Tod eines Lehrers
geworden …Aber was hat das mit den Morden an Schirner und Teichmann zu tun?«
Brandt ließ die Frage unbeantwortet. »Welche Klasse hat sie besucht?«
»Die Zwölf, warum?«
»Und zwei ihrer Lehrer waren Schirner und Teichmann?«
»Ich gehe davon aus.«
»Heißt das, Sie wissen das nicht mehr?«
»Ich müsste nachschauen. Wie gesagt, ich kannte sie kaum.«
»Dann tun Sie das bitte.«
Drescher erhob sich und ging zu dem breiten Metallschrank, zog eine Schublade heraus und entnahm ihr eine Akte. Er blätterte darin und sagte: »Sie hatte Schirner in Ethik Leistung und Teichmann in Deutsch Leistung.«
»Und welchen Leistungskurs hat sie außerdem besucht?«, fragte Brandt, der zunehmend ungeduldiger und auch ungehaltener wurde, weil Drescher sich jede Information mühsam aus der Nase ziehen ließ.
»Englisch bei Frau Russler.«
Brandt war wenig überrascht von dieser Antwort, er hatte sogar damit gerechnet. Drei Leistungskurse, genau wie Kerstin Abele und Silvia Esslinger.
Drescher wollte die Akte wieder zurücklegen, doch Brandt sagte: »Würden Sie sie mir bitte vorläufig überlassen?«
»Natürlich, aber ich brauch sie wieder. Ich kann Ihnen auch eine Kopie ziehen lassen.«
»Sie bekommen sie zurück. Wie viele Leistungskurse belegen die Schüler eigentlich in der Regel? Sind drei nicht über der Norm?«
»Zwei sind Pflicht, aber es steht jedem frei, noch einen zu wählen. Es kommt eben ganz drauf an, was sich der Einzelne zutraut. Und über Maureen Neihuus kann ich, wenn ich das hier alles lese, nur so viel sagen, dass sie über ein ungeheures Potenzial verfügte, das sie aber anscheinend erst erkannte, nachdem sie in der Zehn einmal das Klassenziel nicht erreichte. In der Elf wurden ihre Leistungen schlagartig besser. Aber das können Sie alles selbst nachlesen. Sie hätte jedenfalls nach meinem Dafürhalten das Abi mit links geschafft.«
Brandt überflog die Akte Maureen Neihuus. Ihm gingen während des Lesens die bisherigen Befragungen der Schüler nicht aus dem Kopf. Er musste unwillkürlich an Kerstin Abele und Silvia Esslinger denken, die ebenfalls in der Zehn hängen geblieben waren und in der Zwölf exakt die gleichen Leistungskurse gewählt hatten wie Maureen. Er versuchte einen Zusammenhang herzustellen. Gab es überhaupt einen? Vielleicht war alles auch nur purer Zufall. Doch Brandt glaubte nicht an Zufälle, schon gar nicht, wenn diese in Form eines widerlichen pornographischen Videos auf seinem Schreibtisch landeten. Sein intuitives Gespür, dieser innere Drang, sich noch einmal näher mit Kerstin Abele und Silvia Esslinger zu unterhalten, hatte ihn nicht getrogen. Er wurde immer sicherer, dass die beiden ihm etwas ganz Wesentliches verschwiegen, und sollte sich sein Verdacht bestätigen, so würde der exzellente Ruf der Schule schweren Schaden davontragen.Aber er konnte sich auch täuschen. Er hatte in seiner Laufbahn schon zu oft Fälle erlebt, wo alles so eindeutig schien, er einen Täter zu haben meinte und sich am Ende alles ganz anders darstellte. Wer waren die beiden Männer in den Kutten, die aussahen, als würden sie zum Ku-Klux-Klan gehören? Waren es wirklich Schirner und Teichmann? Die Vermutung lag nahe, aber einen Beweis dafür hatte er nicht. Und hatte der Selbstmord von Maureen Neihuus überhaupt etwas mit den Morden zu tun? Und wer hatte ihm das Video zukommen lassen? Es muss ein Hinweis sein, dachte er, jemand will, dass ich die Wahrheit herausfinde. Aber welche Wahrheit? Die über Schirner und Teichmann? Waren die Ehrenmänner gar keine? Und wer würde ihm eine Antwort auf diese brennenden Fragen geben? Anja Russler oder Katharina Denzel, die beide ein Verhältnis mit Schirner hatten? Hatten sie vielleicht auch eins mit Teichmann? Aber Teichmann hatte im Gegensatz zu Schirner zu Hause eine überaus attraktive und selbstbewusste Frau, die so ganz anders gestrickt war als die putzsüchtige und frigide Helga Schirner. Und wenn Schirner und Teichmann die Männer auf dem Video waren, wer hatte dann ein Interesse, sie so bestialisch umzubringen? Eine der Schülerinnen? Oder gar eine ihrer Liebschaften? Wer gelangte überhaupt in den Besitz des Videos? Sollten Schirner und Teichmann diese Sauereien begangen haben, dann haben sie mit Sicherheit irgendwelche Bänder nicht einfach so rumliegen lassen. Noch hatte er keine Antwort auf all diese Fragen.
Er klappte die Akte zu, Drescher riss ihn aus seinen Gedanken, als er noch einmal fragte: »Glauben Sie etwa, dass der
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