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Tod Auf Der Warteliste

Tod Auf Der Warteliste

Titel: Tod Auf Der Warteliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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Lieferung des Rohmaterials, sondern bringt ihm jedes Jahr einen dicken Batzen Geld zusätzlich. Ich sehe ein, daß er keine Abstriche machen will, und wenn seine Kosten gestiegen sind, dann müssen wir uns daran beteiligen. Der Anteil am Gewinn bleibt allerdings unangetastet. Sag ihm das. Und jetzt laß uns gefälligst die anderen Dinge besprechen. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.«
    Ihr Tonfall war nur unmerklich schärfer geworden, so wie es sich gehört, wenn man ein gefälliges Entgegenkommen ausdrückt, zu dem man sich nicht verpflichtet sieht. Adalgisa verkörperte wieder einmal die gottgefällige Gnade. Damit konnte Romani leben. Der Professor allerdings bekam jeden Tag zu spüren, wer den Ton in der Klinik angab, und schluckte schwer daran. Allerdings hatte seine Frau bisher auch geduldet, daß er immer weniger arbeitete, seine Zeit vielmehr den Pferden und den Rennen widmete. Dafür aber stand der junge Schweizer Chirurg, der seit einem Jahr im Team war, bei ihr hoch im Kurs. Und für die besonders heiklen Fälle war Leo Lestizza da, ihr Cousin, der vierte Aktionär der Klinik. Er saß bisher schweigend in der Runde und ließ Adalgisa verhandeln. Er kannte ihre Vorzüge genau. Zu ihrem messerscharfen Verstand gesellte sich die Kaltblütigkeit der erfolgreichen Geschäftsfrau, deren finanzieller Ehrgeiz keine Grenzen hinnahm.
    Nachdem der Anwalt mit einer Verhandlungsbasis ausgestattet war, die Petrovacs Ehre nicht verletzte, gingen sie zu den anderen Punkten über, für die sie die Kompetenz von Romanis Kanzlei benötigten. Ein neuer Hochglanz-Prospekt sollte bald in Druck gehen und mußte auf die juristischen Aussagen überprüft werden. Der internationale Konkurrenzkampf in der Schönheits-Chirurgie tobte heftig, und es war immer damit zu rechnen, daß eifersüchtige Kollegen mit allen Mitteln versuchten, Marktanteile gutzumachen, und sei es durch Wettbewerbsklagen. Negative Schlagzeilen schreckten die Kunden ab.
    Adalgisa erläuterte die Begriffe, die Romani nicht geläufig waren. Waist-Hip-Ratio bedeutete nichts anderes als das Verhältnis von Taillen- zu Hüftumfang, das derzeit als Idealfall anzustrebende Maß betrug 0,7. Facelift und Stirnlift klangen verständlich, nur durfte niemand sich konkret vorstellen, daß ihm bei letzterem schlicht der Skalp von der Schädeldecke abgezogen und neu gespannt wurde. Der Haaransatz rutscht dabei immer weiter nach hinten. Unter Peeling verstand man eine Säurekur fürs Gesicht, und aus der Behandlung mit dem Kohlendioxinlaser gingen die Patienten mit Schmerzen, geschwollener Birne und Gesamtkopfverband, um fünf Tage darauf zu warten, daß Frischhaut nachwuchs. Der Kopf ein Schorf. Lipojet hieß ein neues Gerät zur Fettabsaugung, Botox nannte man eine amerikanische Wunderwaffe, ein ekliges Bakteriengift, das, unter die Gesichtsfalten gespritzt, die Stirn einfrieren ließ und Wunder bewirken sollte. Kollagen hatte nichts mit Kunst, sondern mit künstlich zu tun: eine leimartige Flüssigkeit, die, aus Kälberhaut destilliert, bisher als Füllstoff für alles herhielt, aber Konkurrenz bekam von neuen Materialien, die aus Hühnerknorpel, Hahnenkämmen, Milchsäure und Plexiglas gewonnen wurden. Derzeit letzter Schrei jedoch war die Eigenfettmethode, bei der ein Stück Hängebauch in Hängebusen und anderswohin verspritzt wurde oder ein Bruchteil des Bierbauchs in lasche männliche Hautlappen wanderte. Natürlich mußte all das in schöne Worte gefaßt werden, die den Kunden den Wunsch nach renovierter Ästhetik nicht verdarb und juristisch nicht angreifbar war. Außerdem mußte jede Haftung ausgeschlossen werden, für den Fall, daß der Patient nach der Operation schlechter aussah als zuvor.
    »Und welches besondere Problem plagt euch noch?« fragte Anwalt Romani, nachdem er alles verstanden hatte und auf den letzten Punkt zu sprechen kam, für dessen Klärung Adalgisa ihn gerufen hatte.
    Die drei Klinikchefs tauschten Blicke. Wieder war es Adalgisa, die redete. »Wir hatten unerwünschten Besuch.«
    »Von wem?«
    »Ein Journalist, nehme ich an. Zuerst stellte er sich als Kunde vor, via E-Mail, und ließ sich Unterlagen schicken an eine Adresse in Paris. Der erste Franzose, der anfragte. Das hätte uns schon skeptisch stimmen müssen, denn dort sitzt massive Konkurrenz. Eine Woche später meldete er sich telefonisch zu einem Gesprächstermin an und sagte, er wolle seiner Frau ein Geschenk machen: Totalrenovierung. Er brachte sogar ihre Fotos mit. Absolut

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