Tod für Don Juan
und Unterschrift
auszufüllen.
«Donnerwetter», sagte Phil
anerkennend. «Verdammt gut organisiert, Janet.»
Ausnahmsweise fand diesmal auch
Mrs. Roscoe kein Haar in der Suppe, war aber in Gedanken bereits bei den
Fährnissen der nicht absehbaren Zukunft.
«Ich hoffe doch, daß die Leute
sich hier über den großen Unterschied zwischen Vegetarismus und
Laktovegetarismus klar sind...»
«Aber Janet! Das ist eins der
führenden Hotels des Landes...»
Ashendens Stimme unterbrach
sie.
«So, wenn wir jetzt bitte
alle... St.
John’s Suite. St. John’s... im
ersten Stock, die Haupttreppe hinauf... Tee oder Kaffee, bitte gleich... Sicher
möchten Sie sich alle frisch machen und... Wenn Sie die Karten bitte an der
Rezeption abgeben würden... geradeaus durch den Haupteingang... Dort
unterschreiben Sie dann und nehmen Ihre Schlüssel in Empfang. Der Gästeaufzug
ist rechts im Gang...»
«Los jetzt», zischelte Laura.
«Ich frage später bei Ihnen
nach, ob alles...»
Ashenden wußte aus Erfahrung,
daß in der ersten Stunde in einem neuen Hotel die entscheidenden Weichen
gestellt werden. Gelingt es, kleine Pannen gleich auszubügeln, hat man es
danach statt mit einer Schar nervöser Nörgler mit glücklichen, zufriedenen
Gästen zu tun. Zum Glück wurde Ashenden nur sehr selten mit so konkreten
Beschwerden wie Küchenschaben, Mäusen oder unappetitlichen Angewohnheiten
früherer Gäste konfrontiert. Kleinere Beanstandungen aber waren sogar in den
bestgeführten Hotels an der Tagesordnung — fehlende Seife im Badezimmer, nur
zwei Portionen Kaffeesahne am Heißwasserbereiter, mangelhafte
Gebrauchsanweisung für den Fernseher, keine Spur, noch immer keine Spur vom
Gepäck...
Eddie Stratton war es gelungen,
sich als zweiter in die Schlange an der Rezeption zu stellen. Sobald er im Besitz
des Schlüssels zu Zimmer 310 war, hatte Laura ihm, noch ehe der Papierkram
erledigt war, das gute Stück entrissen.
«Ich geh gleich rauf, Ed, und
leg mich in die Badewanne, ich halt’s nicht mehr aus...»
«Ist gut, Schätzchen, aber laß
die Tür auf, wir haben nur den einen Schlüssel. Ich trink noch einen Tee in der
St. John’s Suite.»
«Ja, schon recht.»
Und damit war sie verschwunden.
Während Laura zum Gästeaufzug
hinkte, drehte Eddie sich um und sah die hinter ihm stehende Shirley Brown an.
Sekundenlang reagierte sie nicht, dann aber, nach einem kurzen Blick auf ihren
Mann, nickte sie fast unmerklich und lächelte mit den Augen.
5
Jeder
Heilige kann Wunder tun, ein Hotel führen können nur ganz wenige. (Mark
Twain)
«Endlich», murmelte Laura
Stratton zum dritten (und letzten) Mal, als sie den Schlüssel ins Schloß
steckte und ihn korrekt — nämlich im Uhrzeigersinn — drehte.
Der Raum ging nicht direkt von
dem Hauptgang im dritten Stock ab; ein Schildchen an der als Notausgang
ausgewiesenen Pendeltür wies den Weg zu Zimmer 310. Als sie die Pendeltür
durchschritten hatte, fand sich Laura in einem nur knapp zwei Meter breiten
Gang, der parallel zum Hauptgang verlief und auf dem sie (nachdem sie sich nach
links gewandt hatte) die fünf Meter bis zu der rechts gelegenen Tür ihres
Zimmers ging. Dahinter knickte der Gang rechtwinkelig ab und endete an einem
weiteren Notausgang mit Pendeltür — der zweifellos, wie sich Laura (wiederum
korrekt) sagte, über eine Hintertreppe ins Erdgeschoß führte. Auf den Gedanken,
in diesem schmalen Raum könne ein Mensch stehen, eng an die Wand gedrückt und
von dem schmalen Gang aus, der zu ihrem Zimmer führte, völlig unsichtbar — auf
diesen Gedanken kam sie nicht.
Laura zog den Schlüssel ab und
die Tür hinter sich zu, ohne sie ganz zu schließen. Die beiden großen schwarzen
Lederkoffer waren schon angekommen, und als sie sich umschaute, stellte sie
fest, daß das Zimmer sehr erfreulich anzusehen war. Rechts von ihr stand ein
Doppelbett mit hellgrüner gesteppter Tagesdecke, dahinter ein Kleiderschrank.
Geradeaus sah sie auf drei Spitzbogenfenster, deren Vorhänge bis zum Boden
reichten, und vor diesen Fenstern standen von rechts nach links ein
Teebereiter, ein Fernseher, ein Ankleidetisch mit Spiegel und ein roter
Plüschsessel. Ihrem raschen Rundblick entging nur die sehr ordentliche
Reproduktion von Vermeers Ansicht von Delft über dem Bett. Laura und ihr
erster Mann hatten das Original im Den Haager Mauritshuis gesehen, der Führer
dort hatte darauf hingewiesen, daß es Marcel Prousts Lieblingsbild gewesen war.
Sonderbarerweise hatte das
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