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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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um, um zu sehen, wie weit er sich zentimeterweise an dem Waggon entlangschieben musste, bis er auf die Plattform zwischen dem Waggon, dem Kohlewagen und der Lok springen konnte.
    Baltimore schrie ihm etwas hinterher.
    Bis dahin hatte Dundas begriffen, wie hoch der Preis war. Er hatte womöglich sogar schon die Gefängniskrankheit in seinen Knochen gespürt und gewusst, dass er dort sterben würde. Sicher wusste er um den Hass der Verletzten und Hinterbliebenen nach dem Unfall. Die Verantwortung dafür hätte jeden Mann zerstört, ihn für den Rest seines Lebens verfolgt. Armut war noch der geringste Preis. Vielleicht vertraute er darauf, dass seine Frau leichter als Monk einen drohenden Ruin ertrug. Womöglich hatte er sogar mit ihr darüber gesprochen.
    Vielleicht hatte sie deswegen gelächelt, als sie Monk unter Tränen von seinem Tod erzählt hatte.
    Er musste weiter. Der Zug wurde immer schneller. Wenn seine Hand abrutschte, wenn er den Halt am Türrahmen verlor, war er in Sekunden tot. Er durfte die Tür nicht zumachen. Die Landschaft verschwamm wie hinter einem regennassen Fenster.
    Er schob sich zentimeterweise vor, erst die Hände, dann die Füße. Es war nicht weit zur Spitze des Waggons, vielleicht zwei Meter, aber es waren die längsten Meter auf Erden.
    Er hatte keine Zeit zu verlieren, keine Zeit, um nachzudenken. Er schob eine Hand, so weit er es wagte, vor und streckte das Bein aus, bis er Halt fand. Dann löste er die andere Hand von der Stange und warf sich mit dem ganzen Körper nach vorne. Der Waggon schaukelte, und er glitt aus und griff zu. Er stürzte fast auf das Trittbrett hinter dem Kohlewagen, und ihm brach am ganzen Körper der Schweiß aus.
    Er drehte sich um und sah Baltimore auf der Ecke schwanken und die Hand nach ihm ausstrecken, damit er ihn herüberzog. Baltimores Knie gaben nach, als er auf die Plattform sank.
    Der Lärm war unbeschreiblich. Monk deutete auf den Kohlewagen.
    Baltimore kletterte auf die Füße und winkte.
    »Er hört uns nie im Leben!«, schrie er verzweifelt. Das Haar wehte ihm um den Kopf, in seinen Augen stand die Panik, und sein Gesicht war vom Wind gerötet und bereits mit Rußflecken verschmiert.
    Monk winkte wieder in Richtung Kohlewagen und ging darauf zu.
    »Das können Sie nicht!«, schrie Baltimore und wich gegen die Waggonwand zurück.
    »Das kann ich verdammt gut!«, brüllte Monk. »Und Sie auch! Kommen Sie schon!«
    Allein der Gedanke, an dem Wagen hinaufzuklettern und auf Händen und Füßen durch den erstickenden Rauch über die lose Kohle zu kriechen, während der Zug über die Schienen ratterte und immer schneller wurde und von einer Seite zur anderen schuckelte, versetzte Baltimore in Angst und Schrecken. Das lange Gefälle vor ihnen wurde steiler, und Monk konnte schon die Kehre dahinter ahnen, die zum Viadukt führte.
    Er drehte sich um und sah Baltimore an. »Fährt auf dieser Strecke noch ein anderer Zug?«, schrie er und fuchtelte mit den Händen in die andere Richtung, um anzuzeigen, was er meinte.
    Baltimore fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht, das jetzt aschgrau war. Er senkte leicht den Kopf. Wie ein Mann in einem Albtraum trat er vor, taumelte, richtete sich auf und legte die Hände an den Kohlewagen. Diese Antwort war mächtiger und schrecklicher als jedes gesprochene Wort.
    Monk folgte ihm und kletterte auf die raue Kohle und spürte, wie der Wind ihm entgegenschlug und der Wagen unter ihm schwankte wie ein Schiff auf hoher See.
    Der Heizer drehte sich um, die Schaufel in der Hand. Bei dem Anblick, der sich ihm bot, staunte er mit offenem Mund. Baltimore, dem das Haar nach hinten wehte, sein Gesicht eine einzige Maske des Entsetzens, kam über die Kohlen auf die Lok zugeklettert. Einen Meter hinter ihm folgte Monk.
    Der Heizer warf die Schaufel zur Seite und stürzte sich auf Baltimore. Dieser schrie ihm etwas zu, aber der Fahrtwind riss ihm die Worte von den Lippen.
    Der Heizer streckte die Hände nach ihm aus.
    Der Zug wurde immer schneller, je steiler das Gefälle wurde.
    Monk bemühte sich verzweifelt, Baltimore einzuholen. Die Kohlen kullerten unter ihm weg. Ein großer Klumpen löste sich und rollte zur Seite, und er rutschte hinterher, wobei er sich beinahe die Schulter verletzt hätte.
    Er stemmte sich hoch, ohne auf seine aufgeschürften Hände zu achten, und warf sich mit dem ganzen Gewicht nach vorne.
    Baltimore hatte den Heizer schon fast überzeugt.
    Monk schrie ihm etwas zu, aber seine Stimme wurde von dem

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