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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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der
Schulter, einen flüchtigen Kuß im Nacken. Dann schlug unten die Tür zu.
Unglücklich sah sie dem schwarzen Regenschirm nach, der sich schnell entfernte.
Dann knipste sie die Nachttischlampe aus, griff sich die Champagnerflasche und
ging die Treppe hinunter.
    Sie brauchte einen Drink.
     
     
    Dr. Theodore Kemp eilte durch
den strömenden Regen zu seinem nur wenige Gehminuten entfernten Heim. Es wurde
höchste Zeit, die Beziehung zu dieser allzeit bereiten Geschiedenen, die er
soeben verlassen hatte, zu lockern oder ganz abzubrechen. Sie wurde nachgerade
zur Belastung. Dabei war ihm sehr wohl klar, daß es unter Umständen auch seine
Schuld war, wenn Sheila jetzt schon morgens einen doppelten Gin brauchte, um
ihren täglichen Pflichten nachgehen zu können. Es war einfach lästig, daß sie
ihn so ernst nahm, daß sie immer mehr von seiner Zeit forderte, daß sie bei
ihren Treffen immer leichtsinniger wurde. Um so vorsichtiger mußte er sein.
Gewiß, die lüsterne Lady würde ihm fehlen, aber seit einiger Zeit war sie ihm
an den falschen Stellen etwas zu gut gepolstert.
    Doppelkinn — Doppelgin...
    Was er suchte, war eine Art von
Liebe, die frei von lästigen Verpflichtungen war, und ein paar Monate hatte er
gedacht, ebendies bei Sheila Williams gefunden zu haben. Es hatte nicht sollen
sein... Theodore Kemp zuckte die Schultern. Schließlich gab es noch andere
Frauen auf der Welt, er dachte da an ein besonders schönes Exemplar, das mit
genüßlich zuckender Schwanzflosse im Goldfischglas herumschwamm...
    Er betrat die Wohnanlage in der
Water Eaton Road, in die er vor zwei Jahren (nach dem Unfall) mit Marion
gezogen war, schüttelte den triefenden Regenschirm aus und säuberte die
durchweichten Schuhe sorgfältig auf der Fußmatte. Hoffentlich, dachte er, habe
ich sie nicht ruiniert.

2
     
    Um
das Laster besser kurieren zu können, glauben sie, daß es nötig sei, es zu
studieren, und ein wirksames Studium ist nur durch Praxis möglich. (Samuel
Butler)
     
    Am gleichen Abend, nur viel
später — die Bar hatte bereits das Gitter heruntergelassen saß John Ashenden
allein im University Arms Hotel in Cambridge und beschäftigte sich in
Gedanken mit dem morgigen Tag. Der Wetterbericht klang entschieden
hoffnungsvoller, eine Wiederholung der ergiebigen Regenfälle, die heute ganz
Süd- und Ostengland unter Wasser gesetzt hatten (einschließlich Oxford, wie der
geneigte Leser weiß), war nicht zu erwarten.
    «Darf es noch etwas sein, ehe
wir schließen, Sir?»
    An sich war Ashenden ein Freund
gepflegter Biere, andererseits wußte er aber auch, daß zu einer freundlicheren
Weitsicht am schnellsten Whisky verhilft. Deshalb bestellte er jetzt noch einen
großen Glenfiddich und ließ den Schottentrunk auf die Rechnung der Historischen
Städtetour durch England setzen.
    Eine Wetterbesserung wäre in
jeder Beziehung zu begrüßen und würde die Stimmung seiner Amerikaner heben, die
ständig über
    — zu wenig Sonne
    — zu reichliches Essen
    — zu viel Müll
    — zu frühes Wecken
    — zu lange Fußmärsche (ja, die
besonders!) lamentierten.
    Dabei war es noch nicht mal
eine besonders lästige Gruppe (bis auf das eine schreckliche Weib natürlich).
Aus Ashendens Sicht waren sie sogar ein, zwei Punkte über dem Durchschnitt.
Siebenundzwanzig Seelen, fast alle von der Westküste, hauptsächlich aus
Kalifornien, die meisten zwischen 65 und 75, fast ausnahmslos reich, typische
BURAKs: Bridgespieler, Umweltschützer, Raucher, Alkoholkonsumenten, Krimileser.
In den ersten Tagen hatte er noch gewisse Hoffnungen gehegt, für das R Romantik
statt Rauchen setzen zu können, denn nachdem er zum Nichtraucher konvertiert
war, nervte es ihn zunehmend, wenn manche sich schon während des Essens die
nächste Zigarette anzündeten, aber das hatte nicht sollen sein.
    Wegen des Wolkenbruchs in
Cambridge hatten sie die Ausflüge nach Grantchester und zum amerikanischen
Soldatenfriedhof in Madingley streichen müssen. Die Programmänderung war —
besonders von den Damen — höchst ungnädig aufgenommen worden, und auch ihm
selbst war sie nicht gelegen gekommen. Wohl oder übel hatte er den Cicerone
spielen, mit schmerzendem Nacken auf die Pracht der frühgotischen Spitzbogen
des King’s College deuten und dann mit wehen Füßen durchs Fitzwilliams Museum
tappen müssen, um für seine Schar einige der stets beliebten präraffaelitischen
Gemälde auszugucken.
    «Ich habe gelesen, daß die
Sammlung im Ashmolean sehr viel besser sein soll,

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