Tod auf dem Drahtseil (Roman) (German Edition)
verschwindet. Mir macht das nämlich nichts aus, wenn ich sie loslasse.“
„Pat, komm auf der Stelle herunter“, brüllte Lamont, und seine Stimme überschlug sich vor Angst.
„Er wird sie nicht zünden“, versuchte Pat den Mann zu beruhigen. „Warum sollte er sich selbst umbringen?“
„Du verstehst nicht“, rief Cedric. „Ich habe durchaus vor mich umzubringen. Aber ich möchte dich nicht gerne mitnehmen. Doch wenn du darauf bestehst, werde ich auch das tun.“
„Tu es nicht“, bat sie ruhig, obwohl ihr das Herz bis zum Halse klopfte.
„Geh zurück“, forderte der Direktor und ließ das Seil wieder schwingen.
Und jetzt war es soweit, dass Pat sich nicht mehr halten konnte. Mit einem leisen Aufschrie fiel sie auf das Seil, und in reflexartigen Bewegungen umklammerte sie es und hing jetzt da zwischen Himmel und Erde, zwischen Tod und Leben.
„Pat, halt durch“, brüllte Keith und schaute sich und verzweifelt um. Was sollte, was konnte er tun, um die geliebte Frau vor dem Absturz zu bewahren? Wenn wenigstens das Netz noch gespannt gewesen wer, dann hätte sich Pat einfach fallen lassen können. Aber so – ließe sie sich fallen, würden ihr mit Sicherheit eine Menge Knochen gebrochen, wenn nicht Schlimmeres. Warum war denn keiner vom Zirkuspersonal hier? Und wo war die Feuerwehr, die hatten doch sicher Sprungtücher.
Angesichts dieser Hilflosigkeit hätte Keith irgendetwas tun können, gegen eine Wand schlagen, mit dem Fuß aufstampfen, sich abreagieren, aber was hätte das genutzt?
Lord Ashbury blieb bemerkenswert ruhig, obwohl doch sein einziges Kind dort hing und um sein Leben kämpfte.
Doch jetzt schien Rettung zu nahen, Colin, der Weißclown tauchte hinter dem Vorhang auf, blickte hoch zum Trapez, und ein Fluch entfuhr seinen Lippen, dann verschwand er blitzschnell.
„Pat, es tut mir leid“, sagte Cedric jetzt und schaute sie traurig an. „Aber es gibt für mich keinen Ausweg mehr. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen.“
„Ich verzeihe dir alles, sobald ich wieder festen Boden unter den Füßen habe“, presste sie zwischen den Zähnen hervor.
Pat wusste nicht, wie lange sie sich noch halten konnte. Durch die stundenlange Gefangenschaft in der Kälte war ihr Körper verzerrt, und Krämpfe durchfluteten sie. Das Seil schnitt in ihre Hände, und sie kämpfte immer dringender gegen den Wunsch an einfach loszulassen. Da sie aber sehr wohl wusste, was dann mit ihr passierte, suchte sie ihre letzten Kräfte zusammen, um sich zu halten. Warum tat sich denn da unten nichts? Kam denn niemand zu Hilfe?
„Cedric, hilf mir“, flehte sie. Vielleicht brachte das den Mann zur Vernunft.
Er schaute sie traurig an. „Tut mir leid, alles“, sagte er tonlos.
Dann schrie Pat auf, denn Cedric ließ den Sicherungsbügel der Granate los, steckte sie in den Hosenbund und sprang von der Plattform herunter.
„Nein, nicht“, gellte ihr Schrei durch die Luft.
Aber es war zu spät. Einen Augenblick später erschütterte die Explosion das Zirkuszelt, und die Druckwelle ließ Pat schaukeln. Sie spürte, wie Blut an ihren Handgelenken herunterlief, der Schmerz wurde fast übermächtig, und es wäre so leicht gewesen, einfach loszulassen und nichts mehr zu spüren. Tränen liefen ihre Wangen herunter, und sie wusste, sie würde es nicht mehr lange aushalten. Wenn nicht ganz schnell etwas geschah, dann war alles vorbei.
Pat versuchte den Blick nach unten zu richten. Ihr Vater lag am Boden, von der Wucht der Explosion zur Seite geschleudert. Die Überreste von Cedric lagen ebenfalls am Manegenrand, nur Keith stand aufrecht und schaute sie verzweifelt an.
Jetzt aber kam Leben in die Manege, Colin hatte seinen Kollegen und ein Luftkissen dabei, das die beiden häufig bei ihrer Vorstellung benutzten. Es war zwar jetzt nicht ganz voll mit Luft, doch es musste einfach genügen.
Keith atmete auf, als er die Hilfe sah. Mit vereinten Kräften schoben die drei Männer das Luftkissen unter Pat.
„Lass los“, rief Keith. „Jetzt kannst du fallen.“
Doch Pats Hände waren jetzt so verkrampft, dass sie es nicht gleich schaffte, ihre Finger vom Seil zu lösen. Sie schluchzte, während sie ihren Händen immer wieder den Befehl gab das Seil loszulassen.
„Was machst du denn noch? Spring endlich“, rief Keith.
Lord Ashbury war mittlerweile wieder aufgestanden und beobachtete die Bemühungen seiner Tochter. Dann hielt auch er die Anspannung nicht mehr aus.
„Willst du einen neuen Rekord im Seilhalten
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