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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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die Dunkelheit gesprungen war, in den Abgrund des Todes, unten aufgeschlagen war und sich auf dem Pflaster die Knochen gebrochen hatte, einzig wegen der Gewissheit, dass er mit ihr ruiniert werden würde, trieb ihm die Kälte bis ins Mark.
    Und beinahe hätte sie es geschafft!
    Von einem anderen Menschen derart gehasst zu werden, das war beängstigend. Es konnte niemals wieder gutgemacht werden, denn sie war tot. Er konnte sich ihr nicht erklären und ihr nicht mehr sagen, warum er damals so gehandelt hatte.
    Sie war Arrol Dundas' Tochter! Die Wunde hatte sich für immer eingebrannt und würde niemals heilen.
    Er saß zusammengekauert da und wich dem Blick seiner Mitreisenden aus. Beim ersten Halt stieg er wie alle anderen aus. Als der Pfiff zum nächsten Abschnitt der Reise ertönte, stieg er in einen der Erste-Klasse-Waggons und ging von Abteil zu Abteil – poliertes Holz, Wärme und weiche Sitze –, aber Baltimore war nicht da.
    Am nächsten Bahnhof stieg er wieder aus und ging weiter nach vorn, und auch am übernächsten. Die Zeit wurde knapp. Er spürte einen Anflug von Panik. Schließlich fand er Baltimore im ersten Waggon. Er war wohl ebenfalls nach vorne gegangen, um mit all seinen Gästen zu sprechen. Im Augenblick unterhielt er sich mit einem stattlichen Herrn, der ein Glas Champagner in der Hand hielt.
    Monk musste seine Aufmerksamkeit auf sich lenken, möglichst so, dass es kein Aufsehen erregte. Er schob sich unauffällig weiter, bis er nah genug stand, um Baltimore am Ellenbogen zu packen, und zwar so fest, dass der ihn nicht abschütteln konnte.
    Baltimore drehte sich verdutzt zu Monk um, da dieser ihm wehtat. Er erkannte Monk nach kurzem Zögern, und seine Züge verhärteten sich.
    »Mr. Baltimore«, sagte Monk ruhig und sah ihn, ohne zu blinzeln, an. »Ich habe Nachrichten für Sie aus London, die Sie sich so schnell wie möglich anhören sollten. Ich glaube, am besten unter vier Augen.«
    Baltimore verstand, er legte keinen Wert darauf, seinen Triumph durch eine peinliche Unterredung schmälern zu lassen. »Entschuldigen Sie mich, meine Herren«, sagte er mit einem Lächeln, an dem seine Augen nicht beteiligt waren. »Es dauert nur einen kurzen Augenblick. Bitte amüsieren Sie sich. Genießen Sie unsere Gastfreundschaft.« Er drehte sich zu Monk um und flüsterte ihm etwas zu, während er ihn zur Tür hinaus-und in ein leeres Abteil schob.
    »Was, zum Teufel, machen Sie hier?«, wollte er wissen. »Ich dachte, man würde Sie gerade befragen, was mit Dundas' Geld passiert ist! Sind Sie etwa auf der Flucht?« Seine Züge verhärteten sich wieder. »Also, ich will verdammt sein, wenn ich Ihnen helfe. Mein Vater hat mir in der Nacht seines Todes verraten, wie Sie ihn aus dem Geschäft zu drängen versuchten. Wozu? Aus Rache, weil er Dundas entlarvt hat?«
    »Ich habe versucht, Hunderte von Leben zu retten … ohne Sie aus dem Geschäft zu drängen!«, presste Monk zwischen den Zähnen hervor. »Halten Sie um Gottes willen den Mund, und hören Sie mir zu. Wir haben nicht viel Zeit. Falls …«
    »Lügner!«, stieß Baltimore hervor. »Ich weiß, dass Sie meinen Vater einen Brief unterschreiben ließen, dass er niemals wieder solche Bremsen herstellen würde. Womit haben Sie ihm gedroht? Er ließ sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen … was haben Sie mit ihm gemacht?« Er riss sich aus Monks Griff los. »Also, mir jagen Sie keine Angst ein. Eher sorge ich dafür, dass Sie im Gefängnis landen.«
    »Warum, glauben Sie wohl, war Ihr Vater einverstanden?«, fragte Monk, dem es nur mit äußerster Mühe gelang, sein Temperament zu zügeln, während er in Baltimores arrogantes, wütendes Gesicht schaute und spürte, wie der Zug unter ihren Füßen schaukelte und rüttelte, als er Geschwindigkeit aufnahm und auf das lange Gefälle und den dahinter liegenden Viadukt zuraste. »Nur, weil ich ihn darum gebeten habe?«
    »Keine Ahnung«, antwortete Baltimore. »Aber ich gebe nicht klein bei!«
    »Ihr Vater hat nie jemandem einen Gefallen getan«, sagte Monk mit zusammengebissenen Zähnen. »Nach dem Unfall in Liverpool hat er den Bau der Bremsen eingestellt, weil ich, um die Gesellschaft vor dem Ruin zu retten, dafür bezahlt habe, dass die Ermittlungen menschliches Versagen ergeben – aber nur unter der Bedingung, dass er diesen Brief unterschrieb.« Er war verblüfft über die Klarheit, mit der er sich daran erinnerte, wie er in Nolan Baltimores prächtigem Büro mit Blick auf den Mersey gestanden hatte.

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