeführt haben. Ich glaube auch nicht, daß sie ihn zu ihrem eigenen Vergnügen haben möchte.«
    »Man hat uns befohlen, ihn zu schützen«, widersprach Zeshi, »und an einem solchen Ort können noch andere Gefahren lauern. Ich werde bei ihm wachen, während ihr unserer Herrin die Nachricht überbringt.«
    »Wenn er bewacht werden muß«, stellte Kamala fest, »wäre es meine Aufgabe, denn die Sternenkönigin hat mir die Pa-lastwache unterstellt. Du, Zeshi, hast andere Pflichten bei den Halblingen. Also geht und erstattet der Königin Bericht.
    Ich werde ihn beschützen…«
    »Und wer wird ihn vor dir schützen?« fragte Disa höhnisch.
    »Er ist hier in Sicherheit. Also gehen wir, um es der Sternenkönigin zu berichten. Sie hat im Augenblick genug Sorgen«, fügte sie sanfter hinzu, »müssen wir uns gerade jetzt streiten, wo sie so sehr leidet?«
    »Du hast recht«, stimmte Zeshi ihr zu, und Kamala legte die Hand an ihr Schwert.
    ∗ ∗ ∗
    »Wenn ich das Ungeheuer mit meinen Wachen in die Hände bekäme… zuerst würde ich ihm die Augen aus dem Kopf reißen und ihm dann seine Männlichkeit abschneiden. Wenn ich mit ihm fertig wäre, könnten sich die Krähen seine Reste teilen.«
    Disa nickte grimmig. »Seine Macht ist ihm zu Kopf gestiegen. Ich vermute, es tröstet unsere Mutter auch nicht gerade, dass unser Halbbruder, der Sohn unseres Vaters, zu dieser Bestie übergelaufen ist, und sich im Tempel des Priesterkönigs aufhält. Und doch könnte man glauben, die Sternenkönigin haßt Monostatos nicht einmal.«
    »Sie haßt jetzt nur einen, und das ist nicht Monostatos«, sagte Zeshi. »Vielleicht hat sie den Prinzen gerufen, damit er ihr hilft.«
    »Würde sie sich an einen Fremden aus einem fernen Land um Hilfe wenden, obwohl sie so viele Verbündete unter Halblingen und Menschen hat?« fragte Kamala.
    »Unter Umständen schon«, erwiderte Disa, »denn ein Prinz aus einem fernen Land ist niemandem zur Treue verpflichtet, wie wir es alle sind. Aber ich möchte euch daran erinnern, meine Schwestern, daß es nicht unsere Aufgabe ist, ihre Entscheidungen zu hinterfragen, sondern ihre Befehle auszuführen. Machen wir uns auf den Weg.«
    Kamala warf noch einen wehmütigen Blick auf die reglose Gestalt des jungen Prinzen, doch sie folgte widerspruchslos ihren Schwestern, die bereits die Lichtung verließen.
    Langsam kam Tamino wieder zu sich. Er hörte einen Pfiff.
    Mühsam richtete er sich auf. Sein Kopf schmerzte, er legte die Hand auf die Stirn und sah das schleimige, stinkende Blut an seiner Tunika.
    Er erinnerte sich wieder. Er hatte mit einem Drachen ge-kämpft. Suchend blickte Tamino sich um; das leblose Ungeheuer lag in einiger Entfernung. Er hatte es nicht getötet.
    ∗ ∗ ∗
    Doch er befand sich im Land der Wandlungen: Hatte sich das Untier vielleicht freundlicherweise in einen toten Drachen verwandelt, wie aus der Antilope zuerst eine Gazelle und dann ein Hörnchen geworden war? Tamino fiel auf, daß er nicht mehr dort lag, wo er zu Boden gesunken war. Jemand mußte den toten Drachen von seinem Körper gezerrt und ihn selbst unter einen Baum gelegt haben. Sein Messer lag in der Nähe; Tamino nahm es an sich und steckte es in den Gürtel.
    Dann blickte er sich suchend nach seinem Bogen und den Pfeilen um. Der Bogen lag dort, wo er ihn hatte fallen lassen, doch die Pfeile fand er nicht mehr. Immerhin befand er sich wieder in der Nähe von Menschen; vielleicht gelang es ihm, neue Pfeile zu beschaffen.
    Aber wer hatte ihn gerettet?
    Plötzlich wurde ihm bewußt, daß er nicht allein auf der Lichtung war. Das Pfeifen, das er schon einmal gehört hatte, erklang wieder, und Tamino entdeckte einen seltsam aussehenden Mann unter den Bäumen am Rand der Lichtung.
    Der Mann

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